Containern ist keine Straftat
Das Retten von Lebensmitteln aus Müllcontainern muss entkriminalisiert werden. Wir unterstützten die Verfassungsbeschwerde zweier Studentinnen, die wegen Diebstahls verurteilt wurden.
Für die Entkriminalisierung des Containerns
Den zwei Studentinnen wird vorgeworfen, am 4. Juni 2018 Obst, Gemüse und Joghurt aus einem Müllcontainer der Firma Edeka entnommen zu haben. Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck sprach sie am 30. Januar 2019 des gemeinschaftlich begangenen Diebstahls schuldig und verwarnte sie. Das daraufhin angerufene Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte das Strafurteil am 2. Oktober 2019.
Für die Studentinnen ist das Containern ein bewusstes Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung. Die Studentinnen Caro und Franzi fordern daher ein gesetzliches Verbot der Lebensmittelverschwendung und eine Legalisierung des Containerns. 130.000 Unterschriften für diese Forderungen haben sie auf der Justizministerkonferenz überreicht.
Strafrecht darf nur gegen sozialschädliches Verhalten eingesetzt werden
Da die Politik nicht handelte, wehrten sich die beiden Studentinnen gegen die Kriminalisierung ihres Engagements gegen Lebensmittelverschwendung. Vertreten von den Rechtsanwält*innen Max Malkus und Susanne Keller und unterstützt von der GFF reichten sie am 8. November 2019 eine Verfassungsbeschwerde gegen das Strafurteil aus den ersten zwei Instanzen ein. Das Bundesverfassungsgericht stellte den Nichtannahmebeschluss am 18. August 2020 zu. Das Bundesverfassungsgericht sieht in der Bestrafung des Containers keine Grundrechtsverletzung. Der Gesetzgeber dürfe auch entsorgtes Eigentum mit den Mitteln des Strafrechts schützen.
Damit verkennt das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtlichen Grenzen des Strafrechts. Der Supermarkt hatte keinerlei Interesse mehr an diesen Lebensmitteln, sie waren für ihn völlig wertlos. Dieses Eigentum dennoch mit den Mitteln des Strafrechts zu schützen, verstößt gegen den Grundsatz, dass das Strafrecht die Ultima Ratio des Rechtsstaats sein muss. Denn das Strafrecht greift besonders stark in die Rechte der Bürger*innen ein – etwa mit Freiheitsstrafen, mit Geldstrafen aber auch durch die stigmatisierende Wirkung der Eintragung der Strafe ins Bundeszentralregister. Es ist daher auf Verhalten zu beschränken, das „in besonderer Weise sozialschädlich und für das geordnete Zusammenleben unerträglich […] ist“ (BVerfGE 88, (203, 258); 120 (224, 240)). Das gesellschaftliche Problem ist die Lebensmittelverschwendung durch die Supermärkte und nicht das Containern.
Freedom needs fighters
Gemeinsam für die Grundrechte vor Gericht