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GFF – Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V.

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Equal Pay

Equal Pay and Equal Power – Mit Recht zu mehr Gleichstellung| Digitale Tagung

16. February 2021 by GFF Team

Frauen und Männer sind gleichberechtigt, und niemand darf aufgrund des Geschlechts benachteiligt werden, so steht es in Art. 3 Grundgesetz. Und dass Frauen einen Anspruch auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit haben, gibt das Europarecht schon seit 1957 vor. Dennoch verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich 19 % weniger als männliche Beschäftigte, auch in Führungspositionen sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. 80 % der größten deutschen Unternehmen haben keine Frau im Vorstand. In beiden Bereichen konnten in den letzten Monaten wichtige Zwischenerfolge erzielt werden: Die Bundesregierung beschloss im Januar einen Gesetzentwurf für ein verbindliches Mindestbeteiligungsgebot in Vorständen und das Bundesarbeitsgericht entschied im Januar, dass Arbeitgeber sich erklären müssen, wenn männliche Vergleichsgehälter höher sind. Wir wollen diese Entwicklungen diskutieren und weiterdenken:

Im Auftaktpodium diskutieren wir mit Sophie Rotino vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Prof. Dr. Heide Pfarr vom Deutschen Juristinnenbund und Daniel Gyamerah von Vielfaltentscheidet über die Quote als Instrument zur Gleichstellung in der Privatwirtschaft. Wie können verbindliche Maßnahmen wie die Quote weiterentwickelt werden, um ihre Wirksamkeit zu verbessern? Brauchen wir ambitioniertere Regelungen und einen breiteren Adressat*innenkreis? Und ist die Quote ein geeignetes Instrument, um andere strukturell benachteiligte Gruppen wie zum Beispiel Menschen mit Migrationshintergrund zu stärken? 

Anschließend geht es im zweiten Podium um Strategien für mehr Entgeltgerechtigkeit mit Prof. Dr. Nora Markard, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Dr. Torsten von Roetteken, Vors. Richter am VG Frankfurt/Main a.D., und Johanna Wenckebach vom Hugo-Sinzheimer-Institut. Wie können Frauen ihr Recht auf gleiche Bezahlung im Betrieb durchsetzen? Welchen Herausforderungen müssen sich Frauen stellen, die auf Entgeltgleichheit klagen, und wie können wir diese Hürden abbauen? 

Beide Podien finden online auf WebEx statt. Nach erfolgter Anmeldung erhalten Sie den Zugangslink per Mail. 

Alle Informationen in Kürze:

  • 6. März 2021 
  • Beginn: 14:15 
  • Ende: 18:00 
  • Einlass: 14:00 
  • Zum Flyer der Veranstaltung

Zur Anmeldung:

https://tickets.freiheitsrechte.org/GFF/equalpower/

Programm:

  • 14:15 Begrüßung: Prof. Dr. Rödl (Freie Universität Berlin) 
  • 14:30-16:00: Die Quote in der Privatwirtschaft als Gleichstellungsinstrument 

    mit
    Sophie Rotino (Referat Frauen in Führungspositionen, Gleichstellungsgesetze für den öffentlichen Dienst, BMFSJ): Vorstellung Quotengesetz und Auswirkung auf Frauenanteile in Führungsebenen, europäische Perspektive
    Prof. Dr. Heide Pfarr (Deutscher Juristinnenbund): Vorstellung des Projekts „Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft“ 
    Daniel Gyamerah (Vielfaltentscheidet): Potenzial von Quotenregelungen für weitere Gruppen
    Moderation: Maria Seitz (Freie Universität Berlin) 
  • 16:15- 17:45 Equal Pay: Wie bauen wir die verbleibenden Hürden ab?

    mit
    Prof. Dr. Nora Markard (Universität Münster und Gesellschaft für Freiheitsrechte): Chancen und Herausforderungen von Equal Pay-Klagen
    Dr. Torsten von Roetteken (Vors. Richter am VG Frankfurt/Main a.D.): Europarechtliche Vorgaben für mehr Lohngerechtigkeit – Perspektiven der Rechtsentwicklung
    Dr. Johanna Wenckebach (Hugo-Sinzheimer-Institut): Betriebliche und gewerkschaftspolitische Aspekte der Entgeltgleichstellung 
    Moderation: Sarah Lincoln (Gesellschaft für Freiheitsrechte)

Hintergrundinformationen zum Engagement der GFF:

  • FAQs zur Equal-Pay-Klage
  • Urteil des AG Berlin (Az. 56 Ca 5356/15) vom 1. Februar 2017 
  • 1. Teil und 2. Teil des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg (Az. 16 Sa 983/18) vom 5. Februar 2019
  • Tatbestandsberichtigungsbeschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 09. Juli 2019
  • Urteil des BAG vom 25. Juni 2020
  • Das Aktenzeichen der Verfassungsbeschwerde ist 1 BvR 75/20.

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Filed Under: Equal Pay, Veranstaltungen

Equal-Pay-Klage: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

16. November 2020 by Nora Markard

Die GFF unterstützt seit 2016 die Klage einer Reporterin gegen Entgeltdiskriminierung. Die preisgekrönte Journalistin verklagte 2015 das ZDF, nachdem sie herausfand, dass sie schlechter bezahlt wird als ihre männlichen Kollegen – und zwar auch bei vergleichbarem Status als fest-freie Mitarbeiter*in, vergleichbarer Art der Arbeit und Qualifikation sowie teils sogar längerer Erfahrung. Die Materialien und Auskünfte, die der Klägerin zur Verfügung stehen, zeigen ein eindeutiges Bild der Entgeltdiskriminierung. Ihr Arbeitgeber gab im Prozess widersprüchliche Begründungen für die unterschiedliche Bezahlung und setzte die Klägerin unter Druck.

Dennoch wurde die Klage im Dezember 2016 vom Arbeitsgericht Berlin in der ersten Instanz abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision in den Kernfragen nicht zugelassen. Dagegen hat die Klägerin nach erfolgloser Nichtzulassungsbeschwerde Verfassungsbeschwerde eingereicht. Denn die Gerichte haben mit diesen Entscheidungen zwingend anzuwendende europarechtliche Vorgaben missachtet.

Einen Riesenerfolg hat die Klägerin jedoch bereits erzielt. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht gegen den Ausschluss von arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten von den Auskunftsansprüchen nach dem Entgelttransparenzgesetz war erfolgreich. Das Bundesarbeitsgericht hat mit Entscheidung vom 25. Juni 2020 klargestellt, dass auch fest-freie Redakteur*innen einen Anspruch auf Auskünfte nach dem Entgelttransparenzgesetz haben. Der Begriff der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sei unionsrechtskonform weit auszulegen. Es komme nur darauf an, dass „eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält”. Das Rechtsverhältnis sei “ohne Bedeutung” (BAG, Urteil vom 25.Juni 2020, 8 AZR 145/19, Rn. 72).

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Systematische Benachteiligung von Frauen

Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung waren der Frontal21-Redakteurin ausschließlich männliche Redaktions-Kollegen in vergleichbarer Tätigkeit bekannt, die mehr verdienten als sie. Darunter auch alle Männer, die wie die Klägerin als fest-freie Mitarbeiter im sogenannten „Tarifvertrag 2. Kreis“ beschäftigt sind – sogar, wenn sie weniger Berufserfahrung hatten als sie. Auch weitere Faktoren wie Betriebszugehörigkeit, Ausbildung oder Leistung konnten diese Unterschiede nicht erklären.

Entgegen den Äußerungen von Vorgesetzten gegenüber der Klägerin, dass sich die Gehälter nach festen Kriterien richten würden und daher nicht verhandelbar seien, folgte die Einordnung in die Tarifstrukturen in der Praxis mitnichten festen und transparenten Kriterien. Vielmehr waren die Vergütungen der freien und fest-freien Mitarbeiter*innen in hohem Maße frei verhandelbar. Bei Frontal21 schnitten Männer dabei besser ab als die Klägerin und andere Frauen. Auch Gleichstellungsberichte des ZDF sowie der Umgang insbesondere des ehemaligen Frontal21-Redaktionsleiters mit weiblichen Redaktionsmitgliedern (dieser erklärte bspw. wiederholt auf Weihnachtsfeiern, dass Frauen im politischen Journalismus nicht zu suchen hätten) weisen auf eine allgemeine Benachteiligungskultur hin, die sich offenbar auch auf die Bezahlung von Frauen ausgewirkt hat.

