Nach BGH-Entscheidung: „Ein bisschen Sicherheit” für anwaltliche Kommunikation nicht zeitgemäß – Gesetzgeber muss Vorgaben ändern
Karlsruhe, 22. März 2021 – Der Bundesgerichtshof (BGH) hat auf eine Klage der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) festgestellt, dass das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ (beA) keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2E) des anwaltlichen Email-Verkehrs bietet – das hatten die GFF und ihre Partner*innen stets kritisiert. Dennoch hatte die Klage für sichere elektronische Kommunikation zwischen Anwält*innen keinen Erfolg. Denn laut BGH ist das notwendige Sicherheitsniveau des beA, das Anwält*innen seit 2018 nutzen müssen, im Gesetz bisher nicht festgelegt. Jetzt ist der Gesetzgeber gefordert. „Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist inzwischen der anerkannte Mindeststandard in der elektronischen Kommunikation. Der Gesetzgeber muss sicherstellen, dass dieser Mindeststandard bei der vertraulichen anwaltlichen Kommunikation nicht unterschritten wird“, erklärt Ulf Buermeyer, Vorsitzender der GFF.
Die von der GFF zusammen mit zahlreichen Anwält*innen angestrengte Klage hatte das Ziel, die Betreiberin des beA, die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), zur Einführung einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu verpflichten. Eine solche Verschlüsselung ist der inzwischen allgemein anerkannte Sicherheitsstandard bei elektronischer Kommunikation und stellt sicher, dass niemand außer dem Sender und der Empfängerin den Inhalt der Nachricht einsehen kann. Das gegenwärtige beA sieht hingegen vor, dass Nachrichten an einer zentralen Stelle bei der BRAK „umgeschlüsselt“ werden. Dadurch haben nicht nur die BRAK, sondern möglicherweise auch Dritte technisch die Möglichkeit, die besonders vertrauliche anwaltliche Kommunikation mitzulesen.
Der BGH hat jetzt entschieden, dass Anwält*innen und vor allem auch ihre Mandant*innen nach der geltenden Rechtslage keinen Anspruch auf ein beA mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung haben. Grund dafür ist, dass die Bundesrechtsanwaltsordnung zwar festlegt, dass das beA sicher sein muss, aber nicht definiert, was genau damit gemeint ist. „Selbst Allerwelts-Software wie WhatsApp bietet selbstverständlich Ende-zu-Ende-Verschlüsselung an – warum dann nicht das beA? Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung ist der Gesetzgeber gehalten, das Gesetz anzupassen und Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eindeutig vorzuschreiben. Das gebietet auch der verfassungsrechtliche Schutz des Mandatsgeheimnisses. Nur wenn Informationen wirklich sicher sind, können sich Bürger vertrauensvoll an Anwältinnen wenden“, so Buermeyer.
Von der BRAK fordert die GFF nun einen Neustart: „Das beA war von Anfang an ein Sicherheits-Desaster. Außerdem ist das System sehr unkomfortabel und quälend langsam. Die BRAK sollte umgehend ein Update des Systems in Auftrag geben, das keine Hintertüren enthält und sich flüssig bedienen lässt“, so Buermeyer. Damit würde die BRAK auch ihren eigenen Worten Taten folgen lassen. Die BRAK hatte jüngst in einer eigenen Stellungnahme die Möglichkeit verschlüsselter Kommunikation als unabdingbare Grundvoraussetzung für die Gewährleistung des Mandatsgeheimnisses bezeichnet.
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