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Menschenleere Strassen Corona Ausgangssperren Lizensiert bei Unsplash via Aaron Chavez
Demokratie und Grundrechte
Art. 2, 6, 1

Ausgangssperren im Corona-Notbremse­gesetz

Wir hatten gegen die nächtlichen Ausgangssperren im Corona-Notbremsegesetz geklagt. Das Bundesverfassungsgericht stellt fest, dass sie nur in einer "äußersten Gefahrenlage" in Betracht kommen.

Wir hielten das sogenannte Corona-Notbremsegesetz hinsichtlich der nächtlichen Ausgangssperre für verfassungswidrig. Deswegen hatten wir am 24. April 2021 gemeinsam mit zwölf Personen Verfassungsbeschwerde eingereicht. Unser Verfahren griff nicht das ganze „Notbremsegesetz“ an, sondern ging gezielt gegen die Ausgangssperre vor. In seiner Entscheidung vom 30. November 2021 hat das Bundesverfassungsgericht unsere Verfassungsbeschwerde zwar zurückgewiesen – es hat aber auch die Notwendigkeit hoher Hürden für Ausgangssperren bestätigt.

Verfahrensbevollmächtigte war die Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Anna Katharina Mangold, die in unserem Auftrag bereits ein Rechtsgutachten zur Zulässigkeit der Ausgangssperren erstellt hatte. Die zwölf Beschwerdeführer*innen waren unter anderem Abgeordnete im Deutschen Bundestag oder dem Abgeordnetenhaus Berlin und gehörten verschiedenen Parteien an: BÜNDNIS 90/Die Grünen, FDP, Die Linke und SPD. Außerdem waren weitere Personen dabei, die in unterschiedlicher Form in ihrem Privatleben von der Ausgangssperre betroffen waren.

Zur Pressemitteilung vom 30. November 2021: Nach Verfassungsbeschwerde der GFF: Bundesverfassungsgericht formuliert strenge Anforderungen an Ausgangssperren

Bundesverfassungsgericht: Ausgangssperren waren zulässig

In seiner Entscheidung zu Kontaktbeschränkungen und eben den Ausgangssperren vom 30. November 2021 betonte das Bundesverfassungsgericht an praktisch jeder Stelle seiner Prüfung den großen Spielraum, den der Bundestag bei der Einschätzung der Lage und der zu ergreifenden Maßnahmen hatte. Es zog sich deshalb auf eine „Vertretbarkeitskontrolle“ zurück. Das ist keine neue Erfindung des Gerichts, die zurückgenommene Kontrolle wirkt sich nur im Fall der Bundesnotbremse sehr viel stärker aus als sonst. Denn „vertretbar“ scheint in der Pandemie offenkundig vieles.

Das Gericht prüfte also nur, das aber sehr akribisch, ob der Bundestag sich für alle seine Entscheidungen und Abwägungsvorgänge auf eine fachliche Grundlage stützen konnte. Und das ist auch der Maßstab für die Zukunft: Nicht alles ist zulässig, sondern die betroffenen Grundrechtspositionen müssen sorgfältig und kleinschrittig miteinander in Ausgleich gebracht werden und müssen eine nachvollziehbare Basis in wissenschaftlichen Erkenntnissen haben. Allein für solche Feststellungen lohnen sich Verfassungsbeschwerden, denn sie leiten den Gesetzgeber auch in der Zukunft im Sinne der Grundrechte an.

Eilantrag gegen die Ausgangssperren

Um zu erreichen, dass das Bundesverfassungsgerichts die Ausgangssperren einstweilen außer Kraft setzt, hatten wir am 24. April 2021 neben unserer Verfassungsbeschwerde auch einen Eilantrag eingereicht. Das Bundesverfassungsgericht hat es mit Beschluss vom 5. Mai 2021 abgelehnt, die im Corona-„Notbremsegesetz“ verankerten Ausgangssperren einstweilen außer Kraft zu setzen. Das Gericht ließ damals noch offen, ob die Ausgangssperren im Infektionsschutzgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar sind, entschied sich aber im Rahmen einer Folgenabwägung, die Regelung zunächst weitergelten zu lassen.

Das Aktenzeichen unseres Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht lautet 1 BvR 805/21.

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