• Skip to primary navigation
  • Skip to content
  • Skip to primary sidebar

GFF – Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V.

Wir verhelfen dem Recht zu seinem Recht

  • Home
  • Aktuelles
  • Unterstützen
  • Fälle
  • Strategie
  • Über die GFF
    • Finanzen und Transparenz
    • Fragen & Antworten (FAQ)
    • Team
    • Mitglieder
    • Netzwerk
    • Veranstaltungen
    • Publikationen
    • Preise und Ehrungen
    • Anlaufstelle für nach § 219a StGB Verfolgte
  • Presse
  • English
    • About GFF
    • Support GFF
    • Mission
    • Strategy
    • Cases
    • Team
    • Network
    • Press
    • Transparency
    • FAQ
  • Jobs
  • Spenden
    • Geldauflagen für den Schutz von Grund- und Menschenrechten

Gleichberechtigung im Fischertagsverein

Schluss mit Geschlechtsdiskriminierung in Vereinen – bitte helfen Sie!

5. March 2021 by GFF Team

Geschlechtsdiskriminierung ist heute noch in vielen Vereinen in Deutschland gang und gäbe. Frauen und Menschen anderer Geschlechter dürfen oft kein Mitglied werden oder sind von zentralen Vereinsaktivitäten ausgeschlossen. Als Vorwand müssen häufig  „Tradition“ oder „Brauchtum“ herhalten.

Nun könnte man einfach darauf setzen, dass sich diese Art von Vereinsmeierei irgendwann einmal von selber erledigt. Das ist aber eher unwahrscheinlich. Denn es geht nicht nur um Traditionspflege oder das gemeinsame Bier, sondern um Netzwerke. Und damit um Macht und Einfluss. Beim Stammtisch oder bei der Jagd oder am Rande des Trainings werden Geschäfte gemacht, Verbündete gesucht für die Vorbereitung einer Entscheidung im Gemeinderat oder Kontakte gepflegt.  Das Vereinsmitglied ist oft auch Kommunalabgeordneter, Stadtrat oder Landrat, Inhaber eines örtlichen Unternehmens oder der Redaktionsleiter der örtlichen Zeitung – diese Netzwerke und Kontakte sorgen dafür, dass vieles möglich wird. Frauen sollen davon ausgeschlossen werden.

Helfen Sie mit einer Spende, damit Frauen in Deutschland auch in Vereinen gleiche Rechte haben und alte Zöpfe endlich abgeschnitten werden

In Memmingen hat eine Frau dagegen geklagt, dass sie bei dem Höhepunkt des Vereinslebens, dem traditionellen Ausfischen des Stadtbachs in Memmingen, nur am Rande mitmachen darf, als Hilfskraft. Ihr geht es vor allem darum, dass alte Rollenbilder aufgebrochen werden und sich Mädchen nicht daran gewöhnen, immer nur am Rande zu stehen.

In der ersten Instanz bekam sie Recht. Aber wer geglaubt hatte, dass jetzt der Verein endlich alte Zöpfe abschneidet, hat sich geirrt. Der Vereinsvorstand – 8 Männer und eine Frau – ging in Berufung, sammelt Geld für das Verfahren und macht Stimmung gegen die Klägerin.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt die Klägerin in diesem Verfahren – damit die Diskriminierung von Frauen in Vereinen nicht nur in Memmingen ein Ende hat, sondern überall in Deutschland.

Die Klage und alle Schritte drum herum kosten viel Geld.

Bitte helfen Sie mit Ihrer Spende, damit die Diskriminierung von Frauen und nicht-binären Menschen in Vereinen endlich ein Ende hat.

Hintergründe zum Verfahren finden Sie hier.

Die Angabe Ihrer Postanschrift ist nur erforderlich, wenn Sie eine Zuwendungsbescheinigung für die Steuererklärung wünschen. Spenden bis 300 Euro können Sie auch ohne Zuwendungsbescheinigung steuerlich geltend machen, indem Sie eine Kopie des Kontoauszugs einreichen.

Sollte ein Teil der Spenden nicht für die Klage gegen Frauendiskriminierung verbraucht werden, so wird die GFF sie für andere satzungsgemäße gemeinnützige Zwecke verwenden.

