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Abstammungsrecht diskriminiert Kinder in queeren Familien: GFF und Partner-Initiative Nodoption ziehen mit einer Familie vor das Bundesverfassungsgericht

Berlin/Karlsruhe, 8. September – Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) und die Initiative Nodoption erheben heute gemeinsam mit einem lesbischen Paar und ihrem Kind Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht. Rechtsanwältin Lucy Chebout (Raue), Prof. Dr. Anne Sanders und Dr. Dana Valentiner verfassten den Schriftsatz und vertreten die Familie. Die Beschwerdeführerinnen Catherine K. und ihre Ehefrau Cristin G. hatten sich für eine private Samenspende entschieden, Catherine K. brachte im März 2020 das gemeinsame Kind Mischa zur Welt. Anders als bei einem heterosexuellen Paar wurde Cristin nicht als Elternteil in die Geburtsurkunde eingetragen. Der Versuch, ihre Elternschaft gerichtlich feststellen zu lassen, blieb erfolglos. Zuletzt wies das Berliner Kammergericht den Antrag der Familie zurück. Die Verfassungsbeschwerde soll zu einer Klarstellung führen, dass die aktuellen Regeln im Abstammungsrecht verfassungswidrig sind, weil sie queere Familien diskriminieren.

„Das derzeitige Abstammungsrecht ist aus der Zeit gefallen und muss dringend reformiert werden: Nur wenn der zweite Elternteil männlich ist, kann er problemlos als Elternteil eingetragen werden – das ist ein klarer Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und weitere Grundrechte“, kritisiert Lea Beckmann, Juristin und Verfahrenskoordinatorin der GFF. „Die Folgen für tausende Kinder in Deutschland sind gravierend: Sie haben rechtlich nur einen Elternteil und sind viel schlechter abgesichert – nur, weil ihre Eltern queer sind.“

Die GFF und die Initiative Nodoption, ein Zusammenschluss zahlreicher betroffener Familien, klagen seit 2020 strategisch gegen die Diskriminierung im Abstammungsrecht. Die Ampel-Regierung hatte im Koalitionsvertrag eine Reform der Regelungen angekündigt, die noch in Arbeit ist. Dabei zeichnet sich ab, dass die geplanten Regeln vielen der betroffenen Familien weiterhin den Schutz verweigern. So steht zu befürchten, dass private Samenspenden, wie im Fall der beiden Beschwerdeführerinnen, nicht erfasst werden. Auch soll die neue Möglichkeit der Anerkennung nur für Frauen gelten – so dass Elternteile mit dem Geschlechtseintrag „divers“ oder ohne Geschlechtseintrag außen vor blieben. Damit droht also, dass queere Beziehungen und daraus hervorgegangene Kinder auch nach der geplanten Reform gegenüber heterosexuellen Paaren weiterhin klar diskriminiert werden. Ihnen wird der grundgesetzlich garantierte Schutz der Familie versagt.

„Wir haben uns gemeinsam für unser Kind entschieden, teilen uns die Verantwortung und sind eine Familie wie andere auch. Uns steht die gleiche rechtliche Anerkennung zu“, sagt Cristin G. „Die Stiefkind-Adoption ist eine Zumutung und keine Alternative zur Elternschaft ab Geburt.“

Vier Gerichte haben bereits ähnliche Verfahren von GFF und Nodoption zur Anerkennung der Elternschaft ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt, darunter das Kammergericht Berlin. Rechtsanwältin Lucy Chebout, die sowohl die Familien der Vorlagebeschlüsse als auch die Eheleute Cristin G. und Catherine K. vertritt, betont: „Die Zeit ist reif für ein Grundsatzurteil aus Karlsruhe. An der Verfassungswidrigkeit des aktuellen Abstammungsrechts gibt es keinen Zweifel. Für die Rechte des Kindes sind die genauen Umstände der Zeugung unerheblich. Das hat der österreichische Verfassungsgerichtshof kürzlich entschieden. Jetzt muss das Bundesverfassungsgericht nachziehen und queere Eltern sowie ihre Kinder schützen.“

Die Beschwerdeführerinnen sowie Rechtsanwältin Lucy Chebout stehen für Interviews zur Verfügung.

Weitere Informationen zu unserem Fall finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/elternschaft

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Dr. Maria Scharlau, presse@freiheitsrechte.org,
Tel. 01579/2493108
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