
Wenn die Freiheit schwindet, kämpfen wir für sie.
Seit 2015 verteidigt die GFF die Grundrechte vor Gericht. Wir nutzen strategische Prozessführung, um Demokratie und Zivilgesellschaft zu fördern, digitale Bürger*innenrechte zu schützen und soziale Teilhabe zu sichern. Aus wenigen ehrenamtlichen Aktiven ist in dieser Zeit ein Team von mehr als dreißig hauptamtlichen Mitarbeitenden geworden. Mittlerweile haben wir über hundert Verfahren geführt – und deutlich mehr als die Hälfte davon gewonnen. Auf dieser Seite stellen wir Ihnen zehn wichtige Fälle aus zehn Jahren GFF vor.
Spenden für die Freiheit
Unsere Top 10 Erfolge
Erfolg #1
2020
BND-Gesetz: Grundrechte gelten auch im Ausland

Worum geht es?
Das 2016 novellierte Bundesnachrichtendienst-Gesetz erlaubte es dem Geheimdienst, ohne konkreten Verdacht und gerichtliche Genehmigung Telekommunikationsdaten im Ausland mitzuschneiden und auszuwerten. Die Überwachung war lediglich an vage Bedingungen geknüpft, die dem BND keine wirksamen Grenzen setzten. Der Geheimdienst konnte so auch Journalist*innen und deren Quellen überwachen – das gefährdet die Pressefreiheit weltweit.
Unser Erfolg vor Gericht
Gemeinsam mit zahlreichen Investigativjournalist*innen erhoben wir 2017 Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle des BND-Gesetzes. 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Überwachungspraxis des BND für verfassungswidrig – sie verletzt das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit. Das Gericht stellte fest: Deutsche Behörden sind auch im Ausland an das Grundgesetz gebunden. Für eine Überwachungstätigkeit des BND gelten enge Grenzen.
Erfolg #2
2022
Menschenwürdes Leben auch in Sammelunterkünften

Worum geht es?
Asylsuchende leben in Deutschland häufig unter schwierigen Bedingungen: Sie wohnen in Sammelunterkünften und erhalten deutlich weniger Sozialleistungen als Bürgergeldempfänger*innen. Denn der Gesetzgeber betrachtete alleinstehende Geflüchtete, die in einer Sammelunterkunft leben, als „Schicksalsgemeinschaft“, die gemeinsam wirtschaften kann und so weniger Geld benötigt. Das hat mit der Realität in den Unterkünften allerdings nichts zu tun.
Unser Erfolg vor Gericht
Die gekürzten Sozialleistungen für Schutzsuchende waren zu niedrig, um ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten – und verletzten damit Menschenwürde und Sozialstaatsprinzip. Das Bundesverfassungsgericht entschied in diesem Sinne 2022, dass auch Geflüchtete in Sammelunterkünften Anspruch auf ungekürzte Sozialleistungen haben. Zuvor hatte Sozialgericht Düsseldorf dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Sonderrecht für Sammelunterkünfte mit der Menschenwürde vereinbar ist – auf Basis einer Vorlage der GFF.
Erfolg #3
2022
Bundesverfassungsgericht setzt bayerischem Verfassungsschutz Grenzen

Worum geht es?
Mit einer Neufassung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) verfügte der bayerische Inlandsgeheimdienst 2016 über beispiellose neue Überwachungsbefugnisse. So sollte der Verfassungsschutz etwa ohne gerichtliche Vorabkontrolle V-Leute einsetzen und Menschen dauerhaft observieren dürfen. Außerdem unterlief die Novelle die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten, Übermittlungen an die Polizei unterlagen kaum Anforderungen.
Unser Erfolg vor Gericht
Nachdem wir gemeinsam mit antifaschistischen Aktivist*innen Verfassungsbeschwerde gegen das BayVSG eingelegt hatten, erklärte das Bundesverfassungsgericht 2022 wichtige Teile des Gesetzes für verfassungswidrig: Dazu gehörten etwa der Zugriff auf gespeicherte Telekommunikationsdaten und die Online-Durchsuchung von Handys und Computern. Die vom Gericht entwickelten Maßstäbe gelten seither für alle geheimdienstlichen Tätigkeiten im Inland.
Erfolg #4
2022
Hessendata: Polizei verletzt mit Data Mining Grundrechte

