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GFF kämpft weiter gegen Ausschluss von Ausländern aus dem Integrationsbeirat des Landkreises Leipzig

OVG lehnt Eilantrag zweier langjähriger Beiratsmitglieder ab / Begründung nicht nachvollziehbar

Berlin, 17. Juli 2019 – Nach einem ablehnenden Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) im Eilverfahren unterstützt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) auch in der Hauptsache den Normenkontrollantrag zweier Ausländer, die durch eine Rechtsänderung aus dem Integrationsbeirat des Landkreises Leipzig ausgeschlossen wurden. „Die Begründung des OVG im Eilverfahren ist sachlich nicht nachvollziehbar“, sagt Nora Markard, Mitglied des Vorstands der GFF. „Das Gericht ignoriert einen offensichtlichen Verstoß gegen den Gleichheitssatz, diese Entscheidung hätte so nie ergehen dürfen. Es ist deshalb keine Frage, dass wir im Hauptverfahren weiterkämpfen.“ Mit der Normenkontrolle wird nun die Gültigkeit der Ordnung des Integrationsbeirats des Landkreises Leipzig (IBO) überprüft.

Bisher sollten dem Integrationsbeirat u.a. „zwei im Landkreis lebende Personen mit Migrationshintergrund“ angehören. Auf dieser Grundlage waren Emad A. und Mehman R. zweieinhalb Jahre lang Mitglieder des Beirats. A. lebt seit 25 Jahren in Deutschland, R. seit 7 Jahren. Sie engagieren sich verschiedentlich ehrenamtlich, A. hat einen Arbeitsplatz, R. studiert. Im Herbst 2018 hat der Kreistag die IBO so geändert, dass nunmehr „drei Einwohner/innen … mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit oder gesichertem Aufenthaltsrecht“ dem Beirat angehören sollen. A. und R. verloren daraufhin ihre Plätze, da sie nur über eine Aufenthaltsgestattung bzw. Duldung verfügen. Diese vermitteln kein gesichertes Aufenthaltsrecht.

Die Verschärfung der Anforderungen in der IBO verstößt gegen den Gleichheitssatz nach Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz und Artikel 18 Absatz 1 der Sächsischen Verfassung. „Die Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises dürfen nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden“, erläutert Markard. Warum nun nach dem Aufenthaltsstatus bzw. der Staatsangehörigkeit unterschieden wird, hat der Landkreis Leipzig aber auch vor dem OVG nicht begründet.

Das OVG berief sich darauf, dass der Integrationsbeirat nach Paragraf 1 IBO die Integration der im Landkreis lebenden Personen mit Migrationshintergrund aktiv fördern soll. Offen bleibt, warum dieses Ziel durch Menschen mit gesichertem Aufenthaltsstatus besser zu erfüllen ist als durch Menschen ohne einen solchen Status. Markard verweist darauf, dass das neue Kriterium auch keine Garantie für eine Anwesenheit im gesamten Mandatszeitraum sei: „Die beiden Kläger zeigen beispielhaft, dass Menschen oft lange Jahre mit prekärem Aufenthaltsrecht am selben Ort leben. Umgekehrt ist ein gesichertes Aufenthaltsrecht kein Garant dafür, dass eine Person mit Migrationshintergrund auch länger im Landkreis bleiben wird.“

Im Landkreis Leipzig werden nun nicht nur die Perspektiven von ausländischen Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus fehlen. Es steht sogar die weitere Arbeit des Beirats in Frage: Schon bisher konnten die von der IBO vorgesehenen Stellvertreterposten nicht besetzt werden, weil sich keine weiteren geeigneten Personen fanden. Bewerbungen für die anstehende Neubesetzung sind nicht eingegangen.

A. und R. sind über die OVG-Entscheidung sehr enttäuscht. „Wir engagieren uns seit Jahren in der Region“, sagt A. „Und nun werden wir aus jenem Beirat ausgegrenzt, der integrieren soll.“ Die beiden werden u.a. vom Bornaer Flüchtlingshilfeverein Bon Courage e.V. unterstützt. „Die Änderung der Ordnung lässt nur mutmaßen, dass Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus unabhängig von ihrer persönlichen Eignung von politischer und gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen und zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden sollen“, sagt Frau Münch von Bon Courage. Das Gerichtsverfahren führt der Leipziger Rechtsanwalt Dr. Simon Schuster.

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