Das Engagement für Grund- und Freiheitsrechte braucht einen langen Atem. Falls Sie die Gesellschaft für Freiheitsrechte in den kommenden Jahren als Fördermitglied unterstützen wollen, dann geben Sie das gerne im Formular unter “Ich möchte die GFF regelmäßig unterstützen und Fördermitglied werden.” an. Sie bekommen dann Informationen zu einer Fördermitgliedschaft zugeschickt.

Ihre Daten werden sicher verschlüsselt übertragen. Wir geben die von Ihnen bereitgestellten personenbezogenen Daten nicht an Dritte weiter und verarbeiten Sie ausschließlich für die Zwecke des Spendeneinzugs, der Versendung von Spendenquittungen oder falls explizit gewünscht, für den Versand von weiteren Informationen über unsere Arbeit für Menschenrechte.

Alle Informationen zum Umgang mit Ihren Daten und Wahrnehmung Ihrer Rechte, entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung.

Bitte helfen Sie uns mit Ihrer Spende!

Filed Under: Gleichberechtigung im Fischertagsverein

Gleichberechtigung im Fischertagsverein – ein Präzedenzfall gegen Diskriminierung in Vereinen

28. February 2021 by GFF Team

Gemeinsam mit einem weiblichen Vereinsmitglied erstritt die GFF am 31. August 2020 ein Präzedenzurteil für mehr Geschlechtergerechtigkeit: Ein Verein mit erheblicher sozialer Machtstellung darf Frauen nicht willkürlich von bestimmten Vereinsaktivitäten ausschließen. Mit diesem Urteil sind wir unserem Ziel ein gutes Stück näher gekommen: Wir wollen das Diskriminierungsverbot auch im Vereinsrecht etablieren. 

Die GFF unterstützte die Klage einer Frau, die am traditionellen Ausfischen des Memminger Stadtbachs teilnehmen will. Die Satzung des Memminger Fischertagsvereins schloss Frauen willkürlich vom jährlichen Forellenfischen aus. Diese Praxis ist rechtswidrig.  Das Urteil des Amtsgerichts Memmingen erging am 31. August und erteilte der Diskriminierung von Frauen durch Vereine eine Absage.

  • Fragen und Antworten zur Gleichberechtigung in Vereinen

Fischertagsverein geht in Berufung – alte Zöpfe sollen verteidigt werden

Das Urteil wurde bisher nicht rechtskräftig, weil der Verein Berufung eingelegt hat.

Viele hatten geglaubt, mit dem Urteil des Amtsgerichts könnte endlich ein Schlussstrich unter diesen Streit gezogen werden und Frauen in anderen Vereinen könnten sich auf diese Gerichtsentscheidung berufen. Sie wurden jetzt eines Besseren belehrt. Mit viel Energie und Geld versucht der männlich dominierte Vereinsvorstand, eine andere Entscheidung herbeizuführen. Wie lange noch müssen aufwändige juristische Verfahren geführt werden, damit Frauen endlich auch in Vereinen ohne Diskriminierung aktiv sein können?

Jetzt ist Ihre Unterstützung gefragt – gegen Diskriminierung und veraltete Frauenbilder

Ein solches Frauenbild wie im Fischertagsverein Memmingen gibt es auch in zahlreichen anderen Vereinen immer noch. Ob Schützenverein, Gesellschaftsclub, Trommelgruppe, Ruderverein oder Freimaurer- Frauen haben in vielen Vereinen immer noch nicht dieselben Rechte wie Männer.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte engagiert sich dafür, dass endlich die mühsam erkämpften Bestimmungen des Grundgesetzes und des Antidiskriminierungsgesetzes auch bei den Vereinen eingehalten werden müssen und ansonsten Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen wird.

Die Klägerin in Memmingen kämpft nicht nur für ihr unmittelbares Recht, gleichberechtigt am Vereinsleben teilnehmen zu können. Sie will zugleich verhindern, dass Mädchen die traditionelle Frauenrolle weiter vorgelebt wird. Und sie will Frauen auch in anderen Bereichen ermutigen, ihre Rechte wahrzunehmen.

