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FAQ Urheberrecht und Kommunikationsfreiheit

Freie Kommunikation ist für eine lebendige Demokratie elementar und eng verknüpft mit zahlreichen Freiheitsrechten. Mit unserem Projekt control © wollen wir grundrechtliche Fragen im Spannungsfeld zwischen Kommunikationsfreiheit und Urheberrecht gerichtlich klären. Hier beantworten wir häufige Fragen zum Thema.

Wir freuen uns über weitere Fragen und Anregungen: info@freiheitsrechte.org

A. Freiheitsrechte und Urheberrecht

1. Was ist Kommunikationsfreiheit und wozu brauchen wir sie?

A.1 Was ist Kommunikationsfreiheit und wozu brauchen wir sie?

Im engeren Sinne versteht man unter Kommunikationsfreiheit die Meinungsfreiheit, die Presse- und Rundfunkfreiheit und die Informationsfreiheit. Zur Kommunikationsfreiheit gehört also einerseits das Recht, sich ungehindert auszudrücken und andere zu informieren, andererseits aber auch das Recht, Informationen von anderen ungehindert zu empfangen. Auch das Verbot von Zensur ist in Artikel 5 Grundgesetz enthalten. Im weiteren Sinne können auch die Kunstfreiheit und die Freiheit der Wissenschaft und Lehre unter die Kommunikationsfreiheit subsumiert werden, denn auch diese Rechte basieren auf der Kommunikation mit Anderen.

Wir brauchen die Kommunikationsfreiheit, um unsere Persönlichkeit zu entfalten. Wir sind soziale und kreative Wesen, wir lernen durch Wissensvermittlung, Imitation, Gespräch und Konflikt. Die Kommunikationsfreiheit ist auch für unsere politischen Rechte von hoher Bedeutung, ohne sie können wir uns nicht über politische Ereignisse informieren und uns organisieren.

2. Beschränkt das Urheberrecht unsere Kommunikationsfreiheit?

A.2 Beschränkt das Urheberrecht unsere Kommunikationsfreiheit?

Das Urheberrecht basiert auf der Idee, dass jedem Menschen, der ein künstlerisches Werk erschafft, automatisch das Recht erwächst, die Verbreitung dieses Werks zu kontrollieren. Dazu gehört die Kontrolle über das Kopieren, Aufführen oder Veröffentlichen dieses Werks, das Teilen über das Internet, oder auch das Recht, als Urheber*in namentlich genannt zu werden. Die Urheber*innen werden dadurch einerseits in ihrer geistigen und persönlichen Bindung zum Werk geschützt, andererseits soll ihnen eine angemessene Vergütung für ihr kreatives Schaffen ermöglicht werden. Das ist in Deutschland im Urheberrechtsgesetz geregelt.

Es gibt viele Situationen, in denen das Urheberrecht grundrechtliche Fragen berührt. Das hat auch der Gesetzgeber erkannt: Viele der Ausnahmen im Urheberrecht dienen dazu, die Ausübung von Grundrechten zu ermöglichen. So schützt beispielsweise das Zitatrecht unter anderem die Kunstfreiheit, Ausnahmen für die Nutzung von Werken in Gottesdiensten schützen die Religionsfreiheit, und eine ganze Reihe von Ausnahmen beschäftigen sich mit der Ermöglichung von wissenschaftlicher Forschung und Bildung.

Es gibt aber leider auch immer wieder Situationen, wo Grundrechte berührt sind, aber keine der Urheberrechtsausnahmen einschlägig ist: beispielsweise, wenn der Staat mit Verweis auf das Urheberrecht die Herausgabe von staatlichen Dokumenten verweigert und dadurch die Informationsfreiheit erschwert. Weil das Urheberrecht den Austausch von Informationen reguliert, ist es immer wieder notwendig, auch gerichtlich für eine grundrechtsfreundliche Auslegung des Urheberrechts zu streiten.

3. Beschränkt das Urheberrecht die Wissenschaftsfreiheit?

A.3 Beschränkt das Urheberrecht die Wissenschaftsfreiheit?

Die Wissenschaft ist ein Bereich, in dem das Urheberrecht fast ausschließlich gegen die Interessen der Urheber*innen, in diesem Fall der Autor*innen wissenschaftlicher Texte, angewandt wird. Die meisten Wissenschaftler*innen arbeiten an öffentlichen Universitäten oder Forschungsinstituten und werden aus öffentlichen Mitteln bezahlt. Um zur aktuellen Forschung beizutragen und Chancen auf eine Professur zu haben, müssen sie regelmäßig ihre Forschungsergebnisse in renommierten Fachzeitschriften veröffentlichen, die meist in privatwirtschaftlicher Hand sind. Diese Verlage lassen sich häufig die Exklusivrechte an den Aufsätzen übertragen und verkaufen den Zugang zu den Fachzeitschriften für sehr hohe Summen an öffentliche Universitäten zurück – die öffentliche Hand zahlt also zweimal für die Inhalte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, etwa den Autor*innen von Standard-Lehrbüchern für die ersten Semester, verdienen Wissenschaftler*innen wenig bis gar nichts an ihren Publikationen. Wenn sie wollen, dass ihre Studien ohne Bezahlschranke für alle frei verfügbar sind, müssen sie den Verlagen meist sogar Geld zahlen.

Trotz großer Erfolge der Open Access-Bewegung, die sich für freien Zugang und die freie Nachnutzbarkeit von wissenschaftlichen Erkenntnissen einsetzt, führt das Urheberrecht im Wissenschaftsbereich immer noch zu einer Unterbrechung des Wissensaustauschs – mit teilweise fatalen Folgen. 80 Prozent aller wissenschaftlichen Studien zu Beatmungsgeräten etwa befinden sich hinter einer Paywall.

Die GFF kann mit dem Projekt control © zum Beispiel Wissenschafts-Urheber*innen unterstützen, die sicherstellen wollen, dass die Ergebnisse ihrer Forschung der Allgemeinheit zugute kommen.

4. Warum werden wissenschaftliche Forschungsergebnisse nicht längst frei veröffentlicht, damit von ihnen lernen und mit ihnen weiterforschen können?

A.4 Warum werden wissenschaftliche Forschungsergebnisse nicht längst frei veröffentlicht, damit von ihnen lernen und mit ihnen weiterforschen können?

Das System des wissenschaftlichen Publikationswesens ist historisch gewachsen. Bevor es das Internet gab, haben kommerzielle Fachzeitschriften es den Wissenschaftler*innen ermöglicht, ihre Erkenntnisse in professioneller Form zu veröffentlichen und verbreiten. Heute bietet das Internet niedrigschwellige und kostenlose Möglichkeiten zum wissenschaftlichen Austausch. Trotzdem verschwinden die meisten wissenschaftlichen Forschungsergebnisse weiterhin hinter der Paywall privater Verlage. Die GFF will mit control © ihren Beitrag leisten, juristische Probleme bei der Verwirklichung der Wissenschaftsfreiheit zu lösen.

Darüber hinaus gibt es aber auch soziale und gesellschaftliche Probleme, die die Universitäten selbst angehen müssen, etwa die Bedeutung von Publikationen in renommierten (kommerziellen) Fachzeitschriften für wissenschaftliche Karrieren.

5. Warum ist es wichtig, dass das „kulturelle Erbe“ für alle verfügbar ist?

A.5 Warum ist es wichtig, dass das „kulturelle Erbe“ für alle verfügbar ist?

Unter kulturellem Erbe verstehen wir die Gesamtheit der kulturellen Errungenschaften unserer Gesellschaft, unabhängig davon, ob diese urheberrechtlich geschützt sind oder nicht. Dazu gehören Architektur, überlieferte Geschichten und Liedgut, oder auch brandaktuelle Filme und Software. Auf unserem kulturellen Erbe baut nicht nur die nächste Generation von Kreativen auf, wenn sie neue Werke erschaffen, das kulturelle Erbe ist auch ein wichtiger Teil unserer Geschichte, den Journalist*innen oder Historiker*innen studieren, um etwas über unsere Gesellschaft zu erfahren.

Urheber*innen haben ein Exklusivrecht zur Vermarktung ihrer Werke, auch wenn diese zum kulturellen Erbe gehören – aber sobald diese kommerzielle Vermarktung beendet ist, besteht die Gefahr, dass Werke in Vergessenheit geraten. Das wäre ein Verlust für uns alle. Deshalb haben Kultureinrichtungen wie beispielsweise die Deutsche Nationalbibliothek den Auftrag, möglichst viele dieser Inhalte zu sammeln und für die Nachwelt zu erhalten.

Oft endet die kommerzielle Verwertung aber viel früher als der Urheberrechtsschutz (dieser endet erst 70 Jahre nach dem Tod des oder der Urheber*in), deshalb braucht es flexible Lösungen, um sicherzustellen, dass Werke auffindbar und zugänglich bleiben, wenn man sie nicht mehr kaufen kann.

6. Das Urheberrecht schützt Menschen, die etwas erschaffen haben, vor Ausbeutung. Was ist also das Problem?

A.6 Das Urheberrecht schützt Menschen, die etwas erschaffen haben, vor Ausbeutung. Was ist also das Problem?

So lange das Urheberrecht diesen Zweck erfüllt und gleichzeitig die Grundrechte nicht beeinträchtigt, kann es ein wichtiges und sinnvolles Instrument sein. Die GFF will sich mit dem Projekt control © im Wesentlichen mit drei Arten von Fällen beschäftigen:

Erstens befassen wir uns mit Fällen, wo das Urheberrecht seinen Zweck, die Interessen der eigentlichen Kreativen zu schützen und ihnen eine angemessene Vergütung zu ermöglichen, gar nicht erfüllt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Staat sich auf Urheberrechte beruft, oder auch bei der Praxis vieler Wissenschaftsverlage.

Zweitens geht es um Fälle, in denen das Urheberrecht die Grundrechte nicht ausreichend berücksichtigt. Die Ausnahmen im Urheberrecht hinken der technologischen und gesellschaftlichen Entwicklung oft hinterher. Als das Urheberrechtsgesetz verfasst wurde, hat niemand an Sampling in der Hip Hop-Kultur oder an Unterricht per Livestream gedacht. Um die Grundrechte zu schützen, müssen diese Regelungen also immer wieder im Lichte neuer Gegebenheiten juristisch geprüft werden.

Die dritte Art von Fällen sind solche, wo wir die Urheber*innen selbst vertreten wollen. Wenn beispielsweise Uploadfilter in Zukunft Werke sperren, die die Urheber*innen selbst online gestellt haben, nur weil jemand anders sie fälschlicherweise als Urheberrechtsverletzung gemeldet hat, kann den Urheber*innen daraus ein erheblicher Schaden entstehen. Die Kunst-, Meinungs- und Pressefreiheit sind insbesondere für Kreative besonders wichtig – wer selbst nichts erschafft, ist auch nicht auf Urheberrechtsschranken für Zitate oder Parodien angewiesen.

7. Sollen Künstler*innen künftig damit leben müssen, dass alle einfach ihre Werke kopieren?

A.7 Sollen Künstler*innen künftig damit leben müssen, dass alle einfach ihre Werke kopieren?

Nein. Es geht der GFF bei control © nicht um die Abschaffung des Urheberrechts. Dieses Recht ist ein wichtiger Schutz für Künstler*innen, deren angemessene Vergütung wir nachdrücklich unterstützen. Der GFF geht es ausschließlich um Fälle, in denen das Urheberrecht in problematischer Weise Grundrechte einschränkt. Das kann auch Urheber*innen selbst betreffen, die wir dann selbstverständlich auch unterstützen.

B. Die EU-Urheberrechtsrichtlinie

1. Was ist gut an der EU-Urheberrechtsrichtlinie?

B.1 Was ist gut an der EU-Urheberrechtsrichtlinie?

Es gibt mehrere positive Neuerungen, allen voran die Möglichkeit für Bibliotheken, Museen und Archive, sogenannte vergriffene Werke zu digitalisieren und ins Netz zu stellen. Vergriffene Werke sind all die Werke, egal ob Filme, Fotos, Computerspiele, Zeitungen oder Wahlplakate, deren Urheberrechtsschutz zwar noch nicht abgelaufen ist (dieser dauert in der Regel 70 Jahre nach dem Tod des oder der Urheber*in an), die aber nicht mehr auf legalem Wege zu kaufen sind. Mit dieser Regelung können riesige kulturelle Schätze wieder zugänglich werden, die seit Jahren in Archiven verstauben.

Mit den neuen Regeln für die Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke für Bildungszwecke wird die Online-Lehre, auch über Landesgrenzen hinweg, deutlich vereinfacht. Das ist gerade jetzt wichtig, wo Schulen und Universitäten geschlossen sind.

Dank dem Protest von hunderttausend Menschen gegen Artikel 17 muss Deutschland neue Ausnahmen für Parodien, Karikaturen und Pastiche (die künstlerische Nachahmung eines Werkes) einführen, die es bisher nicht gab. Durch die Anerkennung eines Nutzer*innenrechts auf Parodien etc. könnten erstmals weite Teile der Alltagskultur im Netz legalisiert werden, wie beispielsweise Memes und Reaction gifs, die bisher als Urheberrechtsverletzungen galten. Und auch für die Kreativen selbst gibt es einige Regeln zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation.

2. Wo stärkt die Richtlinie Urheber*innen?

B.2 Wo stärkt die Richtlinie Urheber*innen?

Die Richtlinie enthält mehrere Neuerungen des Urhebervertragsrechts. Diese Regeln betreffen die Verträge zwischen Urheber*innen und Werksmittlern wie beispielsweise Verlagen, Musiklabels oder Fernsehstudios. Diese Werksmittler müssen Urheber*innen nun regelmäßig Rechenschaft ablegen, wie viel sie mit den ihnen übertragenen Nutzungsrechten verdient haben. Um zu verhindern, dass Urheber*innen, die ihre vertraglichen Rechte geltend machen, von ihren Vertragspartnern bestraft werden, etwa indem sie keine Aufträge mehr bekommen, ist es sehr wichtig, dass der Transparenzanspruch automatisch besteht und nicht erst beantragt werden muss. Diese Transparenz macht es auch leichter für Urheber*innen, ihre Verträge nachzuverhandeln, wenn sie nicht fair an den Gewinnen ihrer Werke beteiligt werden. Nun können auch Verbände im Namen ihrer Mitglieder die Vergütung nachverhandeln, sodass die Urheber*innen selbst nicht in der vordersten Front stehen.

3. Inwiefern ist die EU-Urheberrechtsrichtlinie eine Gefahr für die Grundrechte?

B.3 Inwiefern ist die EU-Urheberrechtsrichtlinie eine Gefahr für die Grundrechte?

Die EU-Urheberrechtsreform enthält eine Vielzahl von Regelungen zu ganz unterschiedlichen Themen. Viele davon bieten sogar Chancen für Verbesserungen für Zugang zu Wissen und Kultur, oder für die faire Bezahlung von Urheber*innen, andere Regelungen sind zumindest grundrechtlich unproblematisch. Probleme schaffen vor allem zwei Artikel, die auch in der öffentlichen Kritik an der Richtlinie im Vordergrund standen:

Große Gefahren für die Grundrechte birgt Artikel 17, der Plattformen für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer*innen haftbar macht und damit den Einsatz automatischer Uploadfilter praktisch unumgänglich macht. Das Wort “Uploadfilter” wird in der Richtlinie nicht verwendet, dort heißt es etwas verklausuliert, dass bestimmte Plattformen “nach Maßgabe hoher branchenüblicher Standards für die berufliche Sorgfalt alle Anstrengungen” unternehmen müssen, “um sicherzustellen, dass bestimmte Werke […] nicht verfügbar sind”, nach einhelliger wissenschaftlicher Meinung läuft das auf Uploadfilter hinaus.

Die Gefahr für die Kommunikationsfreiheit ergibt sich daraus, dass Uploadfilter nicht in der Lage sind, den Kontext zu verstehen, in dem Inhalte genutzt werden. Wenn beispielsweise bei einem Video von einer Demonstration im Hintergrund Musik zu hören ist, ist das keine Urheberrechtsverletzung, weil das Urheberrecht für solche unwesentlichen Beiwerke eine Ausnahme vorsieht. Der Uploadfilter vermag das aber nicht zu erkennen und sperrt daher womöglich auch legale Inhalte. Das kann, wie im Fall der Berichterstattung über eine Demonstration, einen erheblichen Eingriff in die Meinungs- und Informationsfreiheit darstellen.

Ebenfalls grundrechtlich problematisch ist das Leistungsschutzrecht für Presseverlage in Artikel 15. Eine Ausnahme vom Recht an ihren Presseveröffentlichungen gibt es nur für “die Nutzung einzelner Wörter oder sehr kurzer Auszüge”; dies kommt einem Exklusivrecht auf Informationen sehr nahe. Zusammenstöße mit der Pressefreiheit oder auch der Informationsfreiheit sind da praktisch vorprogrammiert. Vergangene Experimente mit einem Leistungsschutzrecht in Deutschland haben ohnehin gezeigt, dass dieses Instrument zur Erreichung des durchaus wichtigen Ziels, die Wirtschaftlichkeit der Presse auch im digitalen Zeitalter sicherzustellen, überhaupt nicht geeignet ist.

4. In der EU-Urheberrechtsrichtlinie steht das Wort Uploadfilter nicht – wie hängen diese Filter mit Artikel 17 zusammen?

B.4 In der EU-Urheberrechtsrichtlinie steht das Wort Uploadfilter nicht – wie hängen diese Filter mit Artikel 17 zusammen?

Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie macht bestimmte Plattformen direkt für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer*innen haftbar. Dieser allgemeinen Haftung können sie nur entgehen, wenn sie alles technisch Mögliche tun, um von Rechteinhaber*innen gekennzeichnete Inhalte zu sperren, noch bevor sie online gehen. Das ist nur mit Uploadfiltern möglich. Andererseits werden die Plattformen auch verpflichtet, legale Inhalte online zu lassen, es gibt aber keine Software, die das leisten kann. Wissenschaftler*innen zerbrechen sich seit Monaten die Köpfe, wie man den Einsatz von Uploadfiltern verhindern könnte, aber die wenigen europäischen Länder, die bereits einen Vorschlag für die nationale Umsetzung von Artikel 17 vorgelegt haben, gehen klar von verpflichtenden Uploadfiltern aus.

C. Das GFF-Projekt control ©

1. Was will die GFF mit dem Projekt control © erreichen?

C.1 Was will die GFF mit dem Projekt control © erreichen?

Die GFF ist bereits in einem weiten Feld grundrechtlicher Fragen tätig, von staatlicher Überwachung bis hin zu Diskriminierungsfreiheit und sozialen Rechten. Die Pressefreiheit und die Informationsfreiheit liegen uns sehr am Herzen. control © ist ein Beitrag, unsere Arbeit für die Durchsetzung der Kommunikationsfreiheit zu vertiefen. Denn wir sind überzeugt, dass es infolge der Umsetzung der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie zu einem Anstieg an Reibungspunkten zwischen dem Urheberrecht und der Kommunikationsfreiheit kommen wird. Unser Ziel ist es, ein grundrechtsfreundliches Urheberrecht zu erwirken.

2. Die EU-Urheberrechtsrichtlinie muss doch erst bis Juni 2021 umgesetzt werden, warum startet ihr schon ein Jahr davor ein Klage-Projekt?

C.2 Die EU-Urheberrechtsrichtlinie muss doch erst bis Juni 2021 umgesetzt werden, warum startet ihr schon ein Jahr davor ein Klage-Projekt?

Wir wollen sicherstellen, dass die von möglichen Grundrechtseinschränkungen Betroffenen wissen, dass sie sich mit ihren Fällen an die GFF wenden können. Deshalb ist es wichtig, schon frühzeitig bekannt zu machen, dass die GFF mit control © auch Grundrechtsschutz in urheberrechtlichen Fällen durchsetzen will. Außerdem wollen Fälle für die strategische Prozessführung gut vorbereitet sein: Wenn wir erst zum Ablauf der Umsetzungsfrist der neuen Urheberrechts-Richtlinie im Juni 2021 mit der Arbeit beginnen würden, wären wir nicht von Tag eins in der Lage, etwaige Klagen anzustoßen. Wir müssen außerdem für neue Verfahren finanzielle Rücklagen bilden, damit beginnen wir schon jetzt. Sie können uns dabei unterstützen, indem Sie Fördermitglied werden!

Und: Wir sehen zwar in der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie die größten grundrechtlichen Probleme, aber auch das bereits geltende Urheberrecht wirft immer wieder grundrechtliche Fragen auf. Erst letztes Jahr hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union mit mehreren Urheberrechtsfällen aus Deutschland befasst, die die Grundrechte betreffen. Wir rufen also auch heute schon Betroffene auf, sich mit ihren Fällen an uns zu wenden, wenn sich grundrechtliche Probleme im Zusammenhang mit dem aktuell geltenden Urheberrecht ergeben.

3. Was kann man überhaupt vor deutschen Gerichten erreichen? Ist die Urheberrechtsrichtlinie nicht europäisches Recht?

C.3 Was kann man überhaupt vor deutschen Gerichten erreichen? Ist die Urheberrechtsrichtlinie nicht europäisches Recht?

Die Richtlinie ist zwar europäisches Recht, sie muss aber in nationales Recht umgesetzt werden. Schon deswegen sind dafür erstmal die nationalen Gerichte zuständig. Nur wenn es Fragen zur Auslegung der Richtlinie selbst gibt, können die nationalen Gerichte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen. Einen direkten Weg zum EuGH gibt es nur in sehr wenigen Ausnahmefällen.

Außerdem lassen die neue Urheberrechtsrichtlinie, genauso wie etwa die Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft oder die Richtlinie über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten, dem deutschen Gesetzgeber erheblichen Ermessensspielraum. Das deutsche Urheberrecht muss sich also auch am Grundgesetz messen lassen.

Wenn es um europarechtliche Fragen geht, ist die GFF aber auch bereit, Rechtsstreitigkeiten bis zum EuGH zu verfolgen und auf die Durchsetzung der Europäischen Grundrechtecharta hinzuwirken.

4. Wollt ihr die EU-Urheberrechtsrichtlinie abschaffen?

C.4 Wollt ihr die EU-Urheberrechtsrichtlinie abschaffen?

Nein, einige Regelungen der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie versprechen eine deutliche Verbesserung für den Zugang zu Wissen und Kultur oder für die Rechte der Kreativen. Andere Regelungen sind zumindest grundrechtlich in Ordnung.

Uns kommt es darauf an, dass die neue Richtlinie grundrechtsfreundlich ausgelegt wird und auf Einschränkungen der Grundrechte wie durch verpflichtende Uploadfilter verzichtet wird. Außerdem wollen wir erreichen, dass die Verbesserungen für den Zugang zum kulturellen Erbe auch praktisch verwirklicht werden und nicht an Rechtsunsicherheit scheitern.

5. Finanziert Google euren Einsatz bei diesem Thema?

C.5 Finanziert Google euren Einsatz bei diesem Thema?

Nein. Für uns kommt es nicht infrage, dass Unternehmen unsere Arbeit in diesen Bereich unterstützen, die selbst an genau den Grundrechtseingriffen beteiligt sein könnten, die wir mit control © angehen wollen. In erster Linie finanziert die GFF ihre Tätigkeiten durch private Fördermitgliedsbeiträge und Spenden. control © profitiert darüber hinaus von der Unterstützung durch die Shuttleworth Foundation, die sich für freie Software und freien Zugang zu Wissen und Kultur einsetzt. Auf unserer Webseite schaffen wir vollständige Transparenz über unsere finanziellen Förderungen und unsere Arbeitsweise.

6. Arbeitet Felix Reda jetzt bei der GFF?

C.6 Arbeitet Felix Reda jetzt bei der GFF?

Ja, Felix Reda leitet das Projekt control © bei der GFF und ist ab jetzt fester Teil unseres Teams. control © wird von der Shuttleworth Foundation finanziell unterstützt, bei der Felix Fellow ist.

7. Arbeiten Felix Reda und/oder die GFF in Auftrag der Shuttleworth Foundation oder anderer Stiftungen und Institutionen?

C. 7 Arbeiten Felix Reda und/oder die GFF in Auftrag der Shuttleworth Foundation oder anderer Stiftungen und Institutionen?

Nein. Die GFF ist Felix Redas Arbeitgeberin. Die Arbeit der GFF finanziert sich aus Fördermitgliedsbeiträgen, Einzelspenden und institutionellen Zuwendungen und Förderungen, insbesondere durch Stiftungen. Die Shuttleworth Foundation ist eine solche Stiftung, die die Arbeit der GFF an dem Projekt control © finanziell zwischen dem 1. März 2020 und 28. Februar 2021 unterstützt, weil Felix sich für dieses Projekt um ein Fellowship bei der Shuttleworth Foundation beworben und dieses bekommen hat. Weder die GFF noch Felix Reda arbeiten im Auftrag der Shuttleworth Foundation oder anderer Institutionen, die unsere Arbeit finanziell unterstützen.

Die GFF ist eigenständig und unabhängig bei der Planung und Durchführung ihrer Arbeit. Die Entscheidung, welche Fälle die GFF konkret vorantreibt und unterstützt, entscheidet der Vorstand und ist dabei komplett unabhängig. Eine Gesamtübersicht über die Finanzierung der GFF ist hier zu finden: https://freiheitsrechte.org/transparente-gff.

D. Wie wir helfen und wie wir unterstützt werden können

1. Wen unterstützt die GFF bei Problemen mit dem Urheberrecht?

D.1 Wen unterstützt die GFF bei Problemen mit dem Urheberrecht?

Die GFF unterstützt Personen, deren Grundrechte in urheberrechtlichen Rechtsstreitigkeiten berührt sind. Dies können Urheber*innen oder Nutzer*innen sein. Es kann sich dabei um klagende oder beklagte Streitparteien handeln. Auch die Unterstützung von Institutionen und Vereinen wie Bibliotheken, Museen oder Bildungseinrichtungen kommt für uns infrage, wenn diese das Ziel verfolgen, die Kunst-, Wissenschafts- oder Bildungsfreiheit zu stärken. Die GFF kann mit control © aber nicht alle Fälle vertreten, die an uns herangetragen werden, sondern wir müssen eine Auswahl treffen. Dabei gehen wir vor allem danach, welche Fälle besonders grundrechtlich und strategisch relevant sind.

Wie viele Fälle wir betreuen können, hängt von Ihrer Unterstützung ab, denn Gerichtsverfahren durch mehrere Instanzen können sich über Jahre hinziehen und viel Geld verschlingen. Auch wenn wir eine Unterstützung Ihres Falles nicht versprechen können, kostet es aber in jedem Fall nichts zu fragen!

2. Wie kann ich Unterstützung von der GFF bekommen?

D.2 Wie kann ich Unterstützung von der GFF bekommen?

Jede*r kann sich mit Anfragen oder Vorschlägen für grundrechtlich relevante Fälle an info@freiheitsrechte.org wenden, auch wenn Sie unsicher sind, ob Ihre Grundrechte durch eine bestimmte Problematik berührt sind. Wichtig ist, dass Ihre Nachricht möglichst viele konkrete Informationen enthält, denn allgemeine Fragen sind oft schwer juristisch zu beantworten – oft kommt es gerade auf die Details an. Wir werden Ihre Informationen natürlich vertraulich behandeln. Daher können Sie mit uns auch verschlüsselt kommunizieren.

3. Wie kann ich control © und die GFF bei ihrem Einsatz unterstützen?

D.3 Wie kann ich control © und die GFF bei ihrem Einsatz unterstützen?

Es gibt drei Wege, wie Sie dazu beitragen können, dass control © zum Erfolg wird:

  1. Werden Sie Fördermitglied bei der GFF. Das ist unsere wichtigste Finanzierungsquelle. So können wir planen und bleiben unabhängig. Für Menschen in Ausbildung gibt es einen reduzierten Mitgliedsbeitrag.
  2. Wenden Sie sich mit grundrechtlich relevanten Fällen an uns unter: info@freiheitsrechte.org
  3. Informieren Sie Freund*innen und Bekannte über unsere Arbeit! Eine kompakte Zusammenfassung des Projekts control © gibt es hier.
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