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Ein Smartphone, auf dem verschiedene Social Media Apps zu sehen sind Photo by Julian Christ on Unsplash
Freiheit im digitalen Zeitalter
Art. 2

Online-Plattformen: Keine gezielte Werbung auf Basis sensibler Daten

Werbung auf Grundlage hochsensibler Daten? In einem Bündnis aus neun Digital-Organisationen reicht die GFF in verschiedenen EU-Ländern Beschwerde gegen X ein.

Wer auf X Werbung schaltet, kann anhand hochsensibler Daten gezielt Personen ansprechen oder ausschließen. Das Risiko für Manipulation ist hoch, besonders im politischen Bereich. Dagegen reicht die GFF in einem Bündnis aus neun Digital-Organisationen Beschwerde bei der Bundesnetzagentur und den nationalen Digital Service Koordinatoren in verschiedenen EU-Ländern ein.
Davy Wang

Davy Wang

Jurist

Wenn besonders sensible Daten wie politische Einstellungen oder sexuelle Orientierung für gezielte Werbung genutzt werden, hat das ein hohes Manipulationspotenzial. Online-Plattformen stehen in der Pflicht, ihre Nutzer*innen davor zu schützen.

Die Social-Media-Plattform X ermöglicht personalisierte Werbung anhand besonders sensibler Daten wie politischen Einstellungen oder sexueller Orientierung. Werbetreibende können gezielt über Schlüsselwörter filtern und ihre Anzeigen z.B. nur Nutzer*innen ausspielen, die nie mit Beiträgen aus der Kategorie „LGBT“ interagiert haben oder denen Beiträge über die AfD gefallen. Weil eine derartige Geschäftspraxis gegen den Digital Services Act verstößt, hat die GFF gemeinsam mit den Organisationen AI Forensics, Global Witness, European Digital Rights AISBL, Stichting Bits of Freedom, VoxPublic, Panoptykon Foundation, Centre for Democracy and Technology Europe und Entropy eine Beschwerde erstellt und sie bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Gleichzeitig reicht das Bündnis die Beschwerde in weiteren EU-Staaten ein.

Gefahren durch Werbung mit sensiblen Daten auf sozialen Medien

X und andere Social-Media-Plattformen haben Zugang zu großen Mengen persönlicher Daten ihrer Nutzer*innen. Die Informationen über politische Einstellungen und sexuelle Orientierung sind besonders sensibel. In diesen Bereichen ist die Gefahr für Manipulation durch Fake News und Diskriminierung sehr hoch.

Insbesondere vor Wahlen kann zielgerichtete Werbung dazu führen, dass X seinen Nutzer*innen maßgeschneiderte Aussagen anzeigt. Wer sich für eine Partei interessiert, kriegt mitunter je nach politischer Einstellung unterschiedliche Inhalte angezeigt. Das begünstigt eine weitere gesellschaftliche Polarisierung und einen sogenannten Chilling Effect. Dadurch äußern Menschen ihre Meinung online nicht, weil sie sich Angst vor negativen Konsequenzen haben. Das kann bis hin zur Selbstzensur reichen.

Rechtslage zu Werbung mit sensiblen Daten

Europäisches Recht verbietet gezielte Werbung mit sensiblen Daten auf Online-Plattformen. In der ganzen EU gilt die Datenschutzgrundverordnung. Die untersagt ausdrücklich die Verarbeitung von Daten zu Herkunft, politischer Meinung, sexueller Orientierung und weiteren persönlichen Merkmalen ohne ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen. Der EU-weit geltende Digital Services Act verbietet das Schalten von Werbung auf Online-Plattormen, die auf Profiling, also zielgerichteter Werbung auf Grundlage dieser persönlichen Daten basiert. Unter Berufung auf dieses Verbot reichen die Partnerorganisationen der GFF auch in weiteren EU-Ländern Beschwerde gegen zielgerichtete Werbung auf X ein.

Was kann die Bundesnetzagentur gegen gezielte Werbung unternehmen?

Mit der Beschwerde will die GFF gezielte Werbung auf Grundlage von besonders sensiblen Daten stoppen. Die Bundesnetzagentur ist in Deutschland die nationale Koordinationsstelle für digitale Dienste (DSC). Die Behörde muss jetzt die Beschwerde prüfen und dann an den DSC weiterleiten, bei dem X seine Niederlassung angemeldet hat – das ist die entsprechende Stelle in Irland. Bei einem Verstoß muss der irische DSC Maßnahmen ergreifen, um ihn zu beheben.

Zielgerichtete Werbung auf X

Unsere Partnerorganisation AI Forensics hat Werbedaten von X aus dem Zeitraum September 2023 bis Mai 2025 ausgewertet. Die frei zugängliche Recherche zeigt, dass X zwar sensible Datenkategorien ausweist, aber Zielgruppen für Werbung nach Keywords zulässt, die diese untersagten Kategorien umgehen. Die politische Ausrichtung darf zwar nach der internen Richtlinie von X nicht die Grundlage für eine Werbeanzeige sein – die Keyword-Suche erlaubt Werbetreibenden aber trotzdem, sich an die Gruppe mit dem Merkmal „Political Affiliation – Christlich-Soziale Union“ zu wenden. Diese Funktion nutzen Werbekunden auch nachweislich. So hat das Computer-Unternehmen Dell seine Anzeigen explizit nicht für Nutzer*innen geschaltet, die X den Keywords „Alternative für Deutschland“ oder „#lesbisch“ zuordnet.

Erfolgreiche Beschwerde gegen LinkedIn

Die GFF hat 2024 Beschwerde gegen LinkedIn eingelegt, weil die Plattform sensible Daten von Nutzer*innen für Werbung ausgewertet hat, darunter Informationen zur sexuellen Orientierung. Die Beschwerde der GFF und weiterer Partnerorganisationen hat dazu geführt, dass LinkedIn Werbetreibenden gegenüber diese Option nicht mehr anbietet.

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