Männer dürfen ausfischen, Frauen und Mädchen gehören zur „Gruppe der Bediensteten“

Der Fischertagsverein Memmingen ist der zentrale örtliche Kulturverein. Hauptzweck des Vereins ist die Gestaltung und Durchführung des jährlichen „Fischertags“, ein Traditionsfest in Memmingen mit ca. 20.000 bis 30.000 Gästen  und Mitwirkenden. Höhepunkt dieses Festes ist das sogenannte Ausfischen des Stadtbachs. Dabei wird derjenige, der die schwerste Forelle aus dem Stadtbach fängt, zum Fischerkönig gekürt. 

Laut der Satzung des Fischertagsvereins dürfen ausschließlich männliche Vereinsmitglieder in die Gruppe der Stadtbachfischer aufgenommen werden. Dies umfasst auch Jungen ab dem 6. Lebensjahr. Die Frauen dürfen als Kübeles-Mädel am Rand stehen und die Fische in Empfang nehmen. Der Memminger Fischertagsverein hat den Antrag der Klägerin auf Teilnahme am Ausfischen unter Berufung auf die angebliche männliche Tradition abgelehnt.

Die Ablehnung ist juristisch nicht haltbar. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 GG und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbieten geschlechtsspezifische Diskriminierungen. Es gibt auch keine sachlichen Gründe dafür, Frauen und Mädchen vom Ausfischen auszuschließen. Diese Auffassung vertrat auch das Amtsgericht Memmingen in seiner Urteilsbegründung.

Tradition ist keine Rechtfertigung für Diskriminierung

Insbesondere das Argument, es handele sich beim Ausfischen um eine männliche Tradition, ist keine Rechtfertigung für einen Ausschluss. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 1991 entschieden, dass allein die gelebte Tradition nicht ausreicht, um eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Denn Art. 3 GG soll Gleichberechtigung gerade in Zukunft durchsetzen, statt den Status quo zu erhalten.

Das Diskriminierungsverbot des AGG gilt auch für den Fischertagsverein, da sich dieser den Frauen gegenüber in einer überlegenen Position befindet. Als alleiniger Ausrichter des wichtigsten städtischen Kulturevents nimmt der Verein eine zentrale Rolle im gesellschaftspolitischen Gefüge in Memmingen ein. Frauen und Mädchen bleibt ein bedeutender Teil des sozialen Lebens der Stadt verwehrt, eine alternative Veranstaltung oder einen weiteren Trägerverein gibt es nicht. Aufgrund dieser strukturellen Überlegenheit ist auch der Fischertagsverein an das AGG gebunden. Der Ausschluss von Menschen aufgrund ihres Geschlechts ist demzufolge rechtswidrig und stellt, wie der Bundesfinanzhof in einem Urteil zur Freimaurerloge feststellte, auch die Gemeinnützigkeit des Vereins infrage.

Diskriminierungsverbote im Privatrecht stärken

Die GFF wendet sich mit juristischen Mitteln gegen jede Form von Diskriminierung – durch den Staat, aber auch durch Private. Gerade in Deutschland wird privaten Vereinigungen derzeit weitestgehend freie Hand gelassen, sodass dort Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder anderer personenbezogener Merkmale benachteiligt werden. Doch auch Vereine dürfen nicht ohne sachlichen Grund diskriminieren. Dieser Fall kann dazu beitragen, dieses Rechtsverständnis aufzubrechen und das Diskriminierungsverbot auch im Vereinsrecht zu etablieren.

Hintergrund 

  • Warum Vereine nicht diskriminieren dürfen – Fragen und Antworten zum Fall
  • Klageschrift vom 3. Juni 2019
  • Replik der Klägerin vom 7. Oktober 2019
  • Triplik der Klägerin vom 2. März 2020
  • Quintuplik der Klägerin vom 10. August 2020
  • Urteil des Amtsgerichts Memmingen vom 31. August 2020
  • Berufungserwiderung vom 8. Februar 2021
  • Das Aktenzeichen des Verfahrens ist 21C952/19.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte setzt sich auch in anderen Fällen gegen Geschlechterdiskriminierung ein und unterstützt zum Beispiel eine Klage einer Reporterin gegen Entgeltdiskriminierung beim ZDF. Hier finden Sie die Fallseite.

