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Demokratie und Grundrechte
Art. 5

Abhörmaßnahme bei der Letzten Generation verletzt Pressefreiheit

Wir gehen mit Reporter ohne Grenzen und drei Journalisten gegen das Abhören des Pressetelefons der Letzten Generation vor Gericht. Die Strafverfolgungsbehörden nahmen bewusst in Kauf, vertrauliche journalistische Gespräche abzuhören – ein Verstoß gegen die Pressefreiheit.

Gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen (RSF) und drei Journalisten hat die GFF einen Antrag beim Amtsgericht München eingereicht, um die Abhörmaßnahmen der Generalstaatsanwaltschaft München gegen das Pressetelefon der Letzten Generation gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Organisation hatte die Telefonnummer gezielt bereitgestellt, um journalistische Anfragen und Pressekontakte entgegennehmen zu können. Die Staatsanwaltschaft und das anordnende Gericht mussten daher wissen, dass die Ermittler*innen laufend Gespräche von Journalist*innen mit der Organisation abhören würden. Das Amtsgericht München hat die Überwachungsmaßnahme im November als rechtmäßig anerkannt. Die GFF und RSF ziehen deshalb mit zwei Journalisten vor das Landesgericht München. Ziel ist, gerichtlich feststellen lassen, dass dieses gezielte Abhören journalistischer Gespräche mit der 'Letzten Generation' die Pressefreiheit verletzt.
Benjamin Lück

Benjamin Lück

Jurist und Verfahrenskoordinator

„Recherchen zu Protestgruppen und das Auftun von Quellen sind elementarer Ausdruck der Pressefreiheit. Wenn Journalist*innen befürchten müssen, dass ihre Gespräche abgehört werden, ist die freie Berichterstattung in Gefahr. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Generalstaatsanwaltschaft und das Amtsgericht die Pressefreiheit offensichtlich komplett außer Acht gelassen haben.“

Amtsgericht München: Maßnahme ist rechtmäßig

Gemeinsam mit den drei Journalisten Ronen Steinke (SZ), Henrik Rampe (frei) und Jörg Poppendieck (rbb) sind wir vor das Amtsgericht München gezogen. Sie alle hatten sich über das Pressetelefon mit der Letzten Generation ausgetauscht und waren von der Abhörmaßnahme betroffen.

Ronen Steinke, rechtspolitischer Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, betont: „Journalistengespräche abhören, ununterbrochen, monatelang, und die Abgehörten auch hinterher darüber im Dunkeln lassen - ein solcher Übergriff des Staates höhlt die Pressefreiheit aus. Vertrauliche Gespräche sind für unabhängigen Journalismus essenziell.“

„Diese drei Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Angesichts der medialen Präsenz der Letzten Generation im Überwachungszeitraum ist die Zahl der potenziell betroffenen Medienschaffenden unüberschaubar groß“, bekräftigt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. Nach Einsicht in die Akten zur Abhörmaßnahme haben wir für die zwei Antragsteller Ronen Steinke und Henrik Rampe den Antrag zurückgenommen und dafür im Namen von Jan Heidtmann, ebenfalls Journalist bei der Süddeutschen Zeitung, einen weiteren Antrag auf Überprüfung der Maßnahme gestellt. Diese hat das Amtsgericht im November 2023 abgewiesen.

Beschwerde am Landesgericht München

Gemeinsam mit RSF und den zwei Journalisten Jörg Poppendieck (rbb) und Jan Heidtmann (SZ) haben wir Beschwerde gegen Beschlüsse des Amtsgerichts München eingelegt. Nun muss das Landgericht München entscheiden. Das Amtsgericht erkannte die Abhörmaßnahmen der Generalstaatsanwaltschaft München gegen das Pressetelefon der 'Letzten Generation' als rechtmäßig an.

Der Eingriff in die Pressefreiheit sei ausreichend begründet gewesen. Die GFF und RSF sehen in den Beschlüssen einen klaren Verstoß gegen die Pressefreiheit, da das Gericht das Grundrecht in der ursprünglichen Anordnung der Überwachung noch nicht einmal erwähnt hat.

Vorwurf der Bildung einer "kriminellen Vereinigung"

Hinter dem Abhören des Pressetelefons steht das Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation wegen des Vorwurfs der Bildung einer „kriminellen Vereinigung“. Laut Süddeutscher Zeitung hörten die Ermittler*innen von Oktober 2022 bis April 2023 Gespräche von insgesamt 13 Telefonanschlüssen ab, darunter das Pressetelefon der Organisation. Darauf gingen auch tatsächlich weit überwiegend Anrufe von Medienschaffenden ein. Trotzdem ergriffen die Behörden diese weitreichende, heimliche Ermittlungsmaßnahme und gefährdeten damit die Pressefreiheit. Das zeigt, welche weitreichenden gesellschaftlichen Folgen allein schon die Aufnahme von Ermittlungen wegen des Vorwurfs der „kriminellen Vereinigung“ hat.

Das Abhören des Pressetelefons ist ein weiterer Beleg für das repressive Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Kontext von Klimaprotesten. Rechtsstaatliche und grundrechtliche Grenzen werden dabei immer wieder bewusst überschritten. Das Verfahren von RSF und der GFF zielt darauf ab, die grundrechtlichen Grenzen für das Abhören von Pressetelefonen solcher Organisationen gerichtlich klären zu lassen und Rechtssicherheit für Journalist*innen zu schaffen. Die Antragsteller werden vertreten von der Rechtsanwältin Nicola Bier.

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