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Hoffnung auf Grundsatzurteil zu polizeilichem Data Mining: Bundesverfassungsgericht verhandelt Verfassungsbeschwerden der GFF zu Automatisierter Datenauswertung

Berlin/ Karlsruhe, 19. Dezember 2022 – Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Dienstag, den 20. Dezember 2022 zwei Verfassungsbeschwerden der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF). Die Beschwerden wenden sich gegen landesgesetzliche Überwachungsbefugnisse der Polizei in Hessen und Hamburg. Im Fokus der Verhandlung steht die automatisierte Datenauswertung (Data Mining) zur Vorbeugung von Straftaten („predictive policing“). Diese Datenanalyse ermöglicht es der Polizei mithilfe einer Spezial-Software auf Knopfdruck komplexe Persönlichkeitsprofile zu erstellen. In Hessen kommt dafür das Programm Gotham des US-amerikanischen Unternehmens Palantir zum Einsatz. Damit wird massiv in das Grundrecht eingegriffen, über die eigenen Daten zu bestimmen. Die GFF will mit den Verfassungsbeschwerden erreichen, dass für den Einsatz komplexer Auswertungssoftware durch die Polizei strenge Maßstäbe aufgestellt werden.

"Verschiedenste Daten auch von unbescholtenen Menschen zusammenzuführen, um mit einer Software Verdachtsmomente zu generieren – was nach amerikanischem Science Fiction klingt, ist so nicht mit der Verfassung vereinbar. Umso wichtiger, dass das Bundesverfassungsgericht hier frühzeitig Grenzen zieht“, sagt Bijan Moini, Verfahrenskoordinator und Bevollmächtigter der Hamburger Verfassungsbeschwerde.

Mit ihren Verfassungsbeschwerden kritisierte die GFF unter anderem, dass die Rechtsgrundlagen in Hessen und Hamburg völlig unklar lassen, aus welchen Quellen, mit welcher Datenmenge und zu welchem Zweck die Polizei die Befugnis zum Data Mining nutzen darf. Auch die Eingriffsschwelle ist viel zu niedrig, die automatisierte Datenauswertung dürfte nicht zur Vorbeugung minder schwerer Straftaten verwendet werden. Der Eingriff wiegt schwer: Wer einmal in den Fokus einer Datenauswertung gerät, wird schnell zum gläsernen Menschen. Die Beschwerdeschrift zu den hessischen Normen verfasste Prof. Dr. Tobias Singelnstein, die Beschwerdeschrift zu den Hamburgischen Normen Jun.-Prof. Dr. Sebastian Golla.

Zu den zehn Beschwerdeführenden zählen unter anderem Journalist*innen, Rechtsanwält*innen und Aktivist*innen. Die Journalistin Katharina Schipkowski sieht ihr ungehindertes Arbeiten in Gefahr: „Ich stehe immer wieder mit Menschen in Kontakt, die im Visier der Polizei sind. Wenn ich deshalb selbst zum Ziel von Polizeimaßnahmen werde, behindert das meine journalistische Arbeit massiv. Deshalb bin ich mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte vors Bundesverfassungsgericht gezogen.“

Mit dem Einsatz der Software gehen vielfältige Risiken einher. Es ist rechtsstaatlich problematisch, einen sensiblen Teil der staatlichen Gefahrenabwehr durch die Software eines Privatunternehmens wie Palantir ausführen zu lassen. Dadurch wird die polizeiliche Entscheidungsfindung intransparent. Zudem reproduziert die Datenanalyse Fehler bei den zugrundeliegenden Daten. So geraten häufig Menschen ins Visier, die ohnehin schon von polizeilicher Diskriminierung betroffen sind.

Die GFF erhob die Verfassungsbeschwerden gemeinsam mit der Humanistischen Union, den Datenschützern Rhein Main, dem Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, den Kritischen Jurastudierenden Hamburg, der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen, dem AStA der Universität Hamburg und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju).

Weitere Informationen zu unserer Verfassungsbeschwerde gegen Überwachungsbefugnisse der Polizei in Hamburg finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/verfassungsbeschwerde-polizei-verfassungsschutzgesetz-hh

Weitere Informationen zu unserer Verfassungsbeschwerde gegen Überwachungsbefugnisse der Polizei in Hessen finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/polizeigesetz-hessen

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Dr. Maria Scharlau, Tel. 01579/2493108
presse@freiheitsrechte.org

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