Presse

  • 31.08.2020: Amtsgericht Memmingen beendet Diskriminierung von Frauen in Traditionsverein
  • 30.11.2019: Diskriminierung ist nicht gemeinnützig

Helfen Sie der GFF, Grund- und Freiheitsrechte wirksam durchzusetzen – unterstützen Sie unser Engagement mit einer Spende!

Foto: Berni Radke auf Flickr.com

Filed Under: Fälle, Gleichberechtigung im Fischertagsverein

Warum Vereine nicht diskriminieren dürfen

27. July 2020 by Luisa Podsadny

Am 31. August 2020 entschied das Amtsgericht Memmingen über das Frauenverbot bei den Memminger Stadtbachfischern – und sprach ein Präzedenzurteil für mehr Geschlechtergerechtigkeit. Warum wir die Klägerin unterstützt haben, beantworten wir hier.

  • Worum geht es in dem Verfahren?
  • Warum hat sich die Klägerin nicht mit dem Fischertagsverein geeinigt?
  • Warum ist dieser Fall über den Einzelfall hinaus relevant?
  • Ist der Fischertagsverein als privater Verein überhaupt ans Diskriminierungsverbot gebunden?
  • Warum schließt der Fischertagsverein Frauen vom Ausfischen aus?
  • Ist es mit der Gemeinnützigkeit des Fischertagsvereins vereinbar, Frauen von bestimmten Aktivitäten auszuschließen?

Worum geht es in dem Verfahren?

Die Klägerin verklagte mit Erfolg den Fischertagsverein Memmingen e.V.:  Sie will in die Gruppe der Stadtbachfischer aufgenommen werden und am jährlichen Ausfischen des Stadtbachs teilnehmen. Der Fischertagsverein ist der zentrale örtliche Kulturverein in Memmingen. Ein Hauptzweck des Vereins ist die Gestaltung und Durchführung des jährlichen Fischertags, ein Traditionsfest in Memmingen mit ca. 20.000 bis 30.000 Besucher*innen und Mitwirkenden. Höhepunkt dieses Festes ist das sog. Ausfischen des Stadtbachs. Dabei wird derjenige, der die schwerste Forelle aus dem Stadtbach fängt, zum Fischerkönig gekürt. Unter Berufung auf eine jahrhundertealte Tradition schließt der Verein Frauen und Mädchen vom Stadtbachfischen aus. Laut Vereinssatzung dürfen nur Männer und Jungen ab sechs Jahren an dem Ausfischen teilnehmen.

Die Klägerin ist seit 1987 aktives Vereinsmitglied und will diese Ungleichbehandlung nicht länger hinnehmen. Der Klägerin geht es aber nicht nur um sie selber. Vor allem möchte sie verhindern, dass Memminger Kinder mit derart überkommenen Geschlechterrollen aufwachsen. Mädchen in Memmingen sollen nicht weiter zuschauen müssen, wie ihre Klassenkameraden in den Stadtbach springen, während ihnen selbst das Ausfischen verboten ist. 

Nach erfolglosem Antrag auf Satzungsänderung hat sie im Juni 2019 erfolgreich gegen den Ausschluss von Frauen im Fischertagsverein geklagt. Das Urteil des Amtsgerichts Memmingen erging am 31. August 2020 und erteilte der Diskriminierung von Frauen durch den Memminger Fischertagsverein eine klare Absage. Ein Verein mit erheblicher sozialer Machtstellung dürfe Frauen nicht willkürlich von bestimmten Vereinsaktivitäten ausschließen.

Eigentlich sollte es im 21. Jahrhundert eine Selbstverständlichkeit sein, dass Frauen gleichberechtigt an Vereinsaktivitäten teilnehmen dürfen. Der männlich dominierte Fischertagsverein Memmingen hält jedoch an seinem veralteten Frauenbild fest und ist nun in Berufung gegangen.

Warum hat sich die Klägerin nicht mit dem Fischertagsverein geeinigt?

