Mit Recht gegen Diskriminierung – Klagen nach dem Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz
GFF startet neuen Klagefonds und koordiniert strategische Verfahren nach dem Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz.
Staatliche Stellen dürfen Menschen nicht aufgrund von Geschlecht, Rasse oder Behinderungen diskriminieren – Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz spricht eine klare Sprache. Das Grundgesetz stellt damit Menschen unter seinen besonderen Schutz, die historisch und strukturell von gesellschaftlicher Ungleichheit betroffen sind. Dem Staat ist also verboten, Menschen ohne zwingenden Grund wegen dieser Merkmale schlechter zu behandeln als andere. Die Realität sieht allerdings häufig anders aus. Und wer sich gegen eine staatliche Diskriminierung wehren will, kommt mit den bisher bestehenden rechtlichen Möglichkeiten in der Praxis häufig nicht weit.
Um das zu ändern, hat das Berliner Abgeordnetenhaus das Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) verabschiedet, das Juni 2020 in Kraft getreten ist. Das LADG macht es einfacher, gegen Diskriminierung durch öffentliche Stellen wie Schulen und Hochschulen, Behörden oder die Polizei vorzugehen. Wer durch Mitarbeiter*innen oder Behörden des Landes Berlin diskriminiert wird, kann dagegen jetzt nach dem LADG klagen und Geldzahlungen als Ersatz für entstandene Schäden und als Entschädigung für erlittenes Unrecht bekommen. Berlin ist das erste und bisher einzige Bundesland, das es mit einem solchen Landesgesetz möglich macht, die öffentliche Verwaltung zur Verantwortung zu ziehen. Damit wird eine wichtige Schutzlücke geschlossen: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz als bundesrechtliche Schwester des LADG gilt nur für Diskriminierung in privaten Bereichen wie bei der Arbeit, auf dem Mietmarkt oder bei Massengeschäften.
Wichtige Änderung durch das LADG
Das LADG bringt eine weitere wichtige Änderung mit sich: Verbandsklagen – bislang vor allem aus dem Umweltrecht bekannt. Damit können nun nicht mehr nur betroffene Personen, sondern auch qualifizierte Verbände klagen. Die GFF ist als eine solche verbandsklageberechtigte Organisation anerkannt. Statt dass die diskriminierte Person selbst klagt, kann die GFF das mit ihrer Zustimmung nun für sie übernehmen. Außerdem kann die GFF gegen strukturelle Diskriminierung klagen, zum Beispiel durch eine Behördenpraxis oder eine Rechtsverordnung. Kurz: Betroffene stehen bei der Durchsetzung ihrer Rechte nicht mehr allein da.
Diskriminierungsverbot, § 2 LADG: Kein Mensch darf im Rahmen öffentlich-rechtlichen Handelns auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen und antisemitischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie des sozialen Status diskriminiert werden.
Mit dem Fonds will die GFF strategische Grundsatzklagen nach dem LADG finanziell ermöglichen und die neuen rechtlichen Möglichkeiten des Gesetzes im Kampf gegen Diskriminierung nutzen. Der Klagefonds fördert nach strengen Auswahlkriterien strategische Klagen, die strukturelle Diskriminierung jenseits des Einzelfalles in den Blick nehmen. Die GFF arbeitet dabei unter anderem eng mit dem Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB) des Türkischen Bundes in Berlin-Brandenburg (TBB). Zur Begleitung des Klagefonds hat die GFF einen speziellen Beirat berufen. Mit Eva Andrades, Geschäftsführerin des Antidiskriminierungsverbands Deutschland (advd), der Volljuristin Kerstin Kühn und der Rechtsanwältin Maryam Haschemi Yekani konnte die GFF drei Expertinnen gewinnen, die der GFF mit ihrer herausragenden Erfahrung im Antidiskriminierungsrecht rechtlich wie strategisch bei Fallauswahl und Rechtsdurchsetzung zur Seite stehen.
Beratungsorganisationen und von Diskriminierung betroffene Einzelpersonen können sich mit Anfragen an die Kontaktadresse antidiskriminierung@freiheitsrechte.org
wenden. Beim ADNB des TBB, das von Diskriminierung Betroffene berät,
sind Charlotte Heyer und Alaleh Shafie-Sabet die verantwortlichen
Ansprechpersonen.
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