Zum Inhalt springen
LinkedIn Benutzeroberfläche © Unsplash
Freiheit im digitalen Zeitalter
Art. 5

Meinungsfreiheit bei LinkedIn: Kritik an Parteien muss erlaubt sein

Die Karriereplattform LinkedIn hat einen Post des Bundestagsabgeordneten Robin Mesarosch gelöscht. Darin forderte er als Beitrag zu einer aktuellen Debatte eine klarere Abgrenzung von der rechtsextremen Partei AfD, was die Plattform als Hassrede klassifizierte. Wir haben uns per Eilantrag gegen dieses willkürliche Löschen von Posts und damit die Verletzung der Meinungsfreiheit gewandt. Das Oberlandesgericht hat den Eilantrag abgewiesen.

Der Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch (SPD) postete auf seinem LinkedIn Account einen Beitrag, in dem er sich im Rahmen einer aktuellen Debatte gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD aussprach. Diesen Beitrag ordnete LinkedIn als Hassrede ein und sperrte ihn daraufhin. Gemeinsam mit Robin Mesarosch sind wir in Form des einstweiligen Rechtsschutzes gerichtlich gegen diesen Eingriff in die Meinungsfreiheit vorgegangen. Das Oberlandesgericht sah die Dringlichkeit in der Sache nicht gegeben, weshalb dem Eilantrag nicht stattgegeben wurde.
Juergen Bering

Jürgen Bering

Jurist und Verfahrenskoordinator

Ein Post, der sachlich vor einer Partei warnt und deren Hasstiraden kritisiert, ist keine Hassrede, sondern ein zulässiger politischer Meinungsbeitrag. Es kann nicht sein, dass Plattformen willkürlich Posts löschen, während Hetze und Falschinformationen oft ungehindert kursieren.

Die Plattform LinkedIn ist ein Ort, an dem man sein berufliches Netzwerk erweitern und pflegen, Beiträge lesen und teilen und sich über verschiedenste Themen austauschen kann. Der Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch (SPD) hatte das öffentliche Forum der Plattform dazu genutzt, auf eine Aussage des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zu reagieren. Merz hatte zuvor gesagt, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene möglich sei.

Mesarosch kritisierte diese Aussage und warnte davor, den Hass, den die AfD tagtäglich gegen marginalisierte Gruppen wie Ausländer*innen, Schwule und Lesben sowie Frauen und Andersdenkende schürt, zu normalisieren.

LinkedIn kennzeichnet Beitrag als Hassrede

Wenige Stunden nachdem der Post abgesetzt wurde, kennzeichnete die Karriereplattform Mesaroschs Beitrag als Hassrede. Und das, obwohl der Bundestagsabgeordnete sich gerade explizit gegen Hassrede wandte und eine Abgrenzung von rassistischen Parteien forderte.

LinkedIn hatte den Post mit Berufung auf die eigenen Community Guidelines als „Hassrede“ eingestuft und gelöscht – obwohl die Plattform in ebendiesen Richtlinien sogar darauf hinweist, dass das Anprangern tatsächlicher Hassrede erlaubt ist. Von ihrer Entscheidung rückte die Plattform auch auf eine Beschwerde des Abgeordneten hin nicht ab. Gegen diese Verletzung der Meinungsfreiheit sind wir jetzt gemeinsam vorgegangen.

Unseren Eilantrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das Landgericht Hechingen abgelehnt mit der Begründung, dass in der Sache keine