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Eine Person arbeitet am Computer. Es sind verschiedene Grafiken zu sehen. © Unsplash
Demokratie und Grundrechte
Art. 5

Unzulässige Überwachung: Wissenschafts­verlage tracken die Aktivitäten von Forscher*innen

Wissenschaftsverlage sammeln in immer größerem Ausmaß Daten von Forschenden - und verletzten damit die Wissenschaftsfreiheit. Gemeinsam mit Prof. Björn Brembs erheben wir deshalb eine Datenschutzbeschwerden gegen die rechtswidrige Datenverarbeitung auf Verlagswebseiten.

Gemeinsam mit Prof. Björn Brembs erhebt die GFF beim Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg eine Datenschutzbeschwerde gegen die rechtswidrige Datenverarbeitung auf Verlagswebseiten. Das Tracking von Wissenschaftler*innen durch Verlage beginnt bereits beim ersten Zugriff auf Verlagsangebote. Auf ihren Rechercheportalen erheben die Verlage ohne Einwilligung Daten über die Nutzer*innen ihrer Dienste. Forschende stehen diesem Datentracking oft schutzlos gegenüber, denn sie haben keine andere Wahl, als die Dienste von großen Verlagen zu nutzen. Mit unserer Beschwerde wollen wir den Missbrauch sensibler Daten von Forschenden verhindern und die Wissenschaftsfreiheit stärken.
Joschka Selinger

Joschka Selinger

Jurist und Verfahrenskoordinator

Wissenschaft und Forschung sind nur frei, wenn sie frei von Überwachung sind. Wissenschaftler*innen müssen darauf vertrauen können, dass Verlage ihre besonders sensiblen Daten schützen. Dass große Wissenschaftsverlage schon bei ihren Recherchetools gegen elementare Prinzipien des Datenschutzes verstoßen, zeigt, dass die Verlage diese Verantwortung nicht ernst nehmen.

Die großen Wissenschaftsverlage haben ihr Geschäftsmodell zunehmend vom klassischen Publikationswesen hin zu datenbasierten Informationsdiensten verlagert. Sie bieten Wissenschaftler*innen, Hochschulen und Bibliotheken ein Bündel von Informationsdiensten und Tools an, das ihnen ermöglicht, das Verhalten von Forschenden über den gesamten Forschungszyklus zu tracken – von der Literaturrecherche bis zur Veröffentlichung. Mit Hilfe der gesammelten Daten können umfassende Profile von Wissenschaftler*innen erstellt werden, die tiefe Einblicke in deren Forschungstätigkeiten erlauben.

Die Sammlung sensibler Daten durch Verlage birgt die Gefahr des Missbrauchs. Zum einen kann das Bekanntwerden von Forschungsinhalten und -verhalten zur persönlichen Diskriminierung einzelner Wissenschaftler*innen führen. Zum anderen bezahlen Forschende oft unbewusst mit sensiblen Daten für diese Dienste, was zu einem Kontrollverlust führt und die Freiheit der Forschung strukturell bedroht.

Unerlaubte Cookies sind nur die Spitze des Eisbergs

Auf ihren Rechercheportalen erheben Verlage rechtswidrig Daten über die Nutzer*innen ihrer Dienste, indem sie ohne Einwilligung zahlreiche Cookies setzen. Bei diesen handelt es sich nicht nur um Cookies für ihre eigenen Dienste, sondern auch um Cookies großer amerikanischer Unternehmen, die Daten sammeln und Verhaltensdatenprofile erstellen. Besonders problematisch ist, dass die Verlage die Daten deutscher Forschender teilweise direkt in die USA übermitteln, wodurch die Weitergabe persönlicher Daten an amerikanische Behörden drohen kann.

Gegen diesen unzulässigen Einsatz von Cookies durch die Wissenschaftsverlage Springer, Wiley und Nomos erheben wir Datenschutzbeschwerde bei beim Landesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg. Wir wollen damit erreichen, dass die Rechercheportale der Verlage datenschutzkonform gestaltet sind und die Wissenschaftler*innen die Kontrolle über die Nutzung der Daten behalten.

Forschung muss unabhängig bleiben

In der Ausspähung von Wissenschaftler*innen liegt eine erhebliche Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit. Denn Forschung bleibt nur dann unabhängig, wenn Dritte keinen Einblick in Forschungsinhalte und das Nutzungsverhalten von Forschenden nehmen können. Statt dass Verlage aus den Daten von Wissenschaftler*innen ein Geschäft machen, müssen sie die sensiblen Daten von Forschenden schützen. Unsere Beschwerden sind deshalb ein erster Schritt, um weitergehende Veränderungen im Umgang der Verlage mit den Daten der Forschenden zu bewirken.

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