Der Fall der ZDF-Reporterin ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes verdienen Frauen für die gleiche Tätigkeit bei gleichem Umfang und gleicher Qualifikation durchschnittlich 6 % weniger als ihre männlichen Kollegen. In diesem Ergebnis sind Teilzeitarbeit, die Überrepräsentation von Frauen in niedriger bezahlten Branchen und ähnliche Faktoren bereits herausgerechnet – insgesamt verdienen Frauen in Deutschland sogar durchschnittlich 21 % weniger als Männer.

Eindeutige Rechtslage – fehlende Umsetzung

Frauen haben das Recht, für die gleiche Tätigkeit genauso viel Geld wie ihre männlichen Kollegen zu erhalten. Hierbei handelt es sich um ein Grund- und Menschenrecht, das nicht nur im Völker- und Europarecht umfassend verbrieft ist (insbesondere in Artikel 157 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union AEUV), sondern sich auch aus Artikel 3 Abs. 2 und 3 des Grundgesetzes ableitet und durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) garantiert ist. Mit einer Vergütungspraxis, die Frauen benachteiligt, verstößt das ZDF als Anstalt des öffentlichen Rechts gegen das Verbot der Entgeltdiskriminierung.

Bislang missachten deutsche Gerichte die zwingend anwendbaren europäischen Vorgaben. Beispielsweise reicht es nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bereits, wenn die Klägerin darlegt, dass ein Mann bei vergleichbarer Tätigkeit mehr verdient. Dann ist der Arbeitgeber in der Pflicht, hierfür Gründe vorzulegen. Eine solche Beweislastumkehr erleichtert es Frauen, Klagen auf „Equal Pay“ durchzuführen.  

Die Gerichte in anderen europäischen Ländern setzen diese EuGH-Vorgaben um und ermöglichen damit erfolgreiche Equal Pay-Klagen. Zum Beispiel verklagte die Journalistin Samira Ahmed Anfang 2020 erfolgreich die BBC. Sie hatte über Jahre viel weniger verdient als ein vergleichbarer Mann. Vor Gericht musste die BBC beweisen, aus welchen Gründen sie die Journalistin schlechter bezahlte. Dies gelang der BBC nicht. Der Oberste Gerichtshof in Österreich urteilte bereits 1998, dass bei der Prüfung, ob der geringere Lohn einer Frau bei vergleichbarer Tätigkeit als geschlechtsspezifisch anzusehen sei, von der Frau kein weiterer Kausalzusammenhang mehr belegt werden müsse. In Deutschland hingegen muss eine Klägerin darlegen, dass sie weniger verdient, weil sie eine Frau ist. Das ist sehr viel schwieriger.

Betroffene fürchten Druck von Arbeitgeber und Kollegen

Viele Frauen können oder wollen nicht klagen, da sie keine Auskunft über die Gehälter ihrer männlichen Kollegen erhalten oder Repressionen von Seiten des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin oder von den Kollegen befürchten müssen. Dies erlebte auch die Klägerin.

Die Klägerin wird zum 1. Juli 2020 auf Wunsch des ZDF nach 13 Jahren aus der Berliner Frontal21-Redaktion in eine Mainzer Abteilung versetzt. Ihre Position bei Frontal21 wurde mit einem männlichen Redakteur besetzt.

Schon nach Einreichen der Klage wurde sie von verschiedenen Stellen im Haus unter Druck gesetzt. Unter anderem wies das ZDF sie darauf hin, dass langjährige Arbeitsrechtstreitigkeiten häufig zu wechselseitigen Belastungen des Beschäftigungsverhältnisses führen können. Wenig später sprach die Redaktionsleiterin von „Krieg“ in der Redaktion, sollten die Tätigkeitsvergleiche aus den Schriftsätzen öffentlich werden. Der Anwalt des ZDF legte der Klägerin in der ersten Verhandlung 2016 nahe, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Maßregelungen dieser Art verbietet das AGG.

Klägerin fordert angemessene Bezahlung

Die Klage hat zwei rechtliche Ziele: Zunächst will die Klägerin Auskunft über die Vergütungen ihrer männlichen Kollegen erhalten, anschließend fordert sie auf Grundlage dieser Zahlen das ihr zustehende Honorar für die Vergangenheit ein. Dieses Vorgehen in Form einer „Stufenklage“ ist notwendig, obwohl die Klägerin bereits weiß, dass etliche Kollegen besser verdienen als sie. Denn eine sogenannte Leistungsklage auf korrekte Bezahlung und Schadensersatz für die vergangene, zu niedrige Bezahlung ist nur zulässig, wenn sie genau beziffert ist.

Zusätzlich hatte die Klägerin auch nach dem Entgelttransparenzgesetz vom ZDF Auskunft über den Median der Gehälter der vergleichbaren Kollegen verlangt. Dieser Auskunftsanspruch konnte erstmals 2018 geltend gemacht werden. Die Auskunft wurde ihr vom ZDF jedoch verweigert – nach Ansicht der Klägerin zu Unrecht.

Gerichte ignorieren Umkehr der Beweislast

Die Klage wurde zunächst in der ersten Instanz abgewiesen. Das Arbeitsgericht Berlin hat dabei die tatsächlichen Gegebenheiten des Falles im großen Maße verkannt oder missachtet. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg wies die Klage mit Urteil vom 5. Februar 2019 die Klage ab. Zwar nahm das LAG zu Gunsten der Klägerin an, dass ihre männlichen Kollegen eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit ausübten und dass sie sich auch mit Kollegen aus anderen Tarifverträgen vergleichen könne. Darüber hinaus hätte die Klägerin nach Ansicht des Gerichts auch nachweisen müssen, dass die Entgeltunterschiede auf ihrem Geschlecht beruhen. Damit verkennt das Gericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach sich die Beweislast bereits umkehrt, wenn mindestens ein Mann bei vergleichbarer Tätigkeit mehr verdient – es ist dann am Arbeitgeber, sich vom Verdacht der Diskriminierung zu entlasten. Der EuGH trägt mit dieser Beweislastumkehr der Tatsache Rechnung, dass es für die betroffene Arbeitnehmerin kaum jemals möglich sein wird, ihrem Arbeitgeber nachzuweisen, dass die Lohnunterschiede am Geschlecht liegen.

Das ZDF brachte vor Gericht mehrfach neue, zum Teil widersprüchliche Erklärungen für die schlechtere Bezahlung der Klägerin vor: Mal sollten Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit oder ein Studienabschluss in Journalismus die höheren Vergütungen rechtfertigen, mal hieß es, die Honorare wären weitgehend frei verhandelbar gewesen. Ein solches Nachschieben von Gründen bestärkt den Verdacht, dass man sich beim ZDF selbst nicht klar ist, nach welchen Kriterien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vergütet werden, und damit ein Einfallstor für Diskriminierungen schaffte.

Entgeltgleichheit auch vor Gericht verwirklichen

Die GFF setzt sich für die Grund- und Menschenrechte ein, ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Diskriminierungsschutz. Die Lohngerechtigkeit ist ein wichtiges Feld, in dem Gleichheit nach wie vor nicht ausreichend umgesetzt ist. Damit das Recht auf Lohngleichheit nicht nur auf dem Papier steht, unterstützt die GFF dieses Verfahren. Die Klägerin ist anwaltlich vertreten, die GFF berät und unterstützt sie bei der strategischen Prozessführung.   

Die Klägerin hat gegen einen Teil des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt Revision eingelegt. Das Bundesarbeitsgericht stellte in einem Grundsatzurteil klar, dass auch arbeitnehmerähnlich Beschäftigte Auskünfte über männliche Vergleichsgehälter nach dem Entgelttransparenzgesetz verlangen können. Und nebenbei kritisiert das Bundesarbeitsgericht die jahrelangen Versäumnisse der Bundesregierung bei der Umsetzung der europäischen Vorgaben zur Entgeltgleichheit. Das Verfahren geht nun zurück ans Landesarbeitsgericht, wo die sechs männlichen Vergleichskollegen für den Auskunftsanspruch überprüft werden. Dass die Klägerin dazu bereits rechtlich einwandfrei vorgetragen hat, hat das Bundesarbeitsgericht bereits festgestellt. In Bezug auf die Stufenklage auf Auskunft und gleiche Vergütung hat das LAG Berlin-Brandenburg die Revision nicht zugelassen. Die Beschwerde dagegen hat das Bundesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Daraufhin hat die Klägerin beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde eingereicht. Darin rügt sie den Entzug des gesetzlichen Richters, weil das LAG Berlin-Brandenburg die Beweislastfrage nicht dem EuGH vorgelegt hat, sondern stattdessen von gefestigter Rechtsprechung des EuGH abgewichen ist. Die Klägerin rügt zudem eine Verletzung ihrer Unionsgrundrechte aus Art. 23 der Charta der Grundrechte der EU und Art. 157 AEUV.

