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Was dürfen deutsche Inlandsgeheimdienste? Karlsruhe verhandelt Verfassungsbeschwerde der GFF gegen Bayerisches Verfassungsschutzgesetz

Berlin, 13. Dezember 2021 Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Dienstag, den 14. Dezember 2021 die Verfassungsbeschwerde gegen weitgehende Überwachungsbefugnisse aus dem Bayerischen Verfassungsschutzgesetz (BayVSG). Die im Sommer 2017 eingereichte Verfassungsbeschwerde war eine der ersten strategischen Klagen der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). Beschwerdeführer sind drei Mitglieder der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), deren Abteilung seit Jahren im Visier des bayerischen Verfassungsschutzes steht.

„Dass das Bundesverfassungsgericht unsere Klage mündlich verhandelt, ist ein klares Zeichen für die grundsätzliche Bedeutung der darin aufgeworfenen Fragen: Was dürfen deutsche Geheimdienste? Welche Standards müssen für Kontrolle und Transparenz gelten?“ sagt Rechtsanwalt und Verfahrensbevollmächtigter Bijan Moini.

Das am 1. August 2016 in Kraft getretene Gesetz sieht eine ganze Reihe neuer und ausgeweiteter Überwachungsbefugnisse vor, die verschiedentlich gegen Grundrechte verstoßen. So kann der bayerische Verfassungsschutz in zu vielen Fällen durch sogenannte Online-Durchsuchungen Handys und Computer komplett auslesen, samt aller Fotos, Kontakte und Kommunikationskanäle. „Letztlich erfasst der Geheimdienst damit die ganze Persönlichkeit der Betroffenen – ohne dass diese sich zwingend etwas haben zuschulden kommen lassen“, so Moini.

Verfassungswidrig ist aus Sicht der GFF auch, dass das Trennungsprinzip zwischen Geheimdiensten und Polizei aufgeweicht wird. So hat der bayerische Verfassungsschutz Zugriff auf Vorratsdaten, die eigentlich nur – unter sehr engen Bedingungen – von Gefahrenabwehrbehörden wie der Polizei genutzt werden dürfen.

Verschärft werden die exzessiven geheimdienstlichen Überwachungsbefugnisse durch eine völlig unterentwickelte rechtliche Kontrolle.

Die GFF sieht die Gefahr, dass andere Bundesländer sich bei der Ausgestaltung ihrer Verfassungsschutzgesetze an dem Negativbeispiel aus Bayern orientieren – wie in den letzten Jahren bei den Polizeigesetzen geschehen.

„Die unverhältnismäßige Überwachung unbescholtener Menschen durch Geheimdienste wie jetzt in Bayern darf keine Schule machen.“ sagt Ulf Buermeyer, Vorsitzender und Legal Director der GFF. „Es ist daher notwendig und konsequent, dass wir auch gegen verfassungswidrige Landesgesetze klagen. Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Gelegenheit, über nicht weniger als die Grundlagen der Geheimdienstarbeit in Deutschland zu entscheiden.“

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Maria Scharlau, mobil 01579 2493108,
presse@freiheitsrechte.org, Tel. 030/549 08 10 55

Als Prozessbevollmächtigte für die Beschwerdeführer nehmen Bijan Moini und David Werdermann an der mündlichen Verhandlung teil und stehen für Interviews zur Verfügung. Ulf Buermeyer wird als Vertreter der GFF an der Verhandlung teilnehmen und steht vor Ort ebenfalls für Gespräche bereit.

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