Die Klägerin sprach sich in der Vergangenheit mehrfach dafür aus, dass auch Frauen und Mädchen am Ausfischen teilnehmen können. Im Januar 2018 und im Januar 2019 beantragte sie eine Änderung der Satzung. Beide Anträge wurden von der Delegiertenversammlung abgewiesen. Daraufhin wandte sich die Klägerin an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Behörde wertete den Ausschluss von Frauen als einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und empfahl dem Fischertagsverein mit Schreiben vom 19.02.2019 eine Anpassung der Satzung. Auch dies führte nicht dazu, dass der Fischertagsverein einlenkte. Stattdessen hat der Vereinsausschuss sogar über einen vollständigen Ausschluss der Klägerin aus dem Verein diskutiert – wegen renitenten Verhaltens -, aber davon letztendlich Abstand genommen.  

Im Mai 2019 forderte die Klägerin den Verein ein letztes Mal erfolglos auf, sie zur Gruppe der Stadtbachfischer zuzulassen. Am 3. Juni 2019 hat sie Klage erhoben und wurde dabei von der Rechtsanwältin Susann Bräcklein vertreten.

Warum ist dieser Fall über den Einzelfall hinaus relevant?

Der Fischertagsverein ist kein Einzelfall. Immer wieder berufen sich private Vereinigungen wie Schützenvereine, Gesellschaftsclubs oder Trommlergruppen auf das Brauchtum, um Frauen von bestimmten Aktivitäten auszuschließen. Dabei bieten diese Vereine und Brauchtümer gerade in ländlicheren Gegenden einen wichtigen Rahmen für gesellschaftliches Engagement und sind ein wesentlicher Pfeiler sozialer Teilhabe.

Dagegen engagiert sich die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF): Es darf nicht sein, dass Frauen im Jahr 2021 noch immer willkürlich aus Vereinen oder von Vereinsaktivitäten ausgeschlossen werden. Mit einem Verbot der Behinderung von Frauen  beim Ausfischen in Memmingen können wir einen Präzedenzfall schaffen und dafür sorgen, dass auch in anderen Vereinen Schluss mit der rückständigen Ausschlusspraxis ist.

Ist der Fischertagsverein als privater Verein überhaupt an das Diskriminierungsverbot gebunden?

Diskriminierungsverbote sind in Deutschland in Art. 3 GG und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geregelt. Private Akteure wie Vereine oder Unternehmen sind nur unter bestimmten Bedingungen an diese Diskriminierungsverbote gebunden. Insbesondere betrifft dies Akteure, die eine besondere Monopolstellung oder eine strukturelle Überlegenheit ausüben. So gilt das AGG gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. 2 AGG für Vereinigungen, die eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich innehaben. 

Dies trifft auf den Fischertagsverein zu. Die Veranstaltung des Fischertages in seiner Ausrichtung als mehrtägige Festveranstaltung mit einer Vielzahl von Programmpunkten hat eine herausragende Bedeutung für die Stadt Memmingen und seine Bürgerinnen und Bürger. Er handelt sich um eine für die Stadt identitätsprägende Veranstaltung, die jährlich mehrere tausend Zuschauer anzieht. Der Fischertagsverein hat in Bezug auf den Fischertag und das Ausfischen als zentrale Aktivität dieses Festes eine Monopolstellung inne. Ohne die Aufnahme in die Gruppe der Stadtbachfischer ist die Teilnahme am Ausfischen unmöglich. Das sieht auch das Amtsgericht Memmingen so: Die Richterin betonte in ihrer Entscheidung die soziale Bedeutung des Vereins und die fehlenden Alternativen und zitierte den Vereinsvorstand: Memmingen ist ohne Fischertag schwer vorstellbar.

Der Verein nimmt auch im gesellschaftspolitischen Gefüge Memmingens eine zentrale Stellung ein. Der Fischertag dient auch als Treffpunkt der Kommunalpolitik, wie z.B. der Empfang des Fischerkönigs im Rathaus zeigt. Eine Vielzahl männlicher Stadträte sind Stadtbachfischer und nehmen am Ausfischen teil. Ein Stadtrat hat die Funktion des Oberfischers inne. Insofern ist das Ausfischen auch ein Bestätigungsritual kommunalpolitischer Macht. 

Im Fall des Fischertagsvereins spricht noch ein weiterer Grund für eine Bindung ans Diskriminierungsverbot. Die Bachreinigung einschließlich des dazugehörigen Ausfischens ist seit jeher eine städtische Aufgabe. Zur Ausführung dieser Aufgabe bedient sich die Stadt Memmingen des Fischertagsvereins, der sich dabei an die städtischen Vorgaben und Gleichbehandlungsgebote halten muss. 

