Filmwerkstatt Düsseldorf: Willkürliche Sperren Von Facebook-Seiten gefährden Kunstfreiheit
Im Dezember 2021 löschte Facebook die Seite der Filmwerkstatt Düsseldorf. Dagegen haben wir gemeinsam mit der Kanzlei Hausfeld Klage am Landgericht Düsseldorf eingereicht. Im Juli 2024 erklärte das Gericht die Sperrung durch Facebook für rechtswidrig. Ein wichtiger Erfolg für die Kunstfreiheit!
Die Filmwerkstatt als Zusammenschluss aus Filmschaffenden hat es sich zur Aufgabe gemacht, mittels Filmvorführungen und Diskussionsrunden Menschen für Kunst und Kultur zu begeistern. Mutmaßlicher Anlass der Löschung war ein kurz zuvor geposteter Programmhinweis auf den oscarnominierten Film „Der Schamane und die Schlange“. Die Werbung wurde mit einem Filmstill begleitet, das den Regisseur sowie eine Gruppe traditionell bekleideter Einheimischer zeigte.
Bereits während des Verfahrens konnten wir erreichen, dass Meta die Seite wiederherstellt. Im Juli 2024 entschied dann das Landgericht Düsseldorf, dass Meta rechtswidrig handelte, als das Unternehmen die Facebook-Seite der Filmwerkstatt Düsseldorf sperrte. Die Entscheidung ist ein wichtiges Signal: Internet-Plattformen müssen Grundrechte wie die Kunst- und Meinungsfreiheit wahren.
Social Media ist eine für die Kunst überlebenswichtige Plattform
Mit der willkürlichen Löschung der Seite gefährdete Facebook die Kunstfreiheit der Filmwerkstatt. Denn die Facebook-Seite, der über 4000 Menschen folgten, war Hauptausspielkanal für die Werbung des gemeinnützigen Vereins. Mit der willkürlichen Löschung ihrer Facebook-Seite war die Filmwerkstatt massiv darin eingeschränkt, ihr Angebot zu verbreiten. Erst eineinhalb Jahre nach der Sperre wurde die Seite der Filmwerkstatt im Juni 2023 entsperrt. Den Schaden, den der sich unter anderem über Spenden finanzierende Verein durch die fehlende Präsenz erlitten hat, ist schwierig zu beziffern.
Für Kunst im Allgemeinen sind das Internet und insbesondere soziale Netzwerke eine unverzichtbare Plattform, um Aufmerksamkeit zu generieren und so eine Wirkung zu entfalten. Das Grundrecht der Kunstfreiheit, das durch diese willkürliche Löschung massiv eingeschränkt wurde, gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für gemeinnützige Vereine.
BGH legt hohe Hürden für das Sperren von Seiten fest
Social Media Plattformen wie Facebook moderieren ihre Inhalte meist automatisch mit Algorithmen. Der Einsatz dieser künstlichen Intelligenz, zu dem es mutmaßlich auch im Fall der Filmwerkstatt gekommen ist, ist jedoch sehr fehleranfällig: Filter schlagen an bei Faktoren wie beispielsweise nackter Haut, ohne jedoch den Kontext eines Werkes zu verstehen. Damit sind rechtswidrige Sperrungen und Löschungen vorprogrammiert. Die Löschung der Seite ohne Vorwarnung und Begründung macht es der Filmwerkstatt zudem unmöglich, sich gegen die Maßnahme zu wehren. Kontaktversuche zu Facebook blieben unbeantwortet.
Das Vorgehen von Facebook widerspricht klar der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2021. Denn die legt hohe Hürden für die Sperrung oder Löschung von Nutzer*innen und Seiten fest: Soziale Netzwerke wie Facebook müssen aufgrund ihres enormen Einflusses die Grundrechte ihrer Nutzer*innen achten. Zu den Vorschriften zählen, dass Accountsperren objektiv und sachlich begründet sein muss. Zudem muss im Vorfeld eine Anhörung stattfinden und im Nachgang die Möglichkeit bestehen, Sanktionen zu hinterfragen.
Wegweisendes Urteil für die Kunstbranche
Plattformen ziehen sich auf die Position zurück, dass sie in Deutschland gar nicht verklagt werden könnten, da ihr Sitz in Irland liegt. Gesetzlich ist zwar vorgesehen, dass Verbraucher*innen vor deutsche Gerichte ziehen können. Im digitalen Raum ist aber häufig unklar, wer tatsächlich Verbraucher*in ist. Da nur Menschen Verbraucher*innen sein können, sind gemeinnützige Vereine wie die Filmwerkstatt von vornherein ausgeschlossen.
In diesem Fall konnte ein deutsches Gericht entscheiden, weil es sich um eine kartellrechtliche Streitigkeit handelte. Indem Meta die Seite der Filmwerkstatt ohne konkrete Begründung sperrte, nutzte es seine marktbeherrschende Stellung klar aus und behinderte die Kulturschaffenden unbillig. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf ist wegweisend, bietet es doch gerade Vereinen, Künstler*innen und Forschenden die Möglichkeit, sich rechtliches Gehör zu verschaffen.
Filmwerkstatt Düsseldorf zeigt Parallelen zu Goliathwatch
Im Juli 2022 konnte die GFF gemeinsam mit der Kanzlei Hausfeld bereits einen Erfolg erzielen. Im Februar 2022 sperrte Facebook die Seite der konzernkritischen NGO Goliathwatch – auch hier ohne Vorwarnung oder Ankündigung. In dem von uns koordinierten Eilrechtsschutzverfahren entschied das Oberlandesgericht Hamburg, dass die Sperrung rechtswidrig war, sodass Facebook die Seite wieder freischalten musste. Damit hat das Gericht bestätigt, dass auch Nicht-Nutzer*innen sich im Falle der Verletzung der Meinungsfreiheit auf die Rechtsprechung des BGH berufen können.
Center for User Rights schützt Rechte von Nutzer*innen im Netz
In diesem Bereich entfaltet der Digital Services Act seit Anfang des Jahres Wirkung. Die europäische Verordnung macht den Plattformen strengere Vorgaben und soll verhindern, dass Seiten wie die der Filmwerkstatt willkürlich gesperrt werden. Dennoch zeigen sich in der Praxis erhebliche Lücken. Daher geht die GFF mit dem eigens gegründeten Center for User Rights auch weiterhin gegen Fehlverhalten von Plattformen vor.