Hintergrundinformationen

  • FAQs zur Equal-Pay-Klage
  • Urteil des AG Berlin (Az. 56 Ca 5356/15) vom 1. Februar 2017 
  • 1. Teil und 2. Teil des Urteils des LAG Berlin-Brandenburg (Az. 16 Sa 983/18) vom 5. Februar 2019
  • Tatbestandsberichtigungsbeschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 09. Juli 2019
  • Urteil des BAG vom 25. Juni 2020
  • Das Aktenzeichen der Verfassungsbeschwerde ist 1 BvR 75/20.

Pressemitteilungen

  • Erfolgreiche Revision zum Entgelttransparenzgesetz (25. Juni 2020)
  • Zur Einlegung der Revision (24. Mai 2019)
  • Zum Berufungsurteil (5. Februar 2019)
  • Zum Vertagung des Urteils der mündlichen Verhandlung (18. Dezember 2018)
  • Zur mündlichen Verhandlung (13. Dezember 2018)
  • Zum Güterichterverfahren (7. November 2017)
  • Zur Berufung (4. Mai 2017)
  • Zur Unterstützung der Klage durch die GFF (16. März 2017)

Hier finden Sie den Pressespiegel.

Ansprechpartnerin für Presseanfragen:

Nina Tesenfitz
Tel. 0170 5763663
presse-equalpay@freiheitsrechte.org

 

Helfen Sie der GFF, Grund- und Freiheitsrechte wirksam durchzusetzen und unterstützen Sie unser Engagement mit Ihrer Spende!

Foto: © European Union 2015 – European Parliament auf Flickr

Filed Under: Equal Pay, Fälle

Pressemitteilung: Revision zum Bundesarbeitsgericht erfolgreich – ZDF muss auch arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten Auskünfte nach dem Entgelttransparenzgesetz gewähren – Klägerin wird von Berlin nach Mainz zwangsversetzt

25. June 2020 by Nora Markard

Berlin, 25. Juni 2020 – Nachdem das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im vergangenen Jahr die Klage einer ZDF-Redakteurin auf Gleichbezahlung abgewiesen und die Revision nur in Teilen zugelassen hatte, entschied das Bundesarbeitsgericht heute, dass auch fest-freie Redakteur*innen einen Anspruch auf Auskünfte nach dem Entgelttransparenzgesetz haben. Der Beschäftigtenbegriff sei im Lichte des Europarechts weit auszulegen.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte begleitet die Klage seit 2016 und begrüßt es, dass das Bundesarbeitsgericht dem Europarecht zur Durchsetzung verhilft.

„Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass sich das ZDF nicht einfach der Lohntransparenz entziehen kann, indem es tausende arbeitnehmerähnliche freie Mitarbeiter*innen beschäftigt“, sagt Prof. Dr. Nora Markard, Vorstandsmitglied bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). „Das Europarecht kennt die Unterscheidung zwischen Arbeitnehmer*innen und Arbeitnehmerähnlichen nicht“.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Verfahren an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.

Mit dieser Entscheidung ist die Klägerin ihrem Ziel – gleicher Lohn wie die männlichen Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit – jedoch noch nicht nähergekommen. Selbst wenn der herausgegebene Median der männlichen Vergleichsgehälter höher ist, bleibt dies für das ZDF erst einmal ohne Konsequenzen. Das Entgelttransparenzgesetz sieht keinerlei Sanktionen für Arbeitgeber vor. Auch deutschen Gerichten reicht ein höherer Median bislang nicht als Indiz für Diskriminierung.

Dieser Fall bestätigt außerdem: Frauen, die für ihr Grundrecht auf gleiche Bezahlung kämpfen, zahlen am Ende einen hohen persönlichen Preis. Nach 13 Jahren soll die preisgekrönte Klägerin die Berliner Frontal21-Redaktion verlassen. Sie wird ab Juli der Mainzer Abteilung Info, Gesellschaft und Leben zugeordnet. Ihre Position bei Frontal21 wurde mit einem männlichen Redakteur besetzt.

„Man kann es nicht anders deuten: Das ZDF quittiert den langjährigen Rechtsstreit mit einer Zwangsversetzung – da kann das Haus noch so viele formale Gründe vorschieben. Das ist Schikane“, sagt Markard. Bereits nach Einreichen der Klage setzte das ZDF die Journalistin unter Druck. So wies der Sender sie darauf hin, dass langjährige Arbeitsrechtstreitigkeiten häufig zu wechselseitigen Belastungen des Beschäftigungsverhältnisses führen können. Der Anwalt des ZDF legte der Klägerin in der ersten Verhandlung 2016 nahe, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Maßregelungen dieser Art sind verboten.

Zum Hintergrund:

Die ZDF-Redakteurin verklagte 2015 das ZDF, nachdem sie herausfand, dass sie schlechter bezahlt wird als ihre männlichen Kollegen – darunter auch alle Männer, die wie die preisgekrönte Redakteurin als fest-freie Mitarbeiter im sogenannten „Tarifvertrag 2. Kreis“ beschäftigt sind. Faktoren wie Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit oder Ausbildung können diese Unterschiede nicht erklären.

Das ZDF hat nicht bestritten, dass bei Klageeinreichung nahezu alle männlichen Frontal21-Redakteure mehr verdienten als die Klägerin. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hielt die Gehaltsunterschiede jedoch für unerheblich, solange die Klägerin nicht darlegen könne, dass die Ungleichbehandlung an ihrem Geschlecht liege. Gegen die Abweisung ihrer Klage auf gleiche Bezahlung hat die Klägerin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt.

Denn nach dem Europarecht gilt die sogenannte Beweislastumkehr: Gibt es Gehaltsunterschiede, muss der Arbeitgeber darlegen, welche sachlichen Gründe dafür bestehen. Andernfalls kann unterstellt werden, dass die Ungleichbehandlung geschlechtsbedingt erfolgte.

Weitere Informationen zum Fall finden Sie unter: https://freiheitsrechte.org/equalpay/

Fragen und Antworten zur Equal Pay-Klage finden Sie unter: https://freiheitsrechte.org/equalpayfaqs/

Bei An- und Rückfragen wenden Sie sich an:

Nina Tesenfitz, presse-equalpay@freiheitsrechte.org, 0170 5763 663

Nora Markard, nora.markard@freiheitsrechte.org

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um die Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger*innen mit exzellenten Jurist*innen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Der gemeinnützige Verein mit Sitz in Berlin wurde 2015 gegründet und finanziert sich maßgeblich durch Fördermitglieder und Spenden von Einzelpersonen.

Mehr Informationen finden sich unter https://freiheitsrechte.org/.

