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Freiheit im digitalen Zeitalter
Art. 2, 3

Cyberstalking-Apps: Mit Werbeanzeigen fördert Google Gewalt gegen Frauen

Cyberstalking leicht gemacht – Mit Werbung für Stalking Apps fördert Google Gewalt gegen Frauen. Wir haben eine Beschwerde bei der Bundesnetzagentur und der Europäischen Kommission eingelegt.

Mit Stalking-Apps können Stalker*innen das Handy anderer Personen umfassend überwachen, ohne dass Betroffene es merken. Solche Apps sind leicht zu finden: Auf Suchanfragen wie „Freundin Handy überwachen“ oder „Partner Phone tracken“ spielt Google massiv Werbeanzeigen aus – dabei erleichtern Stalking-Apps psychische und physische Gewalt. Und das trifft vor allem: Frauen. Gemeinsam mit ‚Ein-Team gegen digitale Gewalt‘ reichen wir Beschwerde gegen Google bei der Bundesnetzagentur und der Europäischen Kommission ein.
Simone Ruf

Simone Ruf

Juristin und Verfahrenskoordinatorin

„Stalking-Apps sind ein wesentliches Instrument zur Ausübung von Gewalt gegen Frauen. Denn sie ermöglichen es Täter*innen massiv in die Privat- und Intimsphäre ihrer Partner*innen einzugreifen. Diese digitale Gewalt endet oft nicht online. Große Plattformen und Suchmaschinen sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und müssen Maßnahmen treffen, um zu verhindern, dass Stalking-Apps über ihre Dienste beworben werden.“

„Wo bist du?“, „Mit wem triffst du dich?“, „Was machst du?“ – Stalker*innen müssen diese Fragen gar nicht mehr stellen. Stalking-Apps versprechen die vollständige Kontrolle über ein fremdes Telefon, ohne dass die Betroffenen es merken. Anbieter*innen werben vordergründig damit, dass die Apps Eltern die Kontrolle über die Handys ihrer Kinder ermöglichen. Namen wie „SpyX“ deuten aber bereits darauf hin: Hier sollen Personen angesprochen werden, die andere Erwachsene wie (Ex-)Partner*innen ausspionieren wollen.

Stalking-Apps: Warum es so schwer ist, dagegen vorzugehen

Stalker*innen können je nach App die Kamera des Handys ein- und ausschalten, Nachrichten mitlesen oder Telefonate mithören – ein massiver Eingriff in die Privat- und Intimsphäre. Dieses Ausspähen ist in Deutschland strafbar (StGB § 201, 201a und 202a). Hersteller*innen solcher Apps vermarkten ihre Produkte als vermeintliche Software zum Schutz von Kindern vor Gefahren im Internet. Das ist Eltern erlaubt. Anders als tatsächliche Schutzsoftware für Kinder laufen Stalking-Apps aber unbemerkt im Hintergrund mit: Betroffenen wissen oft gar nicht, dass sie ausgespäht werden. Das macht es schwer, gegen solche Software rechtlich vorzugehen. Die Firmen weisen in ihren Nutzungsbedingungen auf eine ausdrückliche Einwilligung der zu überwachenden Person hin und entledigen sich damit ihrer Verantwortung – für mit ihren Apps begangene Straftaten seien Täter*innen selbst verantwortlich.

Google Anzeigen fördern die Auffindbarkeit

Cyberstalking-Apps lassen sich bei Google binnen Sekunden finden: Mit den richtigen Stichworten wie „Partner Handy überwachen” oder „Freundin Handy überwachen” gibt die Suchmaschine durch ihr Onlinemarketingprogramm „Google Ads“ zugeschnittene Werbeanzeigen für Stalking-Apps aus.

Sucht ein Nutzer auf Google nach Möglichkeiten, eine andere Person zu überwachen, spielt Google Anzeigen für Stalking-Apps aus: Die kostenpflichtige Werbung, die ganz oben in den Suchergebnissen angezeigt wird, wird mithilfe von künstlicher Intelligenz und auf Grundlage von Analysen des bisherigen Nutzer*innenverhaltens optimiert.

Die Anzeigen werden explizit auf die Suche und den Nutzer zugeschnitten. Werbeanzeigen wie diese, mit denen Google Milliarden verdient, tragen zu dem klar erkennbaren Aufwärtstrend bei der Verwendung und dem Angebot solcher Apps bei. Mit der gezielten Bewerbung erleichtert Google es somit Stalker*innen, Apps zu finden und öffnet Cyberstalking und Gewalt gegen Frauen damit Tür und Tor.

Insbesondere Frauen sind gefährdet

Weltweit wächst die Zahl der Menschen, die solche Apps nutzen. Dahinter steckt eine ganze Industrie. Bei Stalking-Apps kann potenziell jede Person ins Visier geraten. Berichte (wie hier bei der NZZ und RND) und Datenlecks einschlägiger Firmen beweisen, dass vor allem Männer solche Anwendungen nutzen, um nahestehende Personen wie Partner*innen zu überwachen. Die Verwendung solcher Apps erleichtert es Stalker*innen, die Betroffenen psychisch unter Druck zu setzen und bildet oft eine Vorstufe zu physischer Gewalt.

„Es ist nicht nachvollziehbar, dass Stalking-Apps überhaupt legal sind. Wer ihren Vertrieb unterstützt, spielt Stalkern und Unternehmen in die Hände. Gleichzeitig geht der Beratungsaufwand zu digitaler Überwachung durch die Decke. Betroffene und Beratungsstellen brauchen jetzt Solidarität und Unterstützung – auch von großen Tech-Firmen!“, sagt Isa Schaller, IT-Beraterin und Fortbilderin bei ‚Ein Team gegen digitale Gewalt‘.

Große Plattformen stehen besonders in der Pflicht

Dabei verbietet Google selbst in ihren Richtlinien die Bewerbung von „Produkte[n] oder Dienstleistungen, mit denen andere Personen oder ihre Aktivitäten ohne deren Einwilligung beobachtet bzw. überwacht werden können“. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Googles Anzeigengeschäft regelmäßig ihre Richtlinien missachtet.

Nach dem Digital Services Act ist Google verpflichtet, effektive Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt zu verringern. Das setzt Google offenbar unzureichend um – mit der gezielten Bewerbung erleichtert Google es Stalker*innen, Stalking-Apps zu finden und öffnet Cyberstalking und Gewalt gegen Frauen damit Tür und Tor.

Gemeinsame Beschwerde mit ‚Ein Team gegen digitale Gewalt‘


Wir wollen Google zur Verantwortung ziehen und reichen daher zusammen mit ‚Ein-Team gegen digitale Gewalt‘ Beschwerde bei der Bundesnetzagentur und der Europäischen Kommission ein. Die Kommission soll aufgefordert werden, ein Verfahren gegen Google zu eröffnen und gegebenenfalls Aufsichtsmaßnahmen gegen Google zu treffen. Die Bewerbung von Stalking-Apps über die Google-Suchmaschine soll verhindert und damit entsprechend die Auffindbarkeit und Nutzung der Apps durch Stalker*innen verringert werden. Cyberstalking ist ein wesentliches Instrument geschlechtsspezifischer Gewalt – und um das zu verhindern, muss die Verbreitung und Nutzung solcher Apps unterbunden werden.

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