Warum schließt der Fischertagsverein Frauen vom Ausfischen aus?

Der Fischertag beruft sich auf eine jahrhundertealte männliche Tradition des Ausfischens und befürchtet, dass der historische Charakter der Veranstaltung verloren geht, wenn Frauen daran teilnehmen. 

Fakt ist: Das Ausfischen als Teil der jährlichen Bachreinigung geht Überlieferungen zufolge bis ins Mittelalter zurück. Umstritten ist, inwiefern damals schon Frauen von dieser Aktivität ausgeschlossen waren. Überlieferungen zufolge war die jährliche Bachreinigung damals wenig beliebt. In einem Memorial aus dem Jahr 1683 beschwert sich der für die Organisation der Bachreinigung zuständige Werkmeister darüber, dass die Zünfte überwiegend Mägde und Kinder zur Bachreinigung geschickt hatten. (Der Spiegelschwab, Heimatbeilage der Memminger Zeitung, 2019-Teil 1)

Ob nun zu einem früheren Zeitpunkt auch Frauen am Ausfischen teilnahmen oder nicht, kann aber letztlich dahinstehen. Wäre eine männliche Tradition ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund für den Ausschluss von Frauen, dürften Frauen heute wohl weder mit einer Hose zur Arbeit kommen noch Fußball spielen. Das Bundesverfassungsgericht urteilte bereits 1991, dass allein die gelebte Tradition nicht ausreicht, um eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. 

Ist es mit der Gemeinnützigkeit des Fischertagsvereins vereinbar, Frauen von bestimmten Aktivitäten auszuschließen?

Der Fischertagsverein ist vom Finanzamt Memmingen bislang noch als gemeinnützig anerkannt. Damit ist er steuerlich begünstigt und kann zudem staatliche Zuschüsse erhalten. Dabei steht die diskriminierende Satzung des Fischertagsvereins der Gemeinnützigkeit entgegen. Die Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass ein Verein die Allgemeinheit fördert. Der Ausschluss von Frauen von den Vereinsaktivitäten ist damit nicht vereinbar. Das entschied 2017 der Bundesfinanzhof (BFH) in Bezug auf eine Freimaurerloge, die Frauen ohne sachlichen Grund von der Mitgliedschaft ausschloss. Auch das Amtsgericht Memmingen wies darauf hin, dass der Fischertagsverein schon allein aufgrund seiner Gemeinnützigkeit an das Diskriminierungsverbot gebunden sei.

Völlig zu Recht forderte der Bundesfinanzminister Olaf Scholz daher im November 2019, dass es gemeinnützigen Vereinen untersagt werden müsse, Frauen willkürlich auszuschließen und forderte die lokalen Finanzämter auf, in solchen Fällen die Gemeinnützigkeit zu entziehen. Bislang hat sich das Finanzamt Memmingen jedoch nicht geregt.

Diskriminierungsverbote im Privatrecht stärken

Die GFF wendet sich mit juristischen Mitteln gegen jede Form von Diskriminierung – durch den Staat, aber auch durch Private. Gerade in Deutschland wird privaten Vereinigungen derzeit weitestgehend freie Hand gelassen, sodass dort Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder anderer personenbezogener Merkmale benachteiligt werden. Doch auch Vereine dürfen nicht ohne sachlichen Grund diskriminieren. Dieser Fall kann dazu beitragen, dieses Rechtsverständnis aufzubrechen und das Diskriminierungsverbot auch im Vereinsrecht zu etablieren.

Filed Under: Gleichberechtigung im Fischertagsverein

Gegen das Frauenverbot bei den Stadtbachfischern – Ein Präzedenzfall für mehr Geschlechtergerechtigkeit

25. September 2019 by Luisa Podsadny

Das Bundesverfassungsgericht urteilte bereits 1991, dass allein die gelebte Tradition nicht ausreicht, um eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Dennoch beruft sich der Memminger Fischertagsverein auf die jahrhundertealte Tradition, um Frauen vom traditionellen Ausfischen des Stadtbachs auszuschließen. Dies ist kein Einzelfall: Ob Schützenverein, Männerchor oder Freimaurer- gerade in privaten Vereinigungen werden Menschen regelmäßig aufgrund ihres Geschlechts oder anderer personenbezogener Merkmale benachteiligt.  