Filed Under: Aktuell, Equal Pay, Pressemitteilungen

Equal-Pay-Klage: FAQs

4. February 2020 by Luisa Podsadny

Die GFF unterstützt eine Klage auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Hier finden Sie Hintergrundinformationen zur Klage. (Zu den wichtigsten Informationen in Kürze)

  • Wer klagt gegen wen?
  • Warum klagt die Journalistin gegen das ZDF?
  • Warum hat die Klägerin sich nicht mit dem ZDF geeinigt? Will sie unbedingt klagen?
  • Warum klagt die Klägerin erst jetzt?
  • Was will die Klägerin mit der Klage erreichen?
  • Warum klagt die Klägerin auf Auskunft über die Gehälter der männlichen Kollegen?
  • Hat die Klägerin einen solchen Auskunftsanspruch?
  • Auf welche rechtlichen Grundlagen stützt sich die Klägerin, um die gleiche Bezahlung einzuklagen?
  • Mit wem vergleicht sich die Klägerin in der Klage? Nur mit Festangestellten?
  • Wird die Klägerin bei ihrer Vergütung schlechter gestellt als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie die gleiche Tätigkeit ausübt? 
  • Verfügen alle besser bezahlten männlichen Mitarbeiter über mehr Berufserfahrung oder eine längere Betriebszugehörigkeit als die Klägerin, als sie Klage einreichte?
  • Kann sich die Klägerin als fest-freie Mitarbeiterin mit festangestellten Mitarbeitern vergleichen und deren Gehalt einfordern?
  • Hat die Klägerin einfach schlechter verhandelt als ihre männlichen Kollegen und bekommt deswegen weniger Gehalt?
  • Ist die Klägerin vielleicht einfach weniger gut oder weniger erfolgreich als ihre männlichen Kollegen und verdient deswegen weniger Geld?
  • Welche Beschäftigtenkategorien gibt es beim ZDF, und in welcher Kategorie arbeitet die Klägerin? 
  • Inwiefern wird die Klägerin anders bezahlt als ihre Kollegen im Zweiten Kreis?
  • Wie hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden?
  • Was ist zur Begründung des Arbeitsgerichts Berlin zu sagen?
  • Was ist im Berufungsverfahren passiert?
  • Was ist im Revisionsverfahren passiert? Wie geht das Verfahren weiter?

Wer klagt gegen wen?

Die Klägerin ist Redakteurin beim investigativen Politikmagazin „Frontal 21“ und klagt gegen das ZDF. Der Sender beschäftigt sie in Vollzeit als fest-freie arbeitnehmerähnliche Mitarbeiterin auf einem festen monatlichen Honorar, das sich nach einem Tarifvertrag richtet. 

Sie arbeitete bereits seit März 2007, also nunmehr seit 13 Jahren, als Redakteurin für die Sendung, anfangs als Online-Redakteurin, seit April 2008 als TV-Redakteurin. Zuvor hatte sie bereits zehn Jahre Erfahrung als Journalistin gesammelt, hauptsächlich im Fernsehen. Sie verfügt damit über mehr als zwanzig Jahre Berufserfahrung seit Abschluss ihres Studiums. Zum 1. Juli 2020 muss sie auf Wunsch des ZDF die Redaktion “Frontal21” verlassen und wird nach Mainz zwangsversetzt.

Die Klägerin wurde mit mehreren Journalisten-Stipendien ausgezeichnet (u.a. vom Wissenschaftszentrum Berlin und der Robert Bosch-Stiftung) sowie, mit Kollegen von “Frontal21”, mit dem Deutschen Wirtschaftsfilmpreis (2015), dem Friedrich-Vogel-Preis für Wirtschaftsjournalismus (2018) und dem Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe (2019). Zuletzt war sie Fellow am Thomas Mann House in Los Angeles (2020).

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Warum klagt die Journalistin gegen das ZDF?

Die Journalistin klagt gegen das ZDF, da sie für die gleiche Tätigkeit schlechter bezahlt wird als männliche Kollegen. Der Vergleich mit verschiedenen männlichen Kollegen weist darauf hin, dass sie zum Zeitpunkt der Klageeinreichung auch dann schlechter bezahlt wurde, wenn sie über eine vergleichbare Qualifikation verfügte, mindestens genauso viele Jahre oder sogar mehr Berufserfahrung aufweisen konnte und ähnlich lang, wenn nicht sogar länger für das ZDF gearbeitet hatte (Betriebszugehörigkeit) bzw. zum Teil sogar im selben Tarifvertrag beschäftigt war wie vergleichbare männliche Kollegen mit höherer Vergütung und vergleichbarer Berufserfahrung und Qualifikation

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Warum hat die Klägerin sich nicht mit dem ZDF geeinigt? Will sie unbedingt klagen?

Nein. Die Klägerin versuchte über die Jahre mehrfach, eine Honorarerhöhung einvernehmlich mit dem ZDF zu erzielen, jedoch ohne Erfolg. Damals hatte sie zwar einen Verdacht, aber noch keine Kenntnis von der Diskriminierung. Doch auch später sah das ZDF keinen Grund, sich zu einigen. Deswegen sah sich die Klägerin gezwungen, den Klageweg zu beschreiten. Die Klägerin ist auch nach wie vor an einer außergerichtlichen Lösung mit dem ZDF interessiert. 

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Warum klagt die Klägerin erst jetzt?

Obwohl sie bereits seit 2007 für das ZDF arbeitet, erfuhr die Klägerin erst Ende 2014, dass sie auch schlechter bezahlt wurde als männliche Kollegen mit weniger Betriebszugehörigkeit und Berufserfahrung. 

Das ZDF hatte ihr aber in den Jahren zuvor erklärt, für die Vergütung der Mitarbeiter gälten feste Kriterien. Höhere Vergütungen vergleichbarer männlicher Kollegen ließen sich mit deren längerer Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit erklären. Die Klägerin ging zunächst von der Richtigkeit dieser Angaben aus. Als sie jedoch herausfand, dass männliche Kollegen auch dann mehr verdienten, wenn sie – bei mindestens vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation – über weniger Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit verfügten, reichte sie eine Beschwerde beim ZDF-Personalleiter ein. Ihr Anwalt informierte auch den Intendanten des ZDF. Da beide Maßnahmen nicht zur Gleichstellung mit ihren vergleichbaren männlichen Kollegen führten, erhob sie schließlich im April 2015 Klage beim Arbeitsgericht Berlin.

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Was will die Klägerin mit der Klage erreichen?

Die Klägerin begehrt vom ZDF zunächst Auskunft darüber, was ihre männlichen Kollegen verdienen; auf dieser Basis möchte sie dann rückwirkend und für die Zukunft so bezahlt werden wie ein männlicher Kollege, der eine gleiche Tätigkeit ausübt und über vergleichbare Qualifikationen verfügt. Welcher der richtige Kollege ist, muss ein Gericht entscheiden. In den ersten beiden Instanzen hat die Klägerin zusätzlich Entschädigung für die Diskriminierung sowie die Feststellung beantragt, dass sie keine arbeitnehmerähnliche Freie, sondern eine Angestellte ist. Diese Anträge werden aus prozesstaktischen Gründen aktuell nicht mehr weiterverfolgt. 

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Warum klagt die Klägerin auf Auskunft über die Gehälter der männlichen Kollegen?

Bisher weiß die Klägerin zwar von einzelnen männlichen Kollegen mit vergleichbarem Profil, dass sie mehr verdienen als sie, aber sie kann nicht auf ausreichende Unterlagen zurückgreifen, um deren Vergütungen konkret zu beziffern. Darauf ist die Klägerin aber angewiesen. Sie möchte daher vom ZDF offiziell Auskunft über die Gehälter und Honorare ihrer vergleichbaren männlichen Kollegen erhalten, damit sie genauer bestimmen kann, welche Vergütung ihr ohne Lohndiskriminierung zusteht und in der Vergangenheit zugestanden hätte. Denn eine sogenannte Leistungsklage auf korrekte Bezahlung und Schadensersatz ist nur zulässig, wenn sie genau beziffert ist.

In der Rechtsprechung ist ein solches Vorgehen im Wege der sogenannten Stufenklage entsprechend § 254 ZPO anerkannt. Sie ist zulässig, wenn ein Anspruch durchgesetzt werden soll, der vorab eine Information erfordert – hier die Auskunft über die Vergütungen der männlichen Kollegen. Auf der ersten Stufe fordert die Klägerin also Auskunft bezüglich der Vergütungen ihrer männlichen Kollegen. Auf der späteren zweiten Stufe wird sie dann die ihr zustehende Vergütung basierend auf der Auskunft fordern, die sie auf der ersten Stufe erhalten hat.

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Hat die Klägerin einen solchen Auskunftsanspruch?

Ja, ein solcher Auskunftsanspruch ist in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt; Grundlage ist eine Nebenpflicht aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis nach § 242 BGB. Es muss hierfür lediglich möglich erscheinen, dass die Klägerin einen Zahlungsanspruch hat, um die Diskriminierung auszugleichen. Mit anderen Worten: Die Klägerin muss nicht bereits beweisen, dass sie aufgrund ihres Geschlechtes weniger Honorar erhält und deswegen einen Anspruch auf Zahlung von mehr Honorar hat. Es reicht aus, dass es nach der Sachlage als möglich erscheint, dass der Klägerin ein solcher Anspruch zusteht.

