Erfolg gegen Geschlechterdiskriminierung: Land Berlin räumt Diskriminierung im Plansche-Fall ein
Berlin, 19.12.2023 - Nach über zwei Jahren Rechtstreit erzielt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gemeinsam mit Klägerin Gabrielle Lebreton und Rechtsanwältin Leonie Thum einen Erfolg gegen Geschlechterdiskriminierung. Vor dem Berliner Kammergericht erkennt das Land Berlin an, dass Frauen nicht schlechter behandelt werden dürfen als Männer, wenn sie sich oberkörperfrei in einem öffentlichen Bad sonnen. Damit bekommt die Klägerin in der zweiten Instanz recht. Sie hatte geklagt, nachdem sie von dem Wasserspielplatz „Plansche“ verwiesen wurde, weil sie sich dort oberkörperfrei gesonnt hatte. Das Land Berlin hat die Klageforderung teilweise anerkannt - die Entscheidung über die Höhe der Entschädigungszahlung steht damit noch aus und wird mit dem abschließenden Urteil des Kammergerichts festgesetzt.
Lebreton hatte gemeinsam mit Rechtsanwältin Thum im Sommer 2021 wegen der Diskriminierung gegen das Land Berlin geklagt und die Klage auf das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) gestützt. Das Landgericht Berlin lehnte die Klage im September 2022 ab und begründete dies mit dem Schutz eines „geschlechtlichen Schamgefühls“ in Teilen der Gesellschaft. Gemeinsam mit der GFF gingen Thum und Lebreton erfolgreich in Berufung vor das Berliner Kammergericht.
Das erwirkte Anerkenntnis des Landes stellt klar, dass es auf dem Berliner Wasserspielplatz eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gegeben hat. Damit folgt das Land Berlin der rechtlichen Beurteilung von der GFF und Rechtsanwältin Thum. Bereits in der mündlichen Verhandlung im September dieses Jahres stellte die Vorsitzende Richterin am Kammergericht fest, dass eine Schlechterbehandlung gegenüber den männlichen Besuchern auf dem Wasserspielplatz stattgefunden hat, an deren Rechtfertigung Zweifel bestünden. „Im Rahmen des Berliner Landesantidiskriminierungsgesetzes müssen verfassungsrechtliche Maßstäbe gelten. Im gesamten Verfahren sind keine Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlung vorgebracht worden, die diese Voraussetzungen erfüllen. Das macht das Land Berlin im Ergebnis auch mit der Anerkennung deutlich“, betont Soraia Da Costa Batista, Verfahrenskoordinatorin bei der GFF.
Die Klägerin Gabrielle Lebreton freut sich über das Einlenken: „Das Anerkenntnis zeigt, dass sich der Kampf gelohnt hat. Es war ein langer Weg und ich hoffe, dass ich anderen Betroffenen Mut gemacht habe. Frauen haben genauso wie Männer das Recht auf körperliche Selbstbestimmung. Der weibliche Körper darf nicht weiter ohne unsere Zustimmung sexualisiert werden!“
Nachdem das Land Berlin die Klageforderung teilweise anerkannt hat, muss das Gericht die abschließende Höhe der Entschädigungszahlung festlegen. Das Berliner Kammergericht hat jetzt die Möglichkeit, Maßstäbe für zukünftige Verfahren nach dem LADG zu setzen. Es ist für Betroffene eine hohe Hürde, aufgrund des Erlebten den Rechtsweg zu bestreiten und die mit dem Verfahren verbundene Auseinandersetzung ist sehr belastend. Rechtsanwältin Leonie Thum erklärt dazu: „Eine Diskriminierung hinterlässt Narben, die nicht durch Geld verschwinden. Umso wichtiger sind Entschädigungszahlungen, die dafür sorgen, dass es in Zukunft gar nicht erst so weit kommt. Die europarechtlichen Vorgaben sind klar: Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Gerichte müssen deshalb entsprechend hohe Entschädigungen ausurteilen, um diese Wirkung zu erzeugen.“
Die Anwendung und Durchsetzung des LADG steht erst am Anfang. Das Gesetz ist seit 2020 in Kraft. Das Verfahren um die Geschlechterdiskriminierung in der Berliner „Plansche“ setzt einen Meilenstein für weitere Verfahren nach dem LADG.
Mehr Informationen zum Verfahren finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/ladg-plansche
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