Landesarbeitsgericht vertagt Entscheidung zur Entgeltgleichheit
Berlin, 18. Dezember 2018 - Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am Dienstag die Urteilsverkündung zur Klage einer Investigativ-Journalistin gegen das ZDF vertagt. Die Klägerin wird von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt und beraten.
Die Urteilsverkündung ist für den 5. Februar 2019 angesetzt. Das ZDF hat in dieser Zeit unter anderem noch Gelegenheit, zum Argument der Klägerin Stellung zu nehmen, dass ihr auch nach dem neuen Entgelttransparenz-Gesetz ein Auskunftsanspruch zusteht. Dazu GFF-Vorstandsmitglied Prof. Dr. Nora Markard: „Wir werten die Verschiebung als Zeichen dafür, dass es nach der Verhandlung nun doch noch einmal Beratungsbedarf gab. Das Gericht hatte die Verhandlung sehr detailliert vorbereitet. Trotzdem hat es sich dagegen entschieden, wie geplant schon am Verhandlungstag ein Urteil zu verkünden.“
Die Klägerin, eine preisgekrönte Journalistin aus der Redaktion „Frontal21“, hat zahlreiche Indizien dafür zusammengetragen, dass ihre männlichen Redaktionskollegen zum Zeitpunkt der Klageeinreichung mehr verdienen als sie, obwohl sie die gleiche Arbeit verrichten. In einer „Stufenklage“ verlangt sie zunächst Auskunft über die genauen Gehälter der männlichen Vergleichskollegen, um dann auf dieser Basis ihren Anspruch auf gleiche Bezahlung genau beziffern zu können. Zudem verlangt sie Schadensersatz; der Europäische Gerichtshof verlangt bei Diskriminierung eine effektive Sanktion des Arbeitgebers.
Daneben macht die Klägerin geltend, dass sie als Arbeitnehmerin zu behandeln ist. Die Journalistin wird bisher als sogenannte „Fest-Freie“ geführt und gilt daher nur als arbeitnehmerähnliche Person. Sie macht geltend, dass sie genauso eng in den Redaktionsbetrieb eingebunden ist wie ihre festangestellten Kollegen.
Das neue Entgelttransparenzgesetz bietet allerdings keinen Anspruch auf konkrete Auskünfte über die Vergleichsgehälter, sondern nur einen „Median“ (§ 11 Absatz 3 EntgTranspG), und das auch nur für das vergangene Jahr. Allerdings nennt das Gesetz als Auskunftsberechtigte nur „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“. Maßgeblich ist für dieses Gesetz das Unionsrecht, dort ist der Arbeitnehmerbegriff weit und erfasst auch sogenannte „arbeitnehmerähnliche Personen“. Ob der Klägerin deswegen der Anspruch zusteht, muss das Gericht nun erstmals für dieses neue Gesetz klären.
Dazu GFF-Vorstand Nora Markard: „Die heutige Verhandlung hat gezeigt, dass das Entgelttransparenz-Gesetz mehr Fragen aufwirft als es Antworten bietet. Aus unserer Sicht gibt das Gesetz den Betroffenen Steine statt Brot. Es ist zum Beispiel noch nicht geklärt, ob ein Median reicht, um gleichen Lohn einzuklagen. Außerdem enthält das Gesetz keine Verpflichtung für die Arbeitgeber, Diskriminierung zu beenden. Die Last, gegen den eigenen Arbeitgeber zu klagen, bleibt.“
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Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um die Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger und Klägerinnen mit exzellenten Juristen und Juristinnen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Verfassungsbeschwerden gegen den massenhaften Einsatz von Staatstrojanern und das Bayerische Polizeiaufgabengesetz.
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