Zusätzlich hat die Klägerin einen Auskunftsanspruch nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Dies hat das Bundesarbeitsgericht am 25. Juni 2020 entschieden und damit der Revision der Klägerin stattgegeben. Auch arbeitnehmerähnliche Beschäftigte können sich auf das EntgTranspG berufen. Der Beschäftigtenbegriff in diesem Gesetz ist weit auszulegen, weil dieses Gesetz zwingendes Europarecht umsetzt und das europarechtliche Diskriminierungsverbot für Arbeitnehmerähnliche sonst nicht zur Geltung kommt. Das BAG hob hervor, dass das AGG einen solchen Anspruch bisher nicht enthält.

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Auf welche rechtlichen Grundlagen stützt sich die Klägerin, um die gleiche Bezahlung einzuklagen?

Die Klägerin stützt sich maßgeblich auf Art. 157 Abs. 1 AEUV. Sie kann sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs direkt auf Art. 157 Abs. 1 AEUV berufen, da diese Vorschrift auch für innerstaatliche Sachverhalte unmittelbar anwendbar ist und entgegenstehenden nationalen Regelungen vorgeht.

Nach dieser Vorschrift ist es ausreichend, dass die Klägerin nachweisen kann, dass ihre Arbeit gleich oder gleichwertig ist mit der Arbeit mindestens einer besser bezahlten männlichen Vergleichsperson. Dabei ist eine unterschiedliche Bezeichnung oder tarifliche Einordnung unerheblich, wenn die Jobs in der Sache gleich sind. Wenn die Klägerin diesen Beweis erbringen kann, dann muss das ZDF belegen, dass die unterschiedliche Bezahlung auf sachlichen Gründen beruht, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben.

Zusätzlich hat die Klägerin zahlreiche Indizien vorgebracht, die dafür sprechen, dass ihre im Vergleich zu etlichen männlichen Kollegen zu niedrige Vergütung nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf Diskriminierung beruht. Das AGG sieht in § 22 vor, dass dann der Arbeitgeber die Beweislast dafür trägt, dass keine Diskriminierung stattgefunden hat. Mit anderen Worten: Die Klägerin muss also auch nach deutschem Recht nicht beweisen, dass Diskriminierung stattgefunden hat – sondern dafür nur Indizien vortragen. Das hat sie getan.

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Mit wem vergleicht sich die Klägerin in der Klage? Nur mit Festangestellten?

Nein. Die Klägerin vergleicht sich nicht nur mit männlichen festangestellten Mitarbeitern. Diese Darstellung beruht auf einer Pressemitteilung des Arbeitsgericht Berlin, die mittlerweile geändert wurde. Die Klägerin vergleicht sich sowohl mit festangestellten als auch mit sogenannten fest-freien Kollegen, die die gleiche Tätigkeit ausüben wie sie, bei vergleichbarer Qualifikation. Darunter sind auch fest-freie Mitarbeiter, die im selben Tarifvertrag beschäftigt sind wie sie, dem sogenannten Zweiten Kreis. Außerdem konnte die Klägerin eine Gehaltsdiskriminierung im Vergleich mit mindestens einem männlichen Kollegen im sogenannten Dritten Kreis nachweisen, in dem ebenfalls arbeitnehmerähnliche fest-freie Mitarbeiter beschäftigt sind. Das LAG Berlin-Brandenburg hat bestätigt, dass sich die Klägerin auch mit festangestellten Kollegen sowie aus dem Dritten Kreis vergleichen kann. Der Einfachheit halber beschränkt sich die Klägerin im weiteren Verfahren auf einen Vergleich mit Kollegen im Zweiten Kreis. 

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Wird die Klägerin bei ihrer Vergütung schlechter gestellt als ihre männlichen Kollegen, obwohl sie die gleiche Tätigkeit ausübt? 

Ja. Die Materialien und Auskünfte, die der Klägerin zur Verfügung stehen, zeigen ein Bild der Entgeltdiskriminierung im Vergleich zu männlichen Kollegen.

Die Gleichheit bzw. Gleichwertigkeit der Tätigkeit der Klägerin mit der der Vergleichspersonen lässt sich anhand objektiver Kriterien nachweisen; z.B. nach der Art der Tätigkeit, der Art der produzierten TV-Beiträge, der Rezeption dieser in der Presse, oder dem Rechercheaufwand für die Themen. Die von der Klägerin beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens würde das zusätzlich belegen.

Einzelheiten zu den in der Klage aufgezeigten Tätigkeits-Vergleichen, die der Gesetzgeber für Entgeltdiskriminierungsklagen zwingend vorsieht, sollen hier nicht veröffentlicht werden – zum Schutz von Redaktionsinterna.

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Verfügen alle besser bezahlten männlichen Mitarbeiter über mehr Berufserfahrung oder eine längere Betriebszugehörigkeit als die Klägerin, als sie Klage einreichte?

Nein. Dies konnte die Klägerin in ihrer Klage auch nachweisen.

Bei den fest-freien Vergleichspersonen aus dem Dritten Kreis fehlt es bereits an der längeren oder gleich langen Betriebszugehörigkeit.

Auch die Berufserfahrung – die bei der Klägerin mehr als 20 Jahre beträgt – kann die höhere Bezahlung dieser männlichen Kollegen nicht rechtfertigen. Das gilt auch für mehrere besser verdienende fest-freie Kollegen im Zweiten Kreis, in dem auch die Klägerin beschäftigt ist. Denn diese haben eine gleichwertige oder gar kürzere Berufserfahrung.

Zwar verfügen die Vergleichspersonen im Zweiten Kreis über eine längere Betriebszugehörigkeit – wenn auch in einem Fall nur ein halbes Jahr. Doch diese kann nicht ursächlich für die höheren Vergütungen sein. Denn die Länge der Betriebszugehörigkeit im Zweiten Kreis korreliert nicht mit der Höhe der Vergütungen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Vergütungen zumindest der fest-freien Mitarbeiter in der Redaktion Frontal21 in hohem Maße frei verhandelbar waren und dass Männer dabei besser abschnitten als die Klägerin und andere Frauen.

Einer solchen Vergütungspraxis aber, die Frauen benachteiligt, hätte das ZDF als Anstalt des öffentlichen Rechts entgegenwirken müssen.

Konkretere Angaben zu den Vergleichspersonen und deren Vergütungen, Berufserfahrung und Betriebszugehörigkeit sollen hier nicht veröffentlicht werden, zum Schutz von Redaktionsinterna und der Privatsphäre der Kollegen der Klägerin.

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Kann sich die Klägerin als fest-freie Mitarbeiterin mit festangestellten Mitarbeitern vergleichen und deren Gehalt einfordern?

Die Klägerin darf sich hinsichtlich der Vergütung sowohl mit männlichen festangestellten Mitarbeitern als auch mit fest-freien Mitarbeitern aus dem Zweiten und Dritten Kreis vergleichen.

Nach dem geltenden Europarecht kommt es bei der Entgeltgleichheit nicht auf die formelle Einstufung der Betätigung an, sondern auf die tatsächlich erbrachte Arbeit. Auch die Zuordnung zu verschiedenen Tarifverträgen steht der Vergleichbarkeit zweier Tätigkeiten nicht entgegen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) 1993 in der Rechtssache Enderby klargestellt.

Für den Fall der Klägerin bedeutet das, dass die (formale) Einstufung als „festangestellt“ oder „fest-frei“ bei dieser Beurteilung keine Rolle spielen darf und keine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen kann. 

Das ZDF kann also die unterschiedliche Bezahlung im Vergleich zu Festangestellten nicht damit rechtfertigen, dass die Klägerin nur eine fest-freie Mitarbeiterin sei. Dies würde gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG verstoßen sowie gegen die europarechtlichen Vorgaben aus Art. 157 AEUV.

Um den Sachverhalt zu vereinfachen, beschränkt sich die Klägerin vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) und dem Bundesverfassungsgericht auf einen Vergleich mit Kollegen im Zweiten Kreis. Auch dort gibt es etliche Kollegen, die für die gleiche Tätigkeit mehr verdienen als sie. 

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Hat die Klägerin einfach schlechter verhandelt als ihre männlichen Kollegen und bekommt deswegen weniger Gehalt?

