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Pressefreiheit in Gefahr: GFF unterstützt Investigativ-Journalisten nach Verurteilung wegen Zitaten aus Gerichtsbeschluss

Berlin, 26. Mai 2024. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt den Investigativ-Journalisten Carsten Janz in seinem Revisionsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg. Janz hatte in einem Artikel zwei kurze wörtliche Zitate aus einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg veröffentlicht. Dafür wurde er in zwei Instanzen wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen zu einer Geldstrafe verurteilt. Grundlage ist ein Paragraph aus dem Strafgesetzbuch (§ 353d Nr. 3 StGB): Die Norm verbietet auch für die Berichterstattung ausnahmslos die Veröffentlichung von Dokumenten oder Zitaten aus laufenden Strafverfahren und verletzt damit die Pressefreiheit.

„Journalist*innen müssen ohne Angst prägnante Formulierungen aus gerichtlichen Entscheidungen in laufenden Strafverfahren zitieren dürfen. Nur so können beispielsweise Urteile oder gerichtlich festgestelltes rechtswidriges Behördenhandeln fundiert kritisiert und für die Öffentlichkeit sichtbar gemacht werden. Carsten Janz‘ Fall zeigt, dass selbst kürzeste Zitate unter Strafe stehen – eine massive Gefahr für die Pressefreiheit“, betont Benjamin Lück, Jurist und Verfahrenskoordinator bei der GFF.

Janz hatte im Dezember 2023 einen Artikel bei t-online veröffentlicht, der sich mit den Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg zu einem Amoklauf befasste. In dem Beitrag zitierte er aus einem Beschluss des Hamburger Landgerichts, wonach eine im Rahmen der Ermittlungen durchgeführte Hausdurchsuchung rechtswidrig war. Dafür verurteilte ihn erst das Amtsgericht Hamburg und dann auch das Landgericht Hamburg nach Paragraf 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuches zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen.

„Das in vielen Fällen kaum einschätzbare Risiko einer Strafbarkeit nach § 353d Nr. 3 StGB begründet für den kritischen Berichterstatter permanent eine latente Gefahr der Einschüchterung“, sagt Carsten Janz. „Wenn zudem wie hier der Generalstaatsanwalt als Behördenleitung selbst den Anstoß für die Ermittlungen gibt, nachdem zuvor mehrfach kritisch über ihre Arbeit berichtet worden ist, ist dies besonders brisant“, so Janz. Sein Fall zeige sehr plakativ die Unvereinbarkeit der Norm mit kritischer Presseberichterstattung.

Die umstrittene Norm verbietet es, „ganz oder in wesentlichen Teilen“ wörtlich aus Dokumenten zu zitieren, die zu einem laufenden Strafverfahren gehören. Für seinen Artikel übernahm Janz nur zwei kurze Passagen, die sich kaum anders umschreiben ließen – die Gerichtsentscheidungen zeigen, dass nicht einmal das zulässig ist. Um gerichtliche Entscheidungen sinnvoll öffentlich erklären zu können, kommt es häufig gerade auf deren Wortlaut an. Dürfen Journalist*innen nicht wörtlich zitieren, können sie ihrer Aufgabe, die Öffentlichkeit über Gerichtsentscheidungen zu informieren, nur eingeschränkt nachkommen.

Das ist nicht das einzige Verfahren, mit dem die GFF gegen diese Strafnorm vorgeht, um die Pressefreiheit zu schützen: Gemeinsam mit Arne Semsrott, Chefredakteur der Transparenz-Plattform Frag den Staat, zieht die Organisation vor den Bundesgerichtshof. Das Landgericht Berlin hatte Semsrott im Oktober 2024 wegen Verstoßes gegen dieselbe Strafnorm schuldig gesprochen. Carsten Janz wird seit der Berufungsinstanz vertreten durch die Strafverteidiger Frédéric Schneider und Sebastian Seel von der Kanzlei Schneider || Mick.

Weitere Informationen zum Verfahren finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/th...

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Dr. Maria Scharlau, presse@freiheitsrechte.org
Tel. 030/549 08 10 55 – 01579/2493108


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