Pressemitteilung: Diskriminierung ist nicht gemeinnützig
Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt Klage gegen Traditionsverein, der Frauen vom "Ausfischen" ausschließt
Berlin, 13. November 2019 - Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt das Klageverfahren gegen einen bayrischen Traditionsverein und begrüßt die Initiative des Bundesfinanzministers Olaf Scholz, dass Vereinen die Gemeinnützigkeit entzogen wird, wenn sie ohne sachlichen Grund Frauen (oder Männer) ausschließen.
Ob Schützenfest, Ravensburger Rutenfest oder Königsfischen: Brauchtumspflege ist in Deutschland oft Männersache. In vielen Vereinen sind Frauen per Satzung explizit von der Mitgliedschaft oder der Teilnahme an traditionellen Ritualen ausgeschlossen. Bislang werden solche Vereine dennoch als gemeinnützig anerkannt, erhalten staatliche Zuschüsse und Steuervorteile.
„Es kann nicht sein, dass Vereine, die willkürlich Frauen von ihren Aktivitäten ausschließen, auch noch staatlich gefördert werden“, sagt Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. „Es wird Zeit, diese Diskriminierung zu beenden und das Gemeinnützigkeitsrecht anzupassen.“
Die GFF unterstützt deshalb einen Fall, der dieses Problem exemplarisch aufzeigt und die Diskriminierung beenden möchte: Die Klägerin ist seit 25 Jahren Vereinsmitglied. Der Verein veranstaltet einmal im Jahr den Fischertag, an dem der Stadtbach ausgefischt und der Fischerkönig gekürt wird. Eine Fischerkönigin gab es noch nie. Frauen und Mädchen dürfen nicht am traditionellen Ausfischen in Memmingen teilnehmen. Die Memmingerin will dies nicht länger hinnehmen und klagt auf gleichberechtigte Teilnahme, nachdem die vorgeschlagene Satzungsänderung mehrfach abgelehnt worden ist.
„Ich finde es absolut überholt, dass 7-jährige Mädchen in Memmingen dabei zuschauen müssen, wie ihre Brüder und Klassenkameraden in den Bach springen, selbst aber nicht dürfen. Kinder sollten nicht mehr mit diesem Rollenbild aufwachsen“, sagt die Klägerin. „Für mich schließen sich Brauchtum und Gleichberechtigung nicht aus.“
Der Bundesfinanzhof hatte schon 2017 entschieden, dass eine Organisation wie eine Freimaurerloge, die Frauen von zentralen Ritualen ausschließt, nicht gemeinnützig ist. Mit seinem aktuellem Vorschlag fordert der Bundesfinanzminister Olaf Scholz nunmehr völlig zu Recht die umfassende Berücksichtigung dieser Entscheidung durch die lokalen Finanzämter.
Mehr erfahren: https://freiheitsrechte.org/gleichberechtigung-im-fischertagsverein/
Das Verfahren wird von Rechtsanwältin Dr. Susann Bräcklein geführt. Um die Klage zu finanzieren ruft die Bürgerrechtsorganisation die Öffentlichkeit zu Spenden auf: https://freiheitsrechte.org/frauenverbot-bei-den-stadtbachfischern/
Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter presse@freiheitsrechte.org oder unter 030 549 08 10 55 zur Verfügung.
Rechtsanwältin Dr. Susann Bräcklein steht Ihnen unter kanzlei@braecklein.com zur Verfügung.
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert Gerichtsverfahren, um Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger und Klägerinnen mit exzellenten Juristen und Juristinnen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Klagen gegen die Massenüberwachung von Flugpassagieren und Verfassungsbeschwerden gegen den massenhaften Einsatz von Staatstrojanern, zuletzt im neuen Polizeigesetz in Hessen, aber auch die Klage einer Journalistin gegen Entgeltdiskriminierung.
Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V., Hessische Straße 10, D-10115 Berlin
Vertreten durch den Vorstand: Dr. Ulf Buermeyer, Dr. Boris Burghardt, Prof. Dr. Nora Markard.
Secretary General: Malte Spitz
Rechtliche Hinweise: https://freiheitsrechte.org/impressum/