Nein. Das ZDF hat sich ihr gegenüber immer auf feste Kriterien für die Vergütung von Mitarbeitern berufen, so zum Beispiel Berufserfahrung oder Betriebszugehörigkeit, und die Gehälter als nicht frei verhandelbar dargestellt. So ging die Klägerin lange Zeit davon aus, dass tatsächlich feste Kriterien entscheidend waren. Zudem gelten im ZDF für die Vergütung fester und fest-freier Mitarbeiter eigentlich Tarifverträge. Aufgrund der Information, dass Honorare vorgegeben seien, hat die Klägerin bei Aufnahme ihrer Tätigkeit beim ZDF sogar Gehaltseinbußen im Vergleich zu ihrer vorherigen Tätigkeit hingenommen. Zwar erhielt die Klägerin Anfang 2010 eine schon lange versprochene Honoraranhebung. Diese reichte aber nicht aus, um die Vergütungsdifferenzen mit vergleichbaren männlichen Kollegen auszugleichen.

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Ist die Klägerin vielleicht einfach weniger gut oder weniger erfolgreich als ihre männlichen Kollegen und verdient deswegen weniger Geld?

Nein. Für die Vergütung im Tarifvertrag Zweiter Kreis, der für die Klägerin gilt, sind berufliche Erfolge nachrangig. Die Vergütung richtet sich nach der Funktion der Mitarbeiter sowie der Höhe der Vergütung vor der Einführung des Tarifvertrags im Jahr 2010. Vor 2010 hätten sich die Honorare der Klägerin nach dem Vergütungstarifvertrag richten müssen, der eine Bezahlung für redaktionelle Leistungen nach Art und Umfang der Tätigkeit, Berufserfahrung und besonderer Eignung vorsah.

Ungeachtet dessen bestehen aber keine Zweifel, dass die Klägerin ausgesprochen erfolgreich ist: Sie wurde mehrfach mit renommierten Stipendien sowie mehreren Journalistenpreisen ausgezeichnet und verfügt über ein hervorragendes Zwischenzeugnis.

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Welche Beschäftigtenkategorien gibt es beim ZDF, und in welcher Kategorie arbeitet die Klägerin? 

Die Klägerin ist eine sogenannte “fest-freie” Mitarbeiterin beim ZDF. Sie ist unbefristet beschäftigt, arbeitet 40 Stunden in der Woche, hat ihr Büro im Sender, und ihr monatliches Festhonorar wird über Lohnsteuerkarte abgerechnet. Dennoch gilt sie auf Grund ihrer Vertragsform lediglich als arbeitnehmerähnliche Beschäftigte.

Das ZDF beschäftigt auch Festangestellte; diese gelten als reguläre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Seine nicht festangestellten, freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ordnet das ZDF seit 2010 in drei Kreise ein: Zum Ersten Kreis gehören frei-freie Mitarbeiter, die zum Beispiel sehr hohe Honorare haben oder nur gelegentlich für das ZDF arbeiten. Den Zweiten Kreis bilden fest-freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zu einem Stichtag in der Vergangenheit in einem bestimmten Umfang für das ZDF tätig waren. Diese wurden in den neu gegründeten Tarifvertrag Zweiter Kreis überführt und sind seitdem unbefristet beschäftigte Arbeitnehmerähnliche. Schließlich gibt es noch einen Dritten Kreis, in dem die „fest-freien“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, die erst nach 2010 beim ZDF anfingen oder die in den Jahren zuvor nicht in dem Umfang beim ZDF beschäftigt waren, der für die Aufnahme in den Zweiten Kreis erforderlich war. Sie haben befristete Verträge und sind in der Regel auch arbeitnehmerähnliche Beschäftigte.

Die Klägerin, die bereits seit 2007 beim ZDF arbeitet, gehört zum Zweiten Kreis und wird nach dem entsprechenden Tarifvertrag bezahlt.

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Inwiefern wird die Klägerin anders bezahlt als ihre Kollegen im Zweiten Kreis?

Im Zweiten Kreis gibt es verschiedene Honorarbänder, innerhalb derer die Honorare der Mitarbeiter im Laufe der Zeit jeweils stufenweise ansteigen. Die Eingliederung erfolgt nach der Funktion, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausüben.

Als der Tarifvertrag 2010 eingeführt wurde, wurde die Klägerin als einzige Frau der Frontal 21-Beitragsmacher im Zweiten Kreis – also der Redakteure, die hauptsächlich für die Sendung Beiträge produzierten und die deshalb eine vergleichbare Tätigkeit ausübten – in das Honorarband III eingestuft. Ihre acht männlichen Beitragsmacher-Kollegen kamen alle in das besser bezahlte Honorarband IV – obwohl sie nachweislich die gleiche Funktion ausübten wie die Klägerin.

Auf Protest der Klägerin hin stufte das ZDF sie rückwirkend zwar ebenfalls in das Honorarband IV ein. Trotzdem wurde und wird die Klägerin aber langfristig schlechter bezahlt als die männlichen Frontal21-Beitragsmacher im Zweiten Kreis. Denn sie wurde innerhalb des Honorarbands IV in eine niedrigere Vergütungsstufe eingeordnet als ihre männlichen Kollegen. Ausschlaggebend für die Einstufung war die Höhe der Vergütung vor Einführung des Tarifvertrags – und die Klägerin wurde bereits vor 2010 schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen, obwohl nicht alle über eine längere Berufserfahrung verfügten und einer lediglich ein halbes Jahr länger beim ZDF beschäftigt war. Eine Anpassung hat bis heute nicht stattgefunden.

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Wie hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden?

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Klage im Dezember 2017 abgewiesen. Das Urteil ist (in anonymisierter Fassung) hierzu finden. Das Gericht hat die Klage zwar für grundsätzlich zulässig, aber für unbegründet erklärt.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Auskunft des Gehaltes ihrer männlichen Kollegen, da die Vermutung nicht naheliege, dass sie aufgrund ihres Geschlechts bei der Bezahlung diskriminiert werde.

Die Klägerin könne sich laut Arbeitsgericht Berlin als fest-freie Mitarbeiterin nicht mit Mitarbeitern vergleichen, die festangestellt oder fest-frei in einem anderen Tarifvertrag beim ZDF arbeiten. Für diese, so das Gericht, gälten andere Tarifverträge, daher seien sie nicht vergleichbar. Da die Tarifverträge nicht nach dem Geschlecht unterschieden, sei eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen.

Die männlichen Kollegen, die ebenfalls wie die Klägerin fest-freie Mitarbeiter im sogenannten Tarifvertrag 2. Kreis sind und höhere Honorare als sie erhalten, seien schon länger beim ZDF beschäftigt als die Klägerin. Eine dieser Vergleichspersonen im 2. Kreis sei zwar nur ein halbes Jahr länger als die Klägerin bei der Beklagten beschäftigt gewesen, doch dessen höheres Honorar würde durch einen Hochschulabschluss in Journalistik gerechtfertigt. Außerdem übe er eine höherwertige Tätigkeit aus.

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Was ist zur Begründung des Arbeitsgerichts Berlin zu sagen?

Die Begründung des Arbeitsgericht Berlin überzeugt nicht.

Zum einen hat das Gericht die tatsächlichen Gegebenheiten des Falles im großen Maße verkannt oder missachtet. Aus diesen Gründen hat die Klägerin einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt. Diesem wurde inzwischen vom Arbeitsgericht Berlin teilweise stattgegeben. Die GFF hat eine konsolidierte Fassung des Urteils erstellt, die Sie hierfinden.

Das Arbeitsgericht verkennt die tatsächliche Lage, wenn es davon ausgeht, die höhere Bezahlung der fest-freien männlichen Kollegen sei in ihrer längeren Betriebszugehörigkeit begründet; offensichtlich ist dies bei den Vergleichspersonen aus dem Dritten Kreis, die ihre Tätigkeit für das ZDF erst Jahre nach der Klägerin aufnahmen. Für diese gilt derselbe Tarifvertrag wie für die Klägerin und andere fest-freie Mitarbeiter im Tarifvertrag Zweiter Kreis vor Übergang in denselben. (Mehr zur Tarifstruktur des ZDF)

Auch die höheren Honorare fest-freier Mitarbeiter im Zweiten Kreis können nicht hinreichend mit deren höherer Betriebszugehörigkeit gerechtfertigt werden. Denn wäre die Betriebszugehörigkeit maßgeblich, müssten die Honorare mit zunehmender Betriebszugehörigkeit korrelieren. Dies ist aber nicht der Fall. Auch ist nicht ersichtlich, warum ein Hochschulabschluss in Journalistik – der überdies strittig ist – das höhere Honorar einer der Vergleichspersonen, deren Betriebszugehörigkeit lediglich ein halbes Jahr länger ist als die der Klägerin, rechtfertigen soll. Eine höherwertige Tätigkeit übernahm der Kollege erst nach Klageeinreichung.

