
Intransparentes Inhalte-Löschen und Account-Blocking gefährdet Grundrechte
Gelöschte Beiträge und gesperrte Accounts – ohne ausreichende Begründung verstoßen Moderationsentscheidungen von Meta, TikTok, LinkedIn und Google gegen EU-Recht. Wir legen auf Grundlage des Digital Services Act Beschwerden ein und unterstützen Betroffene.
Social-Media-Plattformen entscheiden täglich, welche Inhalte sichtbar bleiben und welche gelöscht, eingeschränkt oder herabgestuft werden. In Extremfällen werden Accounts von Nutzer*innen eingeschränkt oder komplett gesperrt.
Diese Moderationsentscheidungen begründen Plattformen gegenüber betroffenen Nutzer*innen oftmals nur unzureichend. Teilweise wird in Begründungen nur allgemein auf einen Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen. Die Auswirkungen auf die Meinungs-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit sind gravierend: Wenn unklar bleibt, nach welchen Kriterien Inhalte gelöscht oder Accounts eingeschränkt werden, lässt sich systematische Diskriminierung und Unterdrückung bestimmter Meinungen im öffentlichen Diskurs nicht verhindern.
Moderationsentscheidungen müssen transparent sein
Wir setzen uns dafür ein, dass Plattformen klar und nachvollziehbar darlegen, nach welchen Regeln sie Inhalte moderieren. Mit unseren Beschwerden, die einen Verstoß gegen Artikel 17 des Digital Services Act (DSA) beanstanden, fordern wir, dass Nutzer*innen erfahren, warum ihre Beiträge gelöscht oder ihre Accounts eingeschränkt wurden. Artikel 17 des DSA schreibt Mindestangaben für eine Begründung vor und fordert etwa eine Bezugnahme zu den konkreten Umständen des Einzelfalls. Denn nur so können sich Betroffene informiert und begründet gegen fehlerhafte Maßnahmen wehren.
Mit unseren Beschwerden wollen wir dafür sorgen, dass digitale Räume fair und offen bleiben, anstatt durch willkürliche Entscheidungen eingeschränkt zu werden. Zusätzlich setzen wir uns in Einzelfällen direkt für Betroffene ein.
Widerspruch gegen die Entfernung eines Videos von @nerdikuss auf TikTok
Im Oktober 2024 haben wir über das interne Beschwerdemanagement von TikTok Widerspruch gegen die Entfernung eines Videos von @nerdikuss eingelegt. TikTok hatte die Entfernung damit begründet, dass ein Verstoß gegen die Regeln zu Belästigung und Mobbing aus seinen Community-Richtlinien vorliege.
In unserem Widerspruch haben wir gerügt, dass die Entscheidung bereits formell fehlerhaft war, da sie entgegen den Anforderungen aus Artikel 17 DSA nur unzureichend begründet wurde. Insbesondere fehlte eine Erläuterung welcher konkrete Teil des Videos aus welchem Grund gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen haben soll. Darüber hinaus hat TikTok entgegen den Vorgaben aus Art. 14 Abs. 4 DSA nicht ausreichend berücksichtigt, dass @nerdikuss mit seinem Video in zulässiger Weise von seiner Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hat.
In dem Video setzte er sich kritisch mit einem anderen TikTok-Video auseinander und zeigte sachlich auf, wie dieses das Thema „Spiking“ – die heimliche Zuführung von Substanzen, um ein Opfer, meist Frauen, ohne deren Wissen oder Zustimmung zu schädigen – verharmlost und dadurch eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt unterstützt. Anhaltspunkte dafür, dass der Post eine Form von Belästigung oder Mobbing darstellen könnte, sind nicht erkennbar. Während das Video, auf das @nerdikuss Bezug nimmt, weiterhin auf der Plattform abrufbar und auffindbar ist, wurde sein eigenes Video entfernt. Infolge unseres Widerspruchs wurde das Video von @nerdikuss schließlich wiederhergestellt.
Widerspruch gegen die Accountsperre von @melke_1
Im Oktober 2024 haben wir über das interne Beschwerdemanagement von TikTok Widerspruch gegen die Accountsperre von @melke_1 eingelegt. TikTok hatte die Sperre mit einem Verstoß gegen seine Community-Richtlinien begründet.
In unserem Widerspruch haben wir gerügt, dass die Entscheidung bereits formell fehlerhaft war, da sie entgegen den Anforderungen aus Artikel 17 DSA nur unzureichend begründet wurde. Die Begründung beschränkte sich auf einen allgemeinen Hinweis auf den Verstoß der Community-Richtlinien, ohne weiter zu erläutern, welche konkrete vertragliche Bestimmung in welcher Weise verletzt worden sein soll. Ebenso fehlte es an einer Darstellung der konkreten Fakten und Umstände, die zur Accountsperre geführt haben.
Darüber hinaus hat TikTok – entgegen den Vorgaben aus Art. 14 Abs. 4 DSA – nicht ausreichend berücksichtigt, dass @melke_1 mit der Nutzung seines TikTok-Accounts in zulässiger Weise von seiner Meinungs- und Kunstfreiheit Gebrauch machte. Infolge unseres Widerspruchs wurde der Account von @melke_1 schließlich wieder freigeschaltet.