Worum geht es?
Hessen verschärfte 2018 sein Polizeigesetz. Die Novelle erlaubte es der Polizei zum Beispiel, Online-Durchsuchungen durchzuführen und Daten mit KI auszuwerten – sogenanntes Data Mining. Auf Grundlage des Gesetzes nutzte die hessische Polizei die Software Hessendata des US-Unternehmens Palantir: Sie erstellt aus einer Vielzahl an Daten umfangreiche Profile. Auch Unbeteiligte können so in den Fokus der Polizei geraten.
Unser Erfolg vor Gericht
In Folge unserer Verfassungsbeschwerde stellte das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil fest: Data Mining ist nur in engen gesetzlichen Grenzen zulässig. Es muss klar sein, wann, wofür und unter Verwendung welcher Daten die Polizei Analysesoftware nutzen darf. Die hessische Rechtsgrundlage hatte zu viel davon unklar gelassen – und damit gegen das Recht verstoßen, über die eigenen Daten zu bestimmen.
Erfolg #5
2023
Die Versammlungsfreiheit gilt auch für Protestcamps

Worum geht es?
Behörden und Gerichte erkennen Protestcamps häufig nicht als – grundrechtlich geschützte – Versammlungen an. Deshalb untersagen Behörden den Protestierenden etwa, zwingend notwendige Infrastruktur wie Schlafplätze und Sanitäranlagen einzurichten. Die Camps müssen damit unter Bedingungen stattfinden, die langfristigen Protest unmöglich machen. Das schränkt die Versammlungsfreiheit der Teilnehmenden stark ein und verdrängt Protestcamps aus dem öffentlichen Raum.
Unser Erfolg vor Gericht
2022 unterstützten wir das Verfahren von Klima-Aktivist*innen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Wir wollten klären, ob auch die Übernachtungsflächen im Klimacamp Garzweiler von der Versammlungsfreiheit geschützt waren. Das Bundesverwaltungsgericht stellte klar, dass die Versammlungsfreiheit auch auf Dauer angelegte Protestcamps schützt – inklusive der Infrastruktur, die die Teilnehmenden benötigen. Denn wo und wie friedlicher Protest stattfindet, entscheiden die Protestierenden.
Erfolg #6
2023
Equal Pay: Gleicher Lohn ist nicht verhandelbar

Worum geht es?
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ – Frauen dürfen nicht schlechter bezahlt werden als Männer. Dieses Prinzip verpflichtet Arbeitgeber*innen seit Jahrzehnten, doch die Realität sieht oft anders aus. So verdiente die Mitarbeiterin eines sächsischen Metallbauunternehmens deutlich weniger Lohn als ihr männlicher Kollege, der mit gleicher Qualifikation den gleichen Job machte. Das Argument des Unternehmens: Der Kollege hatte besser verhandelt.
Unser Erfolg vor Gericht
Im Februar 2023 gelang uns ein Paukenschlag für Equal Pay vor dem Bundesarbeitsgericht. Arbeitgeber*innen dürfen vom Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht abweichen, nur weil ein Mann höhere Gehaltsforderungen stellt als seine Kollegin. In der Praxis heißt das: Arbeitgeber*innen können zwar auf Lohnforderungen eines Arbeitnehmers eingehen, einer gleichermaßen qualifizierten und erfahrenen Mitarbeiterin müssen sie dann aber ebenfalls den Lohn erhöhen. Damit gab das Gericht unserer Klägerin am Ende eines kraftraubenden Zugs durch die Instanzen Recht und sprach ihr entgangenen Lohn und eine Entschädigung zu.
Erfolg #7
2023
Öffentliche Kritik an der Polizei muss möglich sein