Um diesem Unrecht zu begegnen, unterstützt die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) die Klage einer Frau, die am traditionellen Ausfischen des Memminger Stadtbachs teilnehmen will. Die Satzung des Memminger Fischertagsvereins schließt Mädchen und Frauen willkürlich vom jährlichen Forellenfischen aus. Als alleiniger Ausrichter des wichtigsten städtischen Kulturevents nimmt der Verein eine zentrale Rolle im gesellschaftspolitischen Gefüge in Memmingen ein. Frauen und Mädchen bleibt ein bedeutender Teil des sozialen Lebens der Stadt verwehrt, eine alternative Veranstaltung oder einen weiteren Trägerverein gibt es nicht.

Wir sind überzeugt: Diese Praxis ist rechtswidrig. Am 20. April 2020 findet die mündliche Verhandlung statt!

Helfen Sie mit Ihrer Spende oder Ihrer Fördermitgliedschaft, juristisch gegen den traditionsbedingten Ausschluss von Frauen vorzugehen!

Um das Verfahren juristisch angemessen begleiten zu können und den komplexen Fall sowohl für Fachkreise als auch für die allgemeine Öffentlichkeit aufzubereiten, rechnen wir derzeit mit einem Bedarf von rund 10.000 Euro! Bitte unterstützen Sie das Verfahren, denn dieser Fall kann dazu beitragen, ein überkommenes Rechtsverständnis aufzubrechen und das Diskriminierungsverbot auch im Vereinsrecht zu etablieren.

Alle Hintergründe zum Fall: freiheitsrechte.org/gleichberechtigung-im-fischertagsverein

Die Angabe Ihrer Postanschrift ist nur erforderlich, wenn Sie eine Zuwendungsbescheinigung für die Steuererklärung wünschen. Spenden bis 200 € können Sie auch ohne Zuwendungsbescheinigung steuerlich geltend machen, indem Sie eine Kopie des Kontoauszugs einreichen. Sollte ein Teil der Spenden nicht für die Klage gegen Entgeltdiskriminierung verbraucht werden, so wird die GFF sie für andere satzungsgemäße gemeinnützige Zwecke verwenden, um in Deutschland und Europa durch strategische Klagen gegen Diskriminierung vorzugehen.

Das Engagement für Grund- und Freiheitsrechte braucht einen langen Atem. Falls Sie die GFF längerfristig unterstützen wollen, geben Sie das gerne im Formular unter “Ich möchte die GFF regelmäßig unterstützen und Fördermitglied werden” an. Sie bekommen dann Informationen zu einer Fördermitgliedschaft zugeschickt.

Ihre Daten werden sicher verschlüsselt übertragen. Wir geben sie nicht an Dritte weiter und verarbeiten sie ausschließlich für Spendeneinzug und Spendenquittung oder, falls explizit gewünscht, für den Versand von weiteren Informationen über unsere Arbeit für Menschenrechte. Alle Informationen hierzu und zur Wahrnehmung Ihrer Rechte entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung.

Filed Under: Gleichberechtigung im Fischertagsverein, Uncategorized

Primary Sidebar

Die Freiheit braucht auch Sie: Machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Klagen!

Mehr Informationen zur Fördermitgliedschaft!

Andere Möglichkeiten, sich für Freiheitsrechte zu engagieren...

Newsletter

Immer auf dem Stand der Dinge bleiben: Jetzt den Newsletter der GFF abonnieren!

Warum ich die GFF unterstütze

Wie an so vielen Orten auf der Welt erwarten die Menschen auch in Deutschland von den Gerichten, dass sie ihre Menschenrechte schützen. Prozesse zu führen, damit das auch wirklich geschieht, ist einer der besten Wege, an einer lebenswerten Welt mitzuarbeiten.

Cindy Cohn, Executive Director, Electronic Frontier Foundation, San Francisco
  • Impressum
  • Jobs
  • Team
  • Datenschutz
  • Spenden

Copyright © 2021 · Genesis Sample on Genesis Framework · WordPress · Log in