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Ausgangssperren bleiben vorerst in Kraft – GFF fordert grundrechtssensibles Gesamtpaket zur Corona-Bekämpfung

Berlin, 6. Mai 2021 – Das Bundesverfassungsgericht hat es mit Beschluss vom 5. Mai 2021 abgelehnt, die im Corona-„Notbremsegesetz“ verankerten Ausgangssperren einstweilen außer Kraft zu setzen. Das Gericht ließ ausdrücklich offen, ob die Ausgangssperren im Infektionsschutzgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar sind, entschied sich aber im Rahmen einer Folgenabwägung, die Regelung zunächst weitergelten zu lassen. Anlass des Beschlusses war eine Verfassungsbeschwerde, die die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) im Namen von zwölf Personen – unter ihnen Politiker*innen von SPD, FPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke – eingereicht hatte. Verfahrensbevollmächtigte ist die Verfassungsrechtlerin Prof. Dr. Anna Katharina Mangold (Universität Flensburg).

Im Falle des immunen Beschwerdeführers Sven Kohlmeier hat das Bundesverfassungsgericht noch keine Entscheidung getroffen: Ob auch ihm gegenüber die Ausgangssperre in Kraft bleiben wird ist weiter offen. Kohlmeier war vor einigen Wochen selbst an Covid-19 erkrankt und ist genesen. Er hat einen hohen Antikörperspiegel und kann sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr mit dem Sars-CoV-II-Virus infizieren oder andere gefährden. Das ihn betreffende Verfahren wurde abgetrennt und wird nun gesondert entschieden.

„Wie die Beschwerdeführenden bedauern wir die Entscheidung. Mit den Ausgangssperren bleibt eine Maßnahme mit schlechter grundrechtlicher Bilanz in Kraft: eine schwere Beschränkung von Freiheitsrechten mit allenfalls geringfügiger Wirkung gegen die Pandemie. Damit ist Deutschland dem Ziel eines schlüssigen und wirksamen Gesamtkonzepts zur Bekämpfung der epidemischen Notlage nicht nähergekommen“, sagte Dr. Ulf Buermeyer, Vorsitzender der GFF. „Der Gesetzgeber bleibt aufgefordert, statt der Ausgangssperren wirksamere Maßnahmen zu regeln – insbesondere gegen Infektionen im Arbeitsleben.“

„Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass die nächtliche Ausgangssperre tief in die Lebensverhältnisse eingreift und die Wahrnehmung der eingeschränkten Freiheiten durch Zeitablauf unwiederbringlich verloren ist,“ erläuterte Prof. Dr. Anna Katharina Mangold. „In Ansehung dieser Situation hat das Gericht eine sehr gründliche Folgenabwägung vorgenommen und im Zweifel zugunsten des Infektionsschutzes entschieden, ohne über die Begründetheit der Verfassungsbeschwerde schon etwas zu sagen.“ Prof. Mangold erstellte im Auftrag der GFF bereits ein Rechtsgutachten zum so genannten Corona-Notbremsegesetz und vertritt die zwölf Beschwerdeführenden nun auch vor dem Bundesverfassungsgericht.

Die Beschwerdeführerin Laura Sophie Dornheim betont: „Seit Monaten beharren zu viele Unternehmen auf unnötiger Präsenzpflicht, müssen dafür aber keinerlei Konsequenzen fürchten. Tagsüber ins Großraumbüro müssen und abends nicht rausdürfen – das passt nicht zusammen. Ich hoffe, dass die Bundesregierung auch ohne Druck aus Karlsruhe hier endlich nachsteuert.“

Der Beschwerdeführer Sven Kohlmeier (SPD), rechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion im Berliner Abgeordnetenhauses und Rechtsanwalt, erklärte: „Ich bin gespannt, ob sich das Bundesverfassungsgericht in dem mich betreffenden Verfahren zu einer grundrechtsstärkenden Entscheidung für Immune wird durchringen können. Ich erwarte, dass die Bundesregierung den von Justizministerin Christine Lambrecht vorgeschlagenen Weg für mehr Freiheiten für Geimpfte und Genesene konsequent umsetzt.“

Die Verfassungsbeschwerde, das Rechtsgutachten „Grundrechtliche Bewertung einer Ausgangssperre zur Pandemiebekämpfung“ und weitere Informationen finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/ausgangssperren

Fragen und Antworten zum Verfahren finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/faq-ausgangssperren

Fragen und Antworten der GFF zum Thema “Corona und Grundrechte” finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/corona-und-grundrechte

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Daniela Turß, presse@freiheitsrechte.org,
Tel. 030/549 08 10 55 oder 0175/610 2896

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