Zum Inhalt springen
Marie Munk Initiative Hate Speech
Photo by Firmbee.com on Unsplash
Demokratie und Grundrechte
Art. 1

Die Marie-Munk-Initiative – Mit Recht gegen Hass im Netz

Wir bereiten ein Gesetz zum Digitalen Gewaltschutz vor.

Digitale Gewalt ist nicht nur quälend für die betroffene Person – sie ist auch eine Gefahr für unsere Demokratie. Denn nur wenn Bürger*innen ihre Meinung (angst-)frei äußern können, herrscht ein Klima, das einer lebendigen Demokratie gerecht wird. Mit der Marie-Munk-Initiative rufen wir gemeinsam mit der Alfred Landecker Foundation ein Projekt ins Leben, das Grundrechte auch im digitalen Raum verteidigt. Botschafter des Projektes ist der Pianist Igor Levit. Die Initiative ist benannt nach der gleichnamigen Berliner Richterin

Erstes Ziel der Marie-Munk-Initiative ist es einen Entwurf für ein Digitales Gewaltschutzgesetz zu erarbeiten. Damit soll eine rechtliche Grundlage für die gerichtliche Sperrung von Accounts geschaffen werden, die strafrechtlich relevante Inhalte verbreiten. Anders als bisher sollen Gerichte Accounts sperren können, ohne die Person dahinter identifizieren zu müssen. Diese Strategie kommt ganz ohne Klarnamenpflicht und Datenspeicherung aus und hat zum Ziel auch die Grundrechte der Nutzer*innen zu bewahren. Das geplante Digitale Gewaltschutzgesetz soll der neuen Bundesregierung als Blaupause dienen – und die Verantwortung weg von privaten Unternehmen zurück zum Rechtsstaat führen. Neben Accountsperren fordert die Marie-Munk-Initiative den Aus- und Aufbau von Beratungs- und Hilfsangeboten für Menschen, die von digitaler Gewalt betroffen sind.

Kantar Studie zu digitaler Gewalt zeigt: Wir müssen jetzt handeln

Wie dringend das Thema digitaler Gewaltschutz angegangen werden muss, zeigt eine von der GFF in Auftrag gegebene, mit 1000 repräsentativ ausgewählten Befragten durchgeführte Studie: 67 Prozent der Befragten haben angegeben, im Netz bereits Hass und Hetze erlebt zu haben. Jede*r Fünfte wurde bereits im Internet beleidigt, bei jungen Frauen war sogar jede Vierte von digitaler Gewalt betroffen. Darüber hinaus hat jede dritte junge Frau Angst davor, dass im Netz intime Bilder von ihr veröffentlicht werden.

Der Bedarf an effektiven Maßnahmen und Strategien ist da – und damit auch ein Auftrag für die neue Bundesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag ein Digitales Gewaltschutzgesetz angekündigt hat. Unsere Studie zeigt aber auch: Nur wenige der Befragten haben Vertrauen in die Parteien, wenn es darum geht effektive und konsequente Maßnahmen für den Umgang mit digitaler Gewalt zu entwickeln. Mit 13 Prozent trauen die Befragten das der SPD noch am ehesten zu, der Rest der Parteien schafft es nicht über einen einstelligen Wert hinaus.

Die Studie Digitaler Gewaltschutz, durchgeführt von Kantar Public (2021), finden Sie hier:

Social Media Plattformen kommen ihrer Verantwortung nicht nach

Die Vergangenheit zeigt, dass Social-Media-Plattformen bei digitaler Gewalt nicht konsequent genug durchgreifen. Diese Meinung herrscht auch in der Bevölkerung vor, wie unsere Studie zeigt: Mehr als 60 Prozent der Befragten sagen, dass die Plattformen nicht ausreichend gegen Hass vorgehen, um Nutzer*innen zu schützen: Insbesondere Twitter (82 Prozent) und Instagram (74 Prozent) schnitten hier laut unserer Studie schlecht ab – und sind gleichzeitig die Orte, wo insbesondere Frauen* digitale Gewalterfahrungen machen. Gleichzeitig zeigt unsere Studie, dass die Befragten sich eine Verlagerung der Verantwortlichkeit wünschen. Mehr als 70 Prozent sind dafür, dass nicht die Plattformen, sondern Gerichte über die Sperrung von Accounts entscheiden sollten. Fast 90 Prozent stimmen außerdem zu, dass Gerichte die Möglichkeit haben sollten, im Falle von Rechtsverstößen einzelne Social Media Konten zu sperren – und dies ohne die dahinterstehenden Person identifizieren zu müssen. Wichtig ist: Ein Strafverfahren gegen die verantwortlichen Personen können die zuständigen Behörden unabhängig davon aufnehmen. Der Ansatz der Marie-Munk-Initiative ist so angelegt, dass prioritär Betroffenen schnell geholfen werden kann.

ECKPUNKTE FÜR EIN DIGITALES GEWALTSCHUTZGESETZ

Im Dezember 2022 haben wir unsere Eckpunkte für ein Digitales Gewaltschutzgesetz vorgestellt. Es braucht:

  1. zukunftsoffene Anspruchsgrundlagen, die die Probleme gezielt adressieren,
  2. vereinfachte Verfahren, in denen Gerichte rechtsstaatlich effektiv entscheiden, und
  3. die Möglichkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen, Betroffene in den Verfahren zu unterstützen oder auch Verfahren eigeninitiativ zu führen.

Ein Digitales Gewaltschutzgesetz sollte Richter*innen ermächtigen, die erforderlichen und im Einzelfall verhältnismäßigen Maßnahmen zu treffen, um digitale Gewalt zu beenden und weitere Verletzungen abzuwenden. Zu diesen Maßnahmen gehören insbesondere zeitweilige oder auch dauerhafte Accountsperren. Das ist gerade für die Fälle nötig, in denen die Plattformen aufgrund ihrer Nutzungsbedingungen Accounts nicht sperren, obwohl deren Handlungen gegen nationales Recht verstoßen, und/oder in denen sie die eigenen (wirtschaftlichen) Interessen über die Grundrechte der Betroffenen stellen. Neben Betroffenen selbst sollten dabei auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die Betroffene beraten und digitale Gewalt bekämpfen, entsprechende Gewaltschutzanträge bei Gericht stellen und die Verfahren im eigenen Namen führen können.

Unsere Eckpunkte für ein Digitales Gewaltschutzgesetz (Stand Dezember 2022) finden Sie hier:

STELLUNGNAHMEN ZUM DEMOKRATIEFÖRDERGESETZ

Gemeinsam mit unseren Partner-Organisationen aus dem Bündnis F5 (Algorithmwatch, Gesellschaft für Freiheitsrechte, Open Knowledge Foundation Deutschland, Reporter ohne Grenzen, Wikimedia Deutschland) bringen wir uns in das aktuell laufende Gesetzgebungsverfahren zum sog. Demokratiefördergesetz (Gesetz zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung Extremismusprävention und politischen Bildung) ein. Wir haben bislang zwei Stellungnahmen bei den zuständigen Ministerien eingereicht. Wir fordern darin u.a., den Einsatz gegen digitale Gewalt und entsprechende Beratungsangebote für betroffene Personen als eigenständiger förderungswürdiger Gegenstand in das Gesetz aufzunehmen. Auch personenbezogene digitale Gewalt hat unmittelbare Auswirkungen auf die demokratische Teilhabe. Hassrede, Desinformation und digitale Gewalt sind Gefahren für unsere Grundrechte. Ein Demokratiefördergesetz muss daher die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements in diesen Bereichen und die Förderung von Beratungsangeboten gemeinsam adressieren.

Unsere Stellungnahmen zum Demokratiefördergesetz finden Sie hier: