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Abhören des Pressetelefons der Letzten Generation verstößt gegen die Pressefreiheit – GFF und Reporter ohne Grenzen gehen mit betroffenen Journalisten vor Gericht

Berlin, 7. Juli 2023 – Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) reicht heute gemeinsam mit Reporter ohne Grenzen (RSF) und drei Journalisten einen Antrag beim Amtsgericht München ein, um die Abhörmaßnahmen der Generalstaatsanwaltschaft München gegen das Pressetelefon der Letzten Generation gerichtlich überprüfen zu lassen. Die Organisation hatte die Telefonnummer gezielt bereitgestellt, um journalistische Anfragen und Pressekontakte entgegennehmen zu können. Die Staatsanwaltschaft und das anordnende Gericht mussten daher wissen, dass die Ermittler*innen laufend Gespräche von Journalist*innen mit der Organisation abhören würden. Die GFF und RSF wollen gerichtlich feststellen lassen, dass dieses gezielte Abhören journalistischer Gespräche mit der Letzten Generation die Pressefreiheit verletzt.

„Recherchen zu Protestgruppen und das Auftun von Quellen sind elementarer Ausdruck der Pressefreiheit. Wenn Journalist*innen befürchten müssen, dass ihre Gespräche abgehört werden, ist die freie Berichterstattung in Gefahr“, kritisiert Benjamin Lück, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Generalstaatsanwaltschaft und das Amtsgericht die Pressefreiheit offensichtlich komplett außer Acht gelassen haben.“

Antragsteller sind die drei Journalisten Ronen Steinke (SZ), Henrik Rampe (frei) und Jörg Poppendieck (rbb). Sie alle hatten sich über das Pressetelefon mit der Letzten Generation ausgetauscht und waren von der Abhörmaßnahme betroffen.

Ronen Steinke, rechtspolitischer Korrespondent der Süddeutschen Zeitung, betont: „Journalistengespräche abhören, ununterbrochen, monatelang, und die Abgehörten auch hinterher darüber im Dunkeln lassen – ein solcher Übergriff des Staates höhlt die Pressefreiheit aus. Vertrauliche Gespräche sind für unabhängigen Journalismus essenziell.“

„Diese drei Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Angesichts der medialen Präsenz der Letzten Generation im Überwachungszeitraum ist die Zahl der potenziell betroffenen Medienschaffenden unüberschaubar groß“, bekräftigt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr.

Hinter dem Abhören des Pressetelefons steht das Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation wegen des Vorwurfs der Bildung einer „kriminellen Vereinigung“. Laut Süddeutscher Zeitung hörten die Ermittler*innen von Oktober 2022 bis April 2023 Gespräche von insgesamt 13 Telefonanschlüssen ab, darunter das Pressetelefon der Organisation. Darauf gingen auch tatsächlich weit überwiegend Anrufe von Medienschaffenden ein. Trotzdem ergriffen die Behörden diese weitreichende, heimliche Ermittlungsmaßnahme und gefährdeten damit die Pressefreiheit. Das zeigt, welche weitreichenden gesellschaftlichen Folgen allein schon die Aufnahme von Ermittlungen wegen des Vorwurfs der „kriminellen Vereinigung“ hat. Das Abhören des Pressetelefons ist ein weiterer Beleg für das repressive Vorgehen der Sicherheitsbehörden im Kontext von Klimaprotesten. Rechtsstaatliche und grundrechtliche Grenzen werden dabei immer wieder bewusst überschritten. Das Verfahren von RSF und der GFF zielt darauf ab, die grundrechtlichen Grenzen für das Abhören von Pressetelefonen solcher Organisationen gerichtlich klären zu lassen und Rechtssicherheit für Journalist*innen zu schaffen. Die Antragsteller werden vertreten von der Rechtsanwältin Nicola Bier.

Weitere Informationen zum Verfahren finden Sie unter:

https://freiheitsrechte.org/themen/demokratie/abhoermassnahme

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:

Dr. Maria Scharlau
presse@freiheitsrechte.org
Tel. 030/549 08 10 55 – 01579/2493108

Für Interviewanfragen steht auch Nicola Bier bereit, Rechtsanwältin und Referentin Recht bei RSF:

Nicola Bier
Nicola.Bier@reporter-ohne-grenzen.de
Tel. 0160/9957 6073

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