Revisionsgericht stärkt Meinungsfreiheit im Internet
Berlin, 3. März 2020 – Das Bayrische Oberste Landesgericht hat die Verurteilung eines Mannes aufgehoben, der einen Presseartikel auf Facebook geteilt hatte. Der Mann war erstinstanzlich zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil der geteilte Presseartikel ein Foto enthielt, auf dem die verbotenen Symbole des sogenannten Islamischen Staates (IS) zu sehen waren. Gegen diese Entscheidung legte der Betroffene mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) erfolgreich Revision ein: Das Urteil verletzte die Meinungsfreiheit.
„Das Revisionsurteil ist eine große Erleichterung und ein wichtiger Schritt für Meinungsfreiheit im Netz“, sagt Lea Beckmann, Juristin bei der GFF. „Wir sehen unsere Rechtsauffassung bestärkt: Das Verbreiten legaler Presseberichterstattung ist in aller Regel von der Meinungsfreiheit gedeckt. Strafbar kann es nur unter besonderen Umständen sein – zum Beispiel, wenn ein Medienbericht mit Symbolen verbotener Organisationen eindeutig zu Propagandazwecken geteilt wird.“
Der Beitrag mit den verbotenen IS-Symbolen wurde von der Deutschen Welle (DW) veröffentlicht, dem Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland. Der Sender befasste sich in seinem Artikel kritisch mit Waffenlieferungen nach Syrien und illustrierte dies mit einem Bild von IS-Kämpfern, das auch deren verbotene Symbole enthielt. Nach § 20 Vereinsgesetz ist es grundsätzlich verboten, Symbole verbotener Organisationen zu verbreiten. Dadurch soll verhindert werden, dass die Symbole zu Propagandazwecken verbreitet oder verharmlost werden. Presseerzeugnisse sind von dem Verbot ausgenommen.
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat mit am 18. Februar zugestellten Beschluss das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Fall an das Amtsgericht Augsburg zurückverwiesen, das nun erneut entscheiden muss. Es kann das Verfahren einstellen, auch eine neuerliche Verurteilung des Angeklagten ist möglich. Dafür müsste sich das Gericht diesmal aber differenzierter mit der Meinungsäußerung des Angeklagten auseinandersetzen. Verurteilt werden darf der Mann nur, wenn das Gericht zweifelsfrei zu dem Schluss kommt, dass er den DW-Artikel nicht geteilt hat, um sich mit dessen Inhalten auseinander zu setzen – sondern etwa, um Propaganda für den IS zu machen.
„Mein Mandant und ich sind zufrieden, dass das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben wurde“, sagt Rechtsanwältin Johanna Künne. „Im Sinne der Rechtssicherheit hätten wir uns aber eine grundsätzliche Stellungnahme des Gerichts dazu erhofft, ob die Ausnahme vom strafrechtlichen Verbot, die für Presseberichterstattung gilt, auch für das Weiterverbreiten in sozialen Medien fortgelten muss.“
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