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Studie Pressefreiheit Zeitungen von MichaelGaida, lizensiert unter Pixabay License
Demokratie und Grundrechte
Art. 5

Gefahr für die Pressefreiheit: Investigativ-Journalist wegen Zitaten aus Gerichtsbeschluss verurteilt

Die Strafnorm § 353 d Nr. 3 StGB verbietet es aus Dokumenten zu laufenden Strafverfahren zu zitieren und verletzt damit die Pressefreiheit. Der Investigativjournalist Carsten Janz wurde auf Grundlage der Norm verurteilt – wir unterstützen ihn in seinem Revisionsverfahren

Die GFF unterstützt den Investigativ-Journalisten Carsten Janz im Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg. Janz hatte 2023 zwei kurze Passagen aus einem Gerichtsbeschluss in einem Artikel veröffentlicht. In zwei Instanzen wurde er daraufhin wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen nach § 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. Der Fall macht deutlich, wie die Strafnorm die Pressefreiheit gefährdet und journalistische Arbeit unter Druck setzt
Benjamin Lück

Benjamin Lück

Jurist und Verfahrenskoordinator

„Journalist*innen müssen ohne Angst prägnante Formulierungen aus gerichtlichen Entscheidungen in laufenden Strafverfahren zitieren dürfen. Nur so können beispielsweise Urteile oder gerichtlich festgestelltes rechtswidriges Behördenhandeln fundiert kritisiert und für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden. Carsten Janz‘ Fall zeigt, dass selbst kürzeste Zitate unter Strafe stehen – eine massive Gefahr für die Pressefreiheit.“

Im Dezember 2023 berichtete Carsten Janz auf dem Nachrichtenportal t-online über ein laufendes Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg im Zusammenhang mit einem Amoklauf. In seinem Artikel zitierte er zwei kurze Passagen aus einem Beschluss des Landgerichts Hamburg, der eine durchgeführte Hausdurchsuchung für rechtswidrig erklärte. Zunächst das Amtsgericht Hamburg und dann das Landgericht Hamburg verurteilten ihn dafür nach § 353d Nr. 3 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen.

Zitate aus Dokumenten zu laufenden Verfahren sind verboten

Die Strafnorm verbietet es „die Anklageschrift oder andere amtliche Dokumente eines Strafverfahrens […] ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut“ öffentlich mitzuteilen, wenn diese zu einem laufenden Verfahren gehören. Praktisch bedeutet das, dass es verboten ist, wörtlich aus solchen Dokumenten zu zitieren – Carsten Janz‘ Fall zeigt, dass dies sogar für sehr kurze Zitate gilt. Paraphrasen sind zwar grundsätzlich möglich. Um sich mit gerichtlichen Argumenten auseinanderzusetzen, kommt es aber häufig auf deren Wortlaut an. Die Norm macht Zitate im Wortlaut unmöglich und schränkt damit die Pressefreiheit ungerechtfertigt ein.

Norm sieht keine Ausnahmen vor

Die Vorschrift soll dazu dienen, Persönlichkeitsrechte von Verfahrensbeteiligten zu schützen, und außerdem verhindern, dass Laienrichter*innen oder Zeug*innen in einer späteren Hauptverhandlung beeinflusst werden. Dass sie dabei keine Ausnahmen für journalistische Berichterstattung vorsieht, ist grundrechtlich problematisch. Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Bundesgerichtshof (BGH) betonen in ihrer Rechtsprechung, solche Erwägungen müssten stets gegen die Pressefreiheit abgewogen werden. Der BGH hat sogar schon konkret angezweifelt, dass § 353d Nr. 3 StGB verfassungsmäßig ist.

GFF vertritt auch Arne Semsrott

Die GFF ist auch im Strafverfahren des FragDenStaat-Chefredakteurs Arne Semsrott aktiv, den das Landgericht Berlin im Oktober 2024 ebenfalls wegen eines Verstoßes gegen die Norm schuldig gesprochen hatte. Wir haben mit ihm gegen dieses Urteil Revision eingelegt und ziehen gemeinsam vor den BGH.

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