Zum anderen ist die rechtliche Argumentation des Gerichtes an vielen Stellen falsch. Das Argument etwa, die Klägerin könne sich mit Festangestellten oder Mitarbeitern im Dritten Kreis nicht vergleichen, da für diese Gruppen unterschiedliche Tarifverträge gelten, ist mit deutschem und europäischen Recht nicht vereinbar. Maßgeblich ist vielmehr nur, ob die tatsächliche Arbeit vergleichbar ist.

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Was ist im Berufungsverfahren passiert?

Die Klägerin hat Berufung eingelegt, da sich bisher keine einvernehmliche Lösung mit dem ZDF finden ließ und sie davon überzeugt ist, dass die Entscheidung des Arbeitsgericht Berlin aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen falsch ist. Das Berufungsverfahren war zeitweise mit Einverständnis beider Seiten ausgesetzt, während ein vertrauliches Güterichterverfahren stattfand (mehr dazu in dieser Pressemitteilung). Da dieses ergebnislos blieb, hat das Landesarbeitsgericht das Berufungsverfahren weitergeführt und am 5. Februar 2019 sein Urteil verkündet.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (zur Pressemitteilung; zum Urteil: Teil 1– Teil 2). Zwar nahm es zu Gunsten der Klägerin an, dass ihre männlichen Kollegen eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit ausübten und dass sie sich auch mit Kollegen aus anderen Tarifverträgen vergleichen könne. Es fehle aber, so das Gericht, am Nachweis der Diskriminierung durch die Klägerin. Damit verkennt das Gericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach sich die Beweislast bereits umkehrt, wenn mindestens ein Mann mehr verdient – es ist dann am Arbeitgeber, sich vom Verdacht der Diskriminierung zu entlasten. Das LAG Berlin-Brandenburg ist jedoch noch nicht einmal in die Beweisaufnahme eingetreten.

Da die Klägerin nicht als Festangestellte zu behandeln sei und das Entgelttransparenzgesetz keine arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten erfasse, könne sie sich auch darauf nicht berufen, so das Gericht. Aus europarechtlicher Sicht überzeugt diese enge Auslegung des Begriffs der “Arbeitnehmerin” nicht.

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Was ist im Revisionsverfahren passiert? Wie geht das Verfahren weiter?

Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ist das Verfahren in zwei Teile aufgespalten, die unterschiedlichen Senaten zugewiesen wurden:

Der 8. Senat des BAG hat am 25. Juni 2020 entschieden, dass die Klägerin sich als fest-freie Mitarbeiterin auch auf die Auskunftsansprüche im Entgelttransparenzgesetz berufen kann. Daher hat es der Revision der Klägerin stattgegeben und die Sache ans Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen. Grund ist, dass das europarechtliche Diskriminierungsverbot sonst für Arbeitnehmerähnliche nicht ausreichend umgesetzt ist. Daher ist der Beschäftigtenbegriff im EntgTranspG weit auszulegen. Das BAG bestätigt damit, dass das Recht auf Entgeltgleichheit einen Auskunftsanspruch voraussetzt – sonst ist es nicht effektiv durchsetzbar. (Zur Pressemitteilung)

In Bezug auf die Diskriminierungsklage hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg die Revision nicht zugelassen. Die Klägerin hat dagegen beim 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts Beschwerde eingelegt, die der BAG-Senat jedoch zurückgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das LAG Berlin-Brandenburg und Bundesarbeitsgericht hätten nicht eigenmächtig von der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Beweislast abweichen dürfen. Spätestens das BAG hätte das Verfahren aussetzen und dem EuGH vorlegen müssen. Zusätzlich beruft sich die Klägerin vor dem Bundesverfassungsgericht auch auf die Verletzung ihrer Unionsgrundrechte aus Art. 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) und Art. 157 AEUV. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen Recht auf Vergessen I und II die Möglichkeit einer direkten Prüfung von Unionsgrundrechten eröffnet, wenn ein unionsweit einheitlicher Schutz gewollt ist oder die nationalen Grundrechte hinter dem unionsrechtlichen Schutzniveau zurückbleiben. So liegt es hier: Der europäische Grundrechtsschutz ist im spezifischen Bereich der Entgeltgleichheit im Vergleich zum nationalen Schutzniveau deutlich stärker ausgeformt und schutzintensiver.

Bei Zweifeln über die Auslegung des Unionsrechts kann das Bundesverfassungsgericht das Verfahren aussetzen und dem EuGH die strittigen Rechtsfragen vorlegen.

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Filed Under: Equal Pay

Equal pay for equal work

17. July 2019 by Luisa Podsadny

GFF supports a pay discrimination complaint. An award-winning journalist sued German national public TV broadcaster ZDF in 2015 after finding out she had been paid less than her male colleagues for many years, despite doing the same work, having comparable qualifications, and even being more experienced than several of her colleagues. Many indications, among them company documents, paint a clear picture of gender pay discrimination. ZDF put the plaintiff under pressure and stated contradictory reasons for the lower wage during the trial.

Nevertheless, the Berlin Labor Court dismissed the claim in December 2016. The next instance, the Regional Labor Court of Berlin-Brandenburg, dismissed the plaintiff’s appeal. Both courts ignored mandatory European law requirements on equal pay. A hearing before the Federal Labor Court will take place on June 25, 2020.

Freedom needs many friends – support GFF!

Systematic discrimination of women

When she filed her complaint, the journalist knew of several male colleagues in comparable positions in her team, the program Frontal21, who earned more than she did. This includes all her male colleagues  who work as permanent full-time freelancers, like the plaintiff herself – even those less experienced than her. Other possible reasons such as length of service, training or performance could not explain the wage differences either.

Contrary to statements made by superiors, compensation was not based on fixed and transparent criteria. Rather, the renumeration of permanent freelancers  was to a large extent freely negotiable. At Frontal21, this resulted in higher wages for male journalists. The discriminatory wage structures are embedded in a general culture of discrimination highlighted by ZDF’s internal Equality Reports and by the way the former Frontal21 editor-in-chief dealt with female staff members. For example, he repeatedly stated at office Christmas parties that women had no place in political journalism. 

The ZDF journalist´s case is not an isolated incident. According to the German Federal Statistical Office, women earn on average 6% less than their male colleagues for the same job, with the same scope and qualifications. These findings already exclude factors such as part-time work, the over-representation of women in lower-paid sectors and similar factors. Overall, women in Germany earn on average 21% less than men.

EU law not implemented

Women are entitled to equal pay for equal and substantially similar work. This fundamental and human right is comprehensively enshrined in international and European law, in particular in Article 157 of the Treaty on the Functioning of the European Union TFEU. It also derives from Article 3 (2) and (3) of the German Basic Law and is guaranteed by the German General Equal Treatment Act (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG). By paying female staff less than their male colleagues, ZDF as a public law institution violates their right to equal pay. 

Unfortunately, German courts so far have ignored European standards concerning equal pay. European regulations. According to the established case law of the Court of Justice of the European Union (CJEU), it is sufficient for the plaintiff to show that one male colleague earns more for equal or comparable work. The employer then has to justify this. The reversal of the burden of proof makes it easier for women to claim equal pay.  

Courts in other European countries implement these CJEU requirements and thus enable successful equal pay lawsuits. The journalist Samira Ahmed, for instance, successfully sued the BBC in early 2020. For years she had earned much less than a comparable man. In court, the BBC had to prove why it paid the journalist less. The BBC did not succeed. The Supreme Court in Austria already ruled in 1998 that it is up to the employer to prove that a wage difference is not gender-specific. Women do not have to show a causal link. In Germany, on the contrary, a plaintiff must demonstrate that she earns less because she is female. That is much more difficult.

Pressure from employers and colleagues

Most women don’t complain about discriminatory wages, either because they do not know their male colleagues’ salaries or because they fear repression from their employer or colleagues. This was also experienced by the plaintiff.

