X verhindert Forschung zu möglicher Wahlbeeinflussung
Die Social-Media-Plattform X verwehrte Forschenden den Zugang zu öffentlichen Daten ihrer Plattform. Gemeinsam mit Democracy Reporting International (DRI) haben wir im Eilverfahren geklagt.
Anspruch auf Forschungsdaten nicht nur in Irland durchsetzbar
Eine noch offene Rechtsfrage, die wir mit dem Verfahren gerichtlich klären lassen wollten, war die Frage, wo Forschende den Anspruch auf Forschungdatenzugang gerichtlich einklagen können. Diese Frage hat das Landgericht nun eindeutig beantwortet: Forschende müssen nicht nach Irland, um dort zu klagen, sondern können dort klagen, wo sie auch ihre Forschung betreiben. Das ist als großer Erfolg, da nur so die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs sichergestellt ist.
Forschungsprojekt auf Bundestagswahl ausgerichtet
Im Eilverfahren hat das Landgericht Berlin X zunächst dazu verurteilt, DRI bis kurz nach der Bundestagswahl einen unbeschränkten Zugang zu allen öffentlich verfügbaren Daten von X zu gewähren, um so erforschen zu können, ob es auf der Plattform zu Wahlbeeinflussung kommt. Das Landgericht hat die Entscheidung damit begründet, dass ein weiters Abwarten das Forschungsprojekt vereiteln würde, da die Zeit unmittelbar vor der Bundestagswahl dafür entscheidend sei. Nachdem GFF und DRI ein Zwangsgeld bei Gericht beantragt hatten, legte X Widerspruch ein. Zudem stellte X Befangenheitsanträge gegen mehrere Richter*innen des Landgerichts. Einem dieser Anträge gab das Gericht statt.
Erledigterklärung des Verfahrens
Öffentlich verfügbare Daten können sich jederzeit verändern, indem sie zum Beispiel von Nutzer*innen oder der Plattform gelöscht werden. Deshalb war es wichtig, den Datenzugang vor der Bundestagswahl zu bekommen und nicht erst danach. Der Antrag war entsprechend bis kurz nach der Wahl befristet. Nachdem die Wahl vorbei war, ist auch der Antrag entsprechend durch Zeitablauf gegenstandslos geworden und die GFF und DRI mussten das Verfahren für erledigt erklären. Deshalb geht es jetzt nur noch um die Kosten. Dafür muss das Gericht aber auch einbeziehen, inwiefern unser Antrag auf Datenzugang Erfolg gehabt hätte, wenn er rechtzeitig entschieden worden wäre. Wir hoffen deshalb nach wie vor darauf, dass das Gericht Feststellungen zu Art. 40 Abs. 12 DSA trifft.
Den Digital Services Act durchsetzen
Kern des Verfahrens ist es eine neue gesetzliche Regelung des DSA durchzusetzen: Den Anspruch auf Forschungsdatenzugang (Artikel 40 Abs. 12 DSA). Dieser verpflichtet große Online-Plattformen dazu, Forschenden unverzüglich Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten ihrer Plattform zu gewähren, um systemische Risiken untersuchen zu können. Gleichzeitig sollen mit dieser Klage offene Rechtsfragen bezüglich der gerichtlichen Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf Forschungsdatenzugang in Deutschland geklärt werden.
DRI forscht zu politischen Diskursen auf Social-Media-Plattformen im Vorfeld von Wahlen in Europa, darunter auch die anstehende Bundestagswahl: „Andere Plattformen haben uns Zugang gewährt, um öffentliche Debatten auf ihren Plattformen systematisch zu verfolgen, aber das Unternehmen X hat uns dies verweigert. Wir betrachten es als unser Recht gemäß dem Digital Services Act, auf Daten zuzugreifen und das Gemeinwohl zu stärken, indem wir zeigen, wie sich politische Kampagnen auf Social-Media-Plattformen entwickeln", sagt Michael Meyer-Resende, Geschäftsführer von DRI.
Social Media beeinflusst Meinungsbildung
Diese Klage ist Teil des von der Mercator Stiftung, Luminate und der Open Society Foundation geförderten Center for User Rights, mit dem die GFF die Rechte von Nutzer*innen nachhaltig stärken, einfordern und durchsetzen sowie das bestehende Machtungleichgewicht zwischen Online-Plattformen und ihren Nutzer*innen korrigieren will. Über das konkrete Verfahren hinaus soll der Druck auf Plattformen erhöht werden. Denn: Soziale Netzwerke üben einen erheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung und damit Wahlprozesse aus. Und bereits jetzt gibt es in Deutschland Anzeichen dafür, dass Manipulationskampagnen in Deutschland gestartet wurden. Der Zugang zu relevanten Metriken großer Plattformen ist ein zentrales Instrument, um zu verhindern, dass Wahlen beeinflusst und Desinformationen gestreut werden.