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Gleiche Bezahlung ist keine Verhandlungssache: GFF unterstützt Revision vor dem Bundesarbeitsgericht

Berlin, 7. Dezember 2021 – Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstützt die ehemalige Mitarbeiterin eines Metallunternehmens bei ihrer Klage auf gleiche Bezahlung und begründete gemeinsam mit der Anwältin die Revision beim Bundesarbeitsgericht. Obwohl die Klägerin über vergleichbare Qualifikation und Erfahrung verfügte, verdiente sie bei identischer Tätigkeit im Außenbetrieb deutlich weniger als ihr männlicher Kollege. Der Arbeitgeber Photon Meissener Technologies GmbH rechtfertigt die ungleiche Bezahlung damit, dass der Mann bei Einstellung mehr Lohn gefordert habe.

„Wenn Arbeitgeber*innen höhere Löhne für Männer damit rechtfertigen können, dass die Kollegen besser verhandelt hätten, dann ist der Anspruch auf Equal Pay praktisch nicht durchsetzbar“, sagt Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. „Gleiche Bezahlung ist nicht verhandelbar, und die Verantwortung hierfür liegt bei den Arbeitgeber*innen: Sie müssen gleiche Bezahlung gewährleisten – Gehaltsunterschiede müssen durch objektive Kriterien wie Qualifikation oder Erfahrung begründet sein.“

Die Klägerin war von März 2017 bis Juli 2019 bei der Photon Meissener Technologies GmbH neben zwei männlichen Kollegen im Außenvertrieb angestellt. Sie leisteten die gleiche Arbeit und vertraten sich bei Bedarf auch über längere Zeiträume gegenseitig. Dennoch erhielt die Klägerin in den 28 Monaten insgesamt 14.500 € brutto weniger Grundgehalt als ein nahezu zeitgleich eingestellter Kollege. Der Arbeitgeber begründete das höhere Einstiegsgehalt und eine spätere Gehaltserhöhung mit individuell getroffenen Vereinbarungen bei der Einstellung.

„Es ist einfach ungerecht, dass Frauen bei gleicher Leistung weniger verdienen“, sagt die Klägerin. „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – es ist traurig, dass ich für diese Selbstverständlichkeit im Jahr 2021 vor Gericht streiten muss“.

Verdient eine Frau für gleiche oder gleichwertige Arbeit weniger Geld, begründet das die Vermutung einer verbotenen Entgeltdiskriminierung. Der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht verlangen, dass Arbeitgeber*innen objektive, vom Geschlecht unabhängige Gründe wie Erfahrung, Leistung und Dienstalter vorweisen, um diesen Entgeltunterschied zu begründen. „Mit diesem Verfahren wollen wir vom Bundesarbeitsgericht höchstgerichtlich klären lassen, dass Verhandlungsgeschick kein solches Kriterium ist“, sagt Lincoln. „Damit würden Arbeitgeber*innen faktisch aus der Verantwortung entlassen, ein diskriminierungsfreies Gehaltssystem umzusetzen. Das Gebot gleicher Bezahlung liefe ins Leere“.

Zudem übernehmen Frauen auch heute noch den Großteil der Care Arbeit. In Verhandlungen mit Arbeitgeber*innen sind sie – so auch die Klägerin – deshalb oftmals gezwungen, den Fokus auf Teilzeitregelungen und flexible Arbeitszeiten zu legen, um Arbeit und Familie vereinbaren zu können. Die Bezahlung bleibt dann zweitrangig.

Mehr Informationen zum Fall finden Sie hier.

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:

Janina Zillekens, presse@freiheitsrechte.org,
Tel. 030/549 08 10 55

Sarah Lincoln, Tel. 0176 48878411

Die Klägerin steht für Hintergrundgespräche und Interviews zur Verfügung.

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