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Integrationsbeirat Leipzig Tisch von Mediamodifier, lizensiert unter Pixabay License
gleiche Rechte und soziale Teilhabe
Art. 3

Integrations­beirat des Landkreises Leipzig

Nach einer verfassungswidrigen Rechtsänderung durften Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus nicht mehr am Integrationsbeirat des Landkreises Leipzig mitwirken. Wir haben dagegen geklagt – und gewonnen.

Gemeinsam mit zwei geduldeten Menschen haben wir im Normenkontrollverfahren gegen die Satzung über die Zusammensetzung des Integrationsbeirats des Landkreises Leipzig geklagt. Aufgrund einer fragwürdigen Rechtsänderung konnten nur noch Personen mit „gesichertem Aufenthaltsrecht“ Mitglied des Beirats werden. Durch diese Anforderung mussten zwei langjährige Mitgliedern des Integrationsbeirats ihre Plätze aufgeben und anderen geduldeten Menschen wurde die Mitwirkung an der Integration im Landkreis Leipzig ohne guten Grund erschwert. Durch unsere Klage haben wir diese Diskriminierung beendet.
Bijan Moini

Bijan Moini

Jurist und Verfahrenskoordinator

"Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lässt keine Zweifel: Der Ausschluss von Geduldeten aus dem Integrationsbeirat war willkürlich, widersinnig und diskriminierend. Die Satzungsänderung hat den Sinn und Zweck des Beirates – Förderung der Integration – konterkariert.“

AUCH GEDULDETE MENSCHEN HABEN EIN RECHT AUF TEILHABE

Nach einem ablehnenden Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) im Eilverfahren erhielt das OVG wenig überraschend die Satzung auch im Hauptsacheverfahren aufrecht und ließ zunächst keine Revision zu. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht diese Entscheidung im Februar 2022 aufhob, konnten wir im November 2022 ein Revisionsverfahren am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig führen. Das Gericht gab unserer Klage statt und entschied, dass Menschen ohne gesicherten Aufenthalt nicht per Satzung von der Mitwirkung am Leipziger Integrationsbeirat ausgeschlossen werden dürfen.

Bundesweit gibt es viele Integrations- und Migrationsbeiräte, für deren Zusammensetzung strenge Regelungen gelten. Als Konsequenz unserer Klage müssen alle Städte und Landkreise diese Vorgaben nun darauf überprüfen, ob die Beschränkungen für die Wählbarkeit verfassungskonform sind.

INTERESSEN WURDEN NICHT AUSREICHEND VERTRETEN

Im Herbst 2018 änderte der Kreistag die Ordnung des Integrationsbeirats (IBO). Während die IBO zuvor die Mitgliedschaft von „zwei im Landkreis lebenden Personen mit Migrationshintergrund“ vorsah, durften nun nur „drei Einwohner/innen … mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit oder gesichertem Aufenthaltsrecht“ dem Beirat angehören. Mit dieser Regel sollte sichergestellt werden, dass die Zusammensetzung des Beirates eine gewisse Kontinuität aufweist.

INTEGRATIONSBEIRAT KONNTE SEINE FUNKTION NICHT MEHR ERFÜLLEN

Die verschärften Anforderungen der IBO widersprachen dem Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 GG. Denn durch sie wurden ausländische Einwohner*innen des Landkreises ungleich behandelt, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund vorläge.

Der Aufenthaltsstatus einer Person ist kein solcher Grund, da dieser wenig darüber aussagt, ob Menschen planen, über längere Zeit an einem Ort zu bleiben oder eben nicht. Auch deutsche Staatsbürger*innen und Ausländer*innen mit gesichertem Aufenthaltsrecht können den Wohnort wechseln oder ihre Mitgliedschaft im Beirat aus anderen Gründen beenden. Umgekehrt leben auch Menschen ohne gesichertem Aufenthaltsstatus oft viele Jahre in einem Landkreis.

Wir sehen immer das gleiche Muster: Ob es der Ausschluss aus Gremien, die Kürzung von Sozialleistungen oder der erschwerte Zugang zu Gesundheitsversorgung ist – Menschen ohne gesicherten Aufenthalt und Asylsuchende werden immer wieder diskriminiert und um ihre Rechte gebracht. Wieder einmal war der Gang vor Gericht nötig, um Abhilfe zu schaffen.
Bijan Moini, Jurist und Verfahrenskoordinator

Neben der rechtlich fragwürdigen Ungleichbehandlung schadete die Änderung auch der Funktionsfähigkeit des Beirates. Integrationsbeiräte sollen es ausländischen Einwohner*innen auf kommunaler Ebene ermöglichen, ihre Interessen gegenüber den Gemeinden zu vertreten. Durch den Ausschluss von Personen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus wurden auch die Interessen dieser Menschen aus den Entscheidungsprozessen des Landkreises Leipzig ausgeschlossen. Das Ziel, allen Menschen mit Migrationshintergrund Gehör zu verschaffen, konnte der Beirat so nicht mehr erfüllen.

AUSGRENZUNG VON STAATLICHER SEITE

Mit der Änderung der IBO wurde Einwohner*innen ohne gesichertes Aufenthaltsrecht die Gleichbehandlung versagt. Der Landkreis Leipzig ist allerdings direkt an Grundrechte gebunden – auch ausländischen Mitbürger*innen gegenüber. Daher haben wir geklagt und so dieser staatlichen Ungleichbehandlung Einhalt geboten.

Die Kläger wurden vor Gericht von dem Leipziger Rechtsanwalt Dr. Simon Schuster vertreten und unter anderem von dem Bornaer Verein 'Bon Courage e.V.' unterstützt.

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