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Amtsgericht Memmingen beendet Diskriminierung von Frauen in Traditionsverein

Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. erstreitet wegweisendes Urteil: Auch private Vereine sind an das Diskriminierungsverbot gebunden.

Memmingen/Berlin, 31. August 2020 – Das Amtsgericht Memmingen hat heute entschieden, dass der Memminger Fischertagsverein Frauen nicht vom zentralen städtischen Kulturevent ausschließen darf. Mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hatte Vereinsmitglied Christiane Renz den Verein auf gleichberechtigte Teilnahme verklagt. „Die heutige Entscheidung ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung. Auch in Vereinen hat willkürliche Geschlechterdiskriminierung keinen Platz“, sagt Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. „Das Urteil ist auch ein Signal an viele andere Vereine, die Frauen weiterhin ohne plausiblen Grund ausschließen.“

Das Amtsgericht stellt klar, dass Traditionsvereine wie der Fischertagsverein für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben eine wichtige Rolle spielen und Frauen nicht ohne sachlichen Grund diskriminieren dürfen. Eine männliche Tradition rechtfertige keine Ungleichbehandlung.

„Das Amtsgericht hat heute bestätigt, was längst klar sein sollte: Tradition kann einen Ausschluss von Frauen nicht rechtfertigen. Sonst stünden wir Frauen heute immer noch hinter dem Herd“, sagt die Klägerin Christiane Renz, die sich selbst seit 30 Jahren im Fischertagsverein engagiert. „Es ist natürlich schade, dass es dafür ein Gerichtsurteil gebraucht hat, aber ich freue mich sehr, dass der Fischertagsverein endlich im 21. Jahrhundert ankommt.“

Der Fischertagsverein ist der zentrale örtliche Kulturverein in Memmingen. Wichtigste Aufgabe des Vereins ist der jährliche Fischertag, ein Traditionsfest mit ca. 20.000 bis 30.000 Besucher*innen und Mitwirkenden. Höhepunkt dieses Festes ist das sogenannte Ausfischen des Stadtbachs. Dabei wird der Mann, der die schwerste Forelle fängt, zum Fischerkönig gekürt. Die ausschließlich männlichen Stadtbachfischer vernetzen sich auch lokalpolitisch. Frauen und Mädchen konnten bislang keine Stadtbachfischerinnen werden, ihnen war das Ausfischen verboten.

Dies wollte Christiane Renz nicht länger hinnehmen. Nach erfolglosen Einigungsversuchen verklagte sie 2019 den Fischertagsverein und erzielte heute vor dem Amtsgericht Memmingen einen großen Erfolg: Ein Verein mit einer erheblichen sozialen Machtstellung darf Frauen nicht willkürlich ausschließen.

Sarah Lincoln, GFF-Juristin und Verfahrenskoordinatorin, steht für Gespräche zur Verfügung.

Weitere Informationen zum Fall finden Sie hier.

Fragen und Antworten zum Fall finden Sie hier.

Für Rückfragen wenden Sie sich an:
Daniela Turß, ,
Tel. 030/549 08 10 55 oder 0175/610 2896

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