Worum geht es?
Im Mai 2023 teilte Bahar Aslan, die an der Polizeihochschule NRW lehrte, in einem Tweet persönliche Erfahrungen mit der Polizei. Dabei kritisierte sie auch rassistische Strukturen. Die Hochschule entzog ihr daraufhin den Lehrauftrag – sie sei ungeeignet, weiterhin als Dozentin für interkulturelle Kompetenz zu arbeiten. Damit verletzte die Hochschule Aslans Grundrechte, denn persönliche Erfahrungen und Einschätzungen sind von der Meinungsfreiheit geschützt.
Unser Erfolg vor Gericht
Unterstützt von der GFF stellte Bahar Aslan vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einen Eilantrag gegen den Entzug ihres Lehrauftrags – und bekam Recht: Die Hochschule durfte die Frage nach Aslans Eignung nicht von dem kritischen Tweet abhängig machen. Auch das positive Feedback, das sie für ihre Lehrtätigkeit zuvor erhalten hatte, hätte eine Rolle spielen müssen. Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte die Entscheidung in zweiter Instanz.
Erfolg #8
2025
BezahlkartE MUSS individuelle Lebensumstände berücksichtigen

Worum geht es?
Viele Kommunen nutzen mittlerweile Bezahlkarten statt Bargeld, um Sozialleistungen an Geflüchtete auszuzahlen. Dadurch entfällt z.B. die Möglichkeit, second hand einzukaufen, sodass viele Menschen ihren Bedarf nicht decken können – das verletzt das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Zudem diskriminiert die Bezahlkarte Geflüchtete, weil sie diese gegenüber anderen Leistungsempfänger*innen ohne Rechtfertigung schlechterstellt.
Unser Erfolg vor Gericht
Wir sind bereits vor mehreren Gerichten gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete vorgegangen. Die meisten Entscheidungen betonen: Die Behörden müssen die Bezahlkarten so ausgestalten, dass sie den Lebensumständen und Bedürfnissen der Schutzsuchenden im Einzelfall gerecht werden – und vor allem muss das Existenzminimum gewahrt sein. Selbst bei einer solchen Ausgestaltung bleibt der Verstoß gegen das Recht auf Gleichbehandlung der Geflüchteten bestehen.
Erfolg #9
2025
Schmerzgriffe bei friedlichem Protest? Rechtswidrig!

Worum geht es?
Der Klimaaktivist Lars Ritter nahm im April 2023 an einer Straßenblockade zugunsten einer besseren Klimapolitik teil. Als die Polizei den friedlichen Protest auflöste, wandte ein Polizist sogenannte Schmerzgriffe an, um Ritter von der Straße zu entfernen – eine Kampfsport-Technik, die beim Betroffenen heftige Schmerzen auslöst. In den vergangenen Jahren nutzte die Polizei immer wieder Schmerzgriffe, um friedliche Proteste von Klimaaktivist*innen aufzulösen.
Unser Erfolg vor Gericht
Das Verwaltungsgericht Berlin erklärte den Einsatz von Schmerzgriffen bei friedlichen Demonstrationen im März 2025 für rechtswidrig: Kann die Polizei Personen auch wegtragen, sind Schmerzgriffe tabu. Wenn sie dann Gewalt und Schmerzen einsetzt, verletzt sie die körperliche Unversehrtheit der Protestierenden und greift tief in die Versammlungsfreiheit ein. Der Staat darf friedlich Protestierende nicht durch Gewalt einschüchtern.
Erfolg #10
2025
Facebook: Willkürliche Sperren gefährden die Kunstfreiheit

Worum geht es?
Für die Filmwerkstatt Düsseldorf ist Facebook der wichtigste Kanal, um ihre Filme und Veranstaltungen zu bewerben. 2021 löschte Facebook die Seite des Vereins – ohne Ankündigung, ohne Grund und ohne die Möglichkeit, sich zu wehren. Vermutlich hatte der Algorithmus in einem Filmstill im Programmhinweis irrtümlicherweise unzulässige Nacktheit erkannt. Versuche des Vereins, das Problem zu klären, ließ Facebook unbeantwortet.
Unser Erfolg vor Gericht
Mit der willkürlichen Löschung verletzte Facebook die Kunstfreiheit der Filmwerkstatt: Sie konnte ihr Programm nicht wie gewohnt verbreiten. Das sah auch das Landgericht Düsseldorf so und entschied deshalb, dass die Sperre rechtswidrig war. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte das Urteil. Das ist nicht nur ein Erfolg für die Kunstfreiheit, sondern für die Grundrechte aller Nutzer*innen, die großen Plattformen gegenüberstehen.