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GFF erhebt erste Verbandsklage nach dem LADG: Humboldt-Universität diskriminiert trans, inter und nicht-binäre Studierende

Berlin – 1. Juni 2022. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat heute vor dem Verwaltungsgericht Berlin gegen die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) eine Verbandsklage nach dem neuen Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) erhoben. Nach einer von uns im Februar eingereichten Beanstandung verweigert die HU es ihren trans, inter und nicht-binären Studierenden weiterhin, einen ihrem Geschlecht entsprechenden Identitätsnamen auf studentischen Unterlagen wie der Campus-Card zu führen. Die erzwungene Nutzung des früheren, inzwischen abgelegten Namens (Deadname) ist für die Betroffenen diskriminierend und verletzt ihre Grundrechte.

„Die erste Verbandsklage nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz ist beim Kampf gegen Diskriminierung ein wichtiger Schritt. Endlich können wir gegen strukturelle Diskriminierung durch öffentliche Stellen gerichtlich vorgehen, ohne dass sich Einzelpersonen exponieren und Prozessrisiken aussetzen müssen“, sagt Soraia Da Costa Batista, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF.

Konkret geht es darum, den Identitätsnamen nicht nur auf universitären Lehr- und Lernplattformen und in Videokonferenzen verwenden zu dürfen, sondern auch auf der Immatrikulationsbescheinigung und der Campus-Card. Dieser Ausweis wird unter anderem zum Bezahlen in der Mensa, als Bibliotheksausweis und als Ticket im öffentlichen Nahverkehr genutzt. Nur die Verwendung des selbstgewählten Namens kann im Alltag verhindern, dass Betroffene gegen ihren Willen als trans, inter oder nicht-binär geoutet oder mit ihrem abgelegten Namen angesprochen werden.

„Das Deadnaming von trans, inter und nicht-binären Personen spricht ihnen ihre geschlechtliche Identität ab und ist zutiefst verletzend und diskriminierend. Das Führen von Identitätsnamen muss deshalb so umfassend und niedrigschwellig wie möglich gewährleistet werden“, sagt Jenny Wilken von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) e.V.. Andere Berliner Universitäten wie etwa die Freie Universität und die Technische Universität stellen bereits Campus-Cards auf den richtigen Namen aus. Auch in vielen anderen Lebensbereichen können trans, inter und nicht-binäre Menschen ihren Identitätsnamen nutzen, z.B. auf der Bankkarte, beim Onlineshopping, im Mietvertrag und im Arbeitsvertrag.

Eine amtliche Namensänderung ist derzeit nur nach dem Transsexuellen- (TSG) oder Personenstandsgesetz (PStG) möglich. Das zu großen Teilen verfassungswidrige TSG setzt hierfür unzumutbare Voraussetzungen fest: mehrjährige Wartezeiten, hohe Kosten und aufwändige, oft demütigende Sachverständigengutachten. Das einfachere und kostengünstigere Verfahren nach dem PStG steht nur intergeschlechtlichen Menschen offen.

„Es gibt einen grundrechtlichen Anspruch, in dem richtigen Geschlecht respektiert und adressiert zu werden“, sagt Rechtsanwältin Jessica Heun, die das Verfahren betreut. „Deshalb muss die Universität das Führen von Identitätsnamen in gewissen Grenzen auch unabhängig von einer amtlichen Änderung des Vornamens- und Geschlechtseintrags ermöglichen.“

Weitere Informationen zu unserer Klage finden Sie hier:

https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/tin

Weitere Informationen zum LADG Klagefond finden Sie hier:

https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/ladg

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:

Dr. Maria Scharlau, presse@freiheitsrechte.org

Tel. 030/549 08 10 55

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