IMSI-Catcher
Die Überwachung mit IMSI-Catchern darf nur unter strengen Auflagen gestattet sein. Deshalb haben wir Privacy International in Großbritannien in einem strategischen Verfahren mit einer Stellungnahme eingesetzt.
Unbemerkte Überwachung
IMSI-Catcher dienen zur Überwachung von Personen anhand ihrer Mobiltelefone. IMSI steht dabei für International Mobile Subscriber Identity (IMSI). Dies ist eine Nummer, die auf der Mobilfunkkarte gespeichert ist und anhand derer die Karte eindeutig identifiziert werden kann. IMSI-Catcher geben sich als Funkzelle eines Netzbetreibers aus, um die IMSI-Nummern von Mobiltelefonen auszulesen. Durch ihr stärkeres Signal wählen sich Mobiltelefone in der näheren Umgebung automatisch in den IMSI-Catcher ein. Dies bleibt von den Nutzer*innen unbemerkt.
Einmal in den ISMI-Catcher eingewählt kann dieser das zugehörige Telefon verorten und Telefonate abhören. Somit können sämtliche Personen in einem bestimmten Umkreis überwacht und zum Beispiel die Teilnehmer*innen von Demonstrationen oder anderen Großveranstaltungen erfasst werden.
Unklare Verwendung von IMSI-Catchern durch britische Behörden
Im Oktober 2016 zeigte eine Recherche des Bristol Cable, dass verschiedene Polizeibehörden in Großbritannien IMSI-Catcher gekauft hatten. Privacy International reichte daraufhin eine Reihe von Anträgen auf Informationsfreiheit ein, die sich an verschiedene Polizeibehörden, das Innenministerium und den National Police Chief’s Council richteten. Darin fragte Privacy International Informationen zu dem Kauf und zur Verwendung von IMSI-Catchern durch die britische Polizei an.
Alle kontaktierten Behörden gaben an, weder bestätigen noch dementieren zu können („neither confirm nor deny“), ob sie über einschlägige Informationen zu IMSI-Catchern verfügten. Die zuständige britische Datenschutzbehörde, das Information Commissioner’s Office (ICO), bestätigte, dass die Verweigerung von Informationen auf Grundlage der „neither confirm nor deny“-Policy rechtens sei. Gegen die Entscheidung des ICO reichte Privacy International daraufhin am 7. August 2018 eine Klage ein.
Informationspflichten beim Einsatz von ISMI-Catchern
Die vom GFF-Vorsitzenden Ulf Buermeyer verfasste Stellungnahme unterstützt dieses Verfahren mit einer Darstellung der deutschen Rechtslage. Denn auch in Deutschland nutzen Polizeibehörden auf Länder- wie auf Bundesebene IMSI-Catcher. Dabei unterliegen sie Benachrichtigungs- und Berichtspflichten. Wenn in Strafermittlungsverfahren oder in der Arbeit der Bundeskriminalpolizei IMSI-Catcher eingesetzt werden, müssen die betroffenen Personen innerhalb von 12 Monaten nach der Beendigung der Maßnahme darüber informiert werden. Außerdem muss der Einsatz von IMSI-Catchern durch Bundesbehörden dem Parlamentarischen Kontrollgremium gemeldet werden, welches Berichte mit den wichtigsten Daten zur Nutzung von IMSI-Catchern veröffentlicht.
In der Stellungnahme hebt Ulf Buermeyer auch die Rolle parlamentarischer Anfragen hervor. Die Nutzung von IMSI-Catchern wurde vielfach aufgrund parlamentarischer Anfragen auf Bundes- und Länderebene öffentlich. Insbesondere durch kleine Anfragen in den Länderparlamenten in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Bremen wurden genaue Informationen zum Einsatz von ISMI-Catchern öffentlich. Die Daten ergeben ein detailliertes Bild davon, wo und wie oft IMSI-Catcher in dem jeweiligen Jahr und Bundesland eingesetzt wurden.
Überwachung nicht ohne Rechenschaftspflichten
Die GFF verteidigt Grund- und Menschenrechte in Deutschland – aber auch darüber hinaus. In einem Rechtsstaat dürfen Polizeibehörden den Einsatz von Überwachungstechnologie nicht nach Gutdünken verfügen. Zu den rechtsstaatlichen Vorkehrungen gehören nicht nur hohe Voraussetzungen für den Einsatz verdeckter Überwachungsmethoden, sondern auch umfangreiche Informationspflichten der Organe, die sie anwenden. Dem wird die „neither confirm nor deny“-Strategie der britischen Behörden nicht gerecht, zumal es sich bei IMSI-Catchern um eine sehr invasive Überwachungstechnolgie handelt. Mit dem „Witness Statement“ hat die GFF aufgezeigt, dass die in Deutschland geltenden strengeren Informationspflichten sowohl notwendig als auch praktikabel sind. Im Dezember 2019 haben gleichwohl zwei britische Gerichte die Klage abgewiesen. Privacy International hat sich entschieden, keine Rechtsmittel einzureichen.
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