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GFF-Transparenzpatenschaft erfolgreich – Bundesverwaltungsgericht stärkt Informationsfreiheit

Bundeskanzleramt hat zu Unrecht die Herausgabe von Teilen der Protokolle einer Kabinettssitzung verweigert / Bundesverwaltungsgericht stärkt Informationsfreiheit

Leipzig, 13. Dezember 2018 – Der Journalist und Chefredakteur von Netzpolitik.org, Markus Beckedahl, hat vor dem Bundesverwaltungsgericht die Herausgabe von Teilen eines Kabinettsprotokolls erstritten. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat die Klage durch eine Transparenzpatenschaft unterstützt, im Rahmen derer sie Verfahren zur Informationsfreiheit finanziert.

Gegenstand des seit 2012 andauernden Rechtsstreits war es, ob Markus Beckedahl einen Anspruch auf Teile des Protokolls einer Kabinettssitzung hat, nämlich auf das Kurzprotokoll des Sitzungsablaufs sowie auf die Liste der teilnehmenden Bundesminister*innen und Staatssekretär*innen. Diesen Anspruch hat das Gericht mit Hinsicht auf die Teilnehmerliste zugesprochen, für das Protokoll des Ablaufs der Sitzung aber nicht anerkannt.

„Das heutige Urteil ist ein Schritt zu mehr Transparenz“, sagt GFF-Generalsekretär Malte Spitz. „Die Bundesregierung muss ihre Blockadehaltung gegen die Informationsfreiheit aufgeben. Zukünftig muss Transparenz die Regel sein und die Ablehnung eines Informationsfreiheitsantrags daher eine Ausnahme, die sehr viel genauer geprüft werden muss.“

Hinter dem Fall steht die grundlegende Frage, wie weitgehend die Bundesregierung Informationen unter Verschluss halten darf, weil sie mit politischen Entscheidungen in Zusammenhang stehen – und wann das Interesse der Öffentlichkeit überwiegt. Geschützt sind behördliche Beratungs- und Entscheidungsprozesse auch nach ihrem Abschluss. Umstritten ist aber, was genau unter diesen Schutz fällt und wie lange er anhält. Nach welcher Zeit auch ein Verlaufsprotokoll freigegeben werden muss ist damit weiter offen. Das Gericht hat hierfür sechs Jahre und zwei Legislaturperioden nicht für ausreichend erachtet.

„Das Gericht hat mit seinem heutigen Urteil damit auch die Chance verpasst, den von der Regierung genutzten Ausnahmen deutlichere inhaltliche und vor allem auch zeitliche Schranken aufzugeben,“, sagt GFF-Generalsekretär Spitz. Er betonte: „Der Kampf für mehr Transparenz geht weiter.“

Die Protokolle von Kabinettssitzungen hält die Bundesregierung bislang vollständig unter Verschluss und veröffentlicht sie erst nach 30 Jahren im Bundesarchiv. „Dass die Bundesregierung Protokolle von Kabinettssitzungen pauschal und derart lange unter Verschluss hält, ist höchst bedenklich, weil es dem legitimen Interesse der Bürger*innen an diesem zentralen politischen Entscheidungsgremium nicht gerecht wird“, kommentiert Spitz.

In der für das Urteil maßgeblichen Kabinettssitzung vom 29. August 2012 wurde durch die anwesenden Bundesminister*innen und Staatssekretär*innen der Bundesregierung ein Gesetz zum Leistungsschutzrechts für Verleger beschlossen, das dann in den Bundestag eingebracht wurde. Den Journalisten Beckedahl interessiert deshalb, ob der damaligen Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), an der Sitzung teilgenommen und wie er sich zu dem Gesetzgebungsvorhaben geäußert hat. Sein Bruder, Dietrich von Klaeden, hatte sich als Lobbyist des Axel-Springer-Verlags bereits seit Jahren intensiv für die Einführung des Gesetzes eingesetzt.

Für seine Klage stützte sich Beckedahl auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes, welches Bürger*innen seit 2006 einen Anspruch auf behördliche Informationen gewährt. Häufig werden solche Ansprüche von Behörden verweigert, weshalb Gerichtsurteile für eine Umsetzung des Gesetzes von großer Bedeutung sind. Solche Verfahren unterstützt die GFF deshalb durch sogenannte Transparenzpatenschaften. Dabei ist sie auf Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter presse@freiheitsrechte.org oder telefonisch unter +49 30 549 08 10 55 zur Verfügung.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um die Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger*innen mit exzellenten Jurist*innen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Verfassungsbeschwerden gegen die automatisierte Passbildabfrage sowie gegen Novellen der Polizeigesetze in Bayern und Baden-Württemberg.

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