Verfassungsbeschwerde zur Strafbarkeit von „Containern“ eingereicht
Berlin, 8. November 2019 - Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat am Freitag in Karlsruhe eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung von zwei Studentinnen eingelegt. Die beiden Frauen, Caro und Franzi, wurden wegen Diebstahls verurteilt, weil sie Lebensmittel aus dem Müllcontainer eines Supermarktes entnommen hatten.
Verfassungsrechtlich
ist dieses Urteil hoch bedenklich. „Das Bayerische Oberste Landesgericht hat
leider nicht berücksichtigt, was der legitime Zweck von Strafrecht im
Rechtsstaat ist: Strafrecht ist dazu da, sozialschädliches Verhalten zu ahnden.
Wer verhindert, dass Lebensmittel verschwendet werden, tut nichts
Verwerfliches“, sagt Boris Burghardt von der Gesellschaft für
Freiheitsrechte. „Containern ist kein Diebstahl.“
Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hatte die beiden Studentinnen am 30. Januar 2019 wegen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls schuldig gesprochen, weil sie Obst, Gemüse und Joghurt aus dem Müllcontainer eines Supermarktes genommen hatten. Die beiden Frauen bekamen jeweils acht Sozialstunden auferlegt sowie eine Geldstrafe von 225 Euro auf Bewährung. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2019 bestätigte das Bayerische Oberste Landesgericht das Strafurteil.
„Das Urteil ist unverhältnismäßig und nicht mehr zeitgemäß. Der Staat sollte sich darauf konzentrieren, der Lebensmittelverschwendung Einhalt zu gebieten, und nicht diejenigen kriminalisieren, die entsorgte Lebensmittel weiterverwenden“, kommentieren Max Malkus und Susanne Keller, Anwälte der Beschwerdeführerinnen.
Alleine in Deutschland werden jährlich etwa elf Millionen Tonnen verzehrbare Lebensmittel weggeworfen. Diese Verschwendung wird zunehmend als drängendes gesellschaftliches Problem erkannt. Erst im Juni haben die Justizminister*innen der Länder betont, dass die Verschwendung verzehrbarer Lebensmittel sozial unerwünscht ist. Mehr als 150.000 Menschen haben eine Petition für die Entkriminalisierung des Containerns unterzeichnet.
„Wenn wir auch zukünftigen Generationen ein Leben auf unserem Planeten ermöglichen wollen, müssen wir aufhören, Unmengen an Lebensmitteln systematisch zu vernichten“ so Caro & Franzi. „Sehr viele Menschen haben sich über die Strafverfolgung empört und mit uns solidarisiert. Wir wollen unserer Positionierung gegen Lebensmittelverschwendung und die Kriminalisierung des Containerns mit dem Schritt vor das Bundesverfassungsgericht Nachdruck verleihen."
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Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert Gerichtsverfahren, um Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger und Klägerinnen mit exzellenten Juristen und Juristinnen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Klagen gegen die Massenüberwachung von Flugpassagieren und Verfassungsbeschwerden gegen den massenhaften Einsatz von Staatstrojanern, zuletzt im neuen Polizeigesetz in Hessen, aber auch die Klage einer Journalistin gegen Entgeltdiskriminierung.
Zur Finanzierung ihres Einsatzes für die Grundrechte ruft die GFF zu Spenden auf: Spenden.
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