After filing the complaint, she was put under pressure from various ZDF departments. For example, ZDF pointed out to her that long-standing labor law disputes can often lead to mutual burdens on the employment relationship. Shortly afterwards, the Frontal21 editor-in-chief spoke of “war” in the editorial office if the legal documents comparing the employees’ work were to become public. In the first hearing in 2016, the ZDF lawyer advised the plaintiff to terminate the employment relationship. German law prohibits such adverse action against a plaintiff.  

Plaintiff demands adequate remuneration 

The lawsuit has two legal objectives: Firstly, the plaintiff wants to know her male colleagues´salaries. Then, based on these figures, she wants to be paid equally. This procedure is necessary although the plaintiff already knows that several colleagues earn better than she does. However, a claim in Germany for correct payment and compensation for past underpayment must be precisely quantified.

In addition, the plaintiff demands information under the Pay Transparency Act which took effect in 2018. It entitles employees to information on the median of comparable colleagues´salaries. However, ZDF refused to provide the information.

Courts ignore reversal of the burden of proof

The claim was initially dismissed at first instance. In doing so, the Berlin Labor Court largely misjudged or disregarded the actual facts of the case. The Berlin-Brandenburg Regional Labor Court dismissed the action in its judgment of February 5, 2019. The Regional Labor Court assumed in the plaintiff’s favor that her male colleagues performed the same or comparable work. However, the court held that the plaintiff should also have demonstrated that the differences in pay were based on her gender. In doing so, the court ignores CJEU case law. CJEU regularly reverses the burden of proof if at least one man earns more for comparable work. Then, it is up to the employer to exonerate himself from the suspicion of discrimination. With this burden of proof reversal  the CJEU takes into account that it will hardly ever be possible for the female employee concerned to prove that she is being paid less due to gender.

ZDF repeatedly presented new and in part contradictory explanations for the plaintiff´s lower pay before the courts: At times, professional experience, seniority or a degree in journalism were supposed to justify men´s higher remuneration, then wages were said to have been negotiable to a large extent. These varying explanations indicate that ZDF is unsure about its own renumeration criteria, thus creating a gateway for discrimination. 

The struggle for equal pay continues

The plaintiff has filed an appeal against part of the ruling of the Berlin-Brandenburg Regional Labor Court before the Federal Labor Court in Erfurt. Since the Regional Labor Court had to decide on new legal issues regarding the Pay Transparency Act, it allowed the appeal regarding these aspects. In particular, the appeal concerns the question whether permanent freelancers are also covered by the Pay Transparency Act and can claim wage transparency. The proceedings constitute a precedent for the new Pay Transparency Act, which could remedy one of its many shortcomings. 

With regard to the plaintiff´s equal pay claim, the Regional Labor Court did not allow the appeal. The complaint against this was rejected by the Federal Labor Court. The plaintiff has now filed a constitutional complaint with the Federal Constitutional Court. The plaintiff argues that the courts deviated from established case law of the CJEU without prior submitting the relevant questions to the CJEU. The complaint is also based on a violation of fundamental rights under Article 23 of the Charter of Fundamental Rights of the EU and Article 157 TFEU.

Strategic litigation against discrimination

GFF defends constitutional and human rights. One focus is on the protection against discrimination. Wage justice is an important field in which equality is still not sufficiently implemented. To ensure that the right to equal pay is not just written on paper, GFF supports this case. The plaintiff is represented by a lawyer, GFF advises and supports her in strategic litigation.   

Background information

  • Decision of the Berlin Labor Court (in German) of February 1, 2017 (file number 56 Ca 5356/15)
  • Part 1 and Part 2 (in German) of the decision by the Regional Labor Court of Berlin-Brandenburg of February 5, 2019 (file number 16 Sa 983/18)
  • Correction of facts resolution (in German) by the Regional Labor Court of Berlin-Brandenburg of July 9, 2019.
  • The file numbers of the proceedings before the Federal Labor Court are 8 AZR 145/19 (revision according to the Pay Transparency Act) and 9 AZN 504/19 (non-admission complaint).
  • The file number of the complaint before the Federal Constitutional Court is AR 5979/19.

Press

Contact person for press enquiries:

Nina Tesenfitz
Phone 0170 5763663
presse-equalpay@freiheitsrechte.org

Freedom and justice need many friends – become a sustaining member of the GFF!

Photo Credit: © European Union 2015 – European Parliament on Flickr

Filed Under: Cases, Equal Pay

Pressemitteilung: Equal Pay-Klage gegen das ZDF – Revision und Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingereicht

24. May 2019 by Nora Markard

Berlin, 24. Mai 2019 – Die Frontal21-Journalistin, die das ZDF wegen Entgeltdiskriminierung verklagt hat, hat Revision beim Bundesarbeitsbericht in Erfurt gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Az. 16 Sa 983/18) eingelegt. Außerdem hat sie Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, da das Landesarbeitsgericht die Revision nur bezüglich des neuen Entgelttransparenzgesetzes zugelassen hatte. Weiterhin hat sie beim LAG Berlin-Brandenburg die Berichtigung des Tatbestands im Urteil beantragt, da hier nicht alle Fakten korrekt wiedergegeben sind und in der Revision nur noch Rechtsgründe geprüft werden.

Das LAG Berlin-Brandenburg hatte die Klage der Journalistin am 5. Februar 2019 abgewiesen und das Urteil bei der Verkündung bereits mündlich begründet (siehe Pressemitteilung der GFF vom selben Tag). Nun liegen die ausführlichen Urteilsgründe (Teil 1 und Teil 2) vor .

Die Klägerin hatte vorgetragen, dass etliche männliche Kollegen in der Frontal21-Redaktion mehr verdienten als sie, darunter alle, die im selben Tarifvertrag und in derselben Funktion beschäftigt sind. Um ihre Klage auf gleiche Bezahlung beziffern zu können, hatte sie daher offizielle Auskunft über die Gehälter dieser Kollegen begehrt. Bereits diesen Auskunftsanspruch lehnte das LAG Berlin-Brandenburg ab. Zwar nahm es zu Gunsten der Klägerin an, dass ihre männlichen Kollegen eine gleiche oder vergleichbare Tätigkeit ausübten und dass sie sich auch mit Kollegen aus anderen Tarifverträgen vergleichen könne. Es fehle aber, so das Gericht, am Nachweis der Diskriminierung.

„Das Gericht verkennt damit die Anforderungen der europäischen Rechtsprechung zur Entgeltgleichheit. Verdienen die Männer mehr, kehrt sich die Beweislast um: Der Arbeitgeber muss dann zeigen, dass hier keine Diskriminierung vorliegt“, so GFF-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Nora Markard. GFF-Mitglied und Rechtsanwältin Chris Ambrosi kommentiert: „Dem Europäischen Gerichtshof genügt bereits ein Mann, der mehr verdient – hier sollen noch nicht einmal zwölf Männer reichen, um auch nur in die Beweisaufnahme einzutreten. Rechtlich ist dieses Urteil nicht nachvollziehbar.“

Die Klägerin wird in der Revisionsinstanz von der Hamburger Kanzlei Dr. Bertelsmann und Gäbert vertreten. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt und berät die Klägerin bereits seit 2017 auf ihrem juristischen Weg und steht auch weiter an ihrer Seite. In letzter Instanz könnte der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht landen. Ebenso ist eine Vorlage von Rechtsfragen an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) möglich.

Weitere Informationen zum Fall finden Sie unter freiheitsrechte.org/equalpay.

Für Rückfragen steht Ihnen Nina Tesenfitz zur Verfügung.
E-Mail: presse-equalpay@freiheitsrechte.org
Telefon: +49 170-5763663

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um die Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger und Klägerinnen mit exzellenten Juristen und Juristinnen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Verfassungsbeschwerden gegen den massenhaften Einsatz von Staatstrojanern und das Bayerische Polizeiaufgabengesetz.

Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V., Hessische Straße 10, D-10115 Berlin

Vertreten durch den Vorstand: Dr. Ulf Buermeyer, Dr. Boris Burghardt, Prof. Dr. Nora Markard.
Secretary General: Malte Spitz
Rechtliche Hinweise: https://freiheitsrechte.org/impressum/

Filed Under: Equal Pay, Pressemitteilungen

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