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Bundesverwaltungsgericht bestätigt: Videoüberwachung im Passauer Klostergarten rechtswidrig

Leipzig/Passau, 24. Mai 2024 – Das Bundesverwaltungsgericht hat am Mittwoch eine Beschwerde der Stadt Passau abgewiesen und bestätigt, dass die großflächige Videoüberwachung im Passauer Klostergarten das Grundrecht auf Privatsphäre verletzt. Es bestätigte damit die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Juni 2023: Der hatte dem Passauer Klägers Josef Ilsanker recht gegeben, der von der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstützt wurde. Nun ist rechtskräftig entschieden: Zu keinem Zeitpunkt bestand eine Gefährdungslage im Passauer Klostergarten, die eine großflächige Videoüberwachung und die damit verbundenen Einschränkungen von Grundrechten gerechtfertigt hätte.

„Heute steht endgültig fest, dass die hohen Anforderungen an großflächige Videoüberwachung immer gelten – unabhängig von der Rechtsgrundlage“, betont Jürgen Bering, Jurist bei der GFF. „Nun besteht keinerlei Rechtfertigung mehr, die Videoüberwachung fortzusetzen.“

Die Stadt Passau hatte 2018 begonnen, den belebten Platz im Stadtzentrum zu überwachen. Die Polizei hatte den Platz nicht überwachen können, weil die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht vorlagen: Der Klostergarten war kein Kriminalitätsbrennpunkt, die Deliktszahlen waren zum Zeitpunkt der Einrichtung der Überwachungsmaßnahme sogar rückläufig. Die Stadt Passau entschied deshalb kurzerhand, die Überwachungsmaßnahmen selbst durchzuführen und stützte sich auf eine Regelung im Bayerischen Datenschutzgesetz, die sie zur Sicherung ihres Eigentums ermächtigt, nicht zur Gefahrenabwehr.

Ilsanker hatte mit der GFF 2019 Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erhoben, die als unzulässig abgewiesen wurde. 2023 hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden: Dieser Rückgriff auf diese Rechtsgrundlage ändert nichts an den grundrechtlichen Anforderungen, insbesondere nichts an der notwendigen Abwägung mit den Rechten der betroffenen Bürger auf Datenschutz und Privatsphäre. Eine Überwachung ist deshalb rechtswidrig. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seiner Entscheidung keine Revision zugelassen. Dagegen wandte sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Stadt Passau. Mit der Abweisung der Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nun bestätigt.

Der Passauer Klostergarten wird täglich von Tausenden Menschen genutzt, zum Beispiel von Studierenden und Besucher*innen der Innenstadt. Die angebrachten Kameras, darunter zwei mit Schwenk- und Zoomfunktion, überwachten die fast 5.000 Quadratmeter des Klostergartens annähernd lückenlos und griffen tief in die Grundrechte ein, die sich an diesem öffentlichen Platz aufhielten.

„Endlich haben wir Gewissheit. Die Videoüberwachung war grundrechtswidrig und es gab keine prozessualen Gründe, die eine gerichtliche Überprüfung verhindern hätten können“, freut sich Kläger Josef Ilsanker. „Ich kann kaum erwarten, dass die Kameras nun abgebaut werden.“

Aus Sicht der GFF ist die Entscheidung ein wichtiges Signal, weil derzeit die Möglichkeiten zur Videoüberwachung in Polizei- und Versammlungsgesetzen immer mehr ausgeweitet werden. Maßnahmen werden immer häufiger auch auf andere Vorschriften gestützt, um die Anforderungen der Polizeigesetze zu umgehen. Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist und bleibt ein intensiver Eingriff in Grundrechte, der nur unter sehr engen Bedingungen zulässig ist.

Josef Ilsanker wurde von Dr. Simon Assion von der Kanzlei Bird & Bird vertreten. Die Klage geht auf die Initiative der damaligen Passauer-Jurastudierenden Till Casimir und Constantin Breß zurück.

Weitere Informationen zur Klage gegen die Videoüberwachung in Passau finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/passau

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Dr. Maria Scharlau
Tel. 030/5490810-55
presse@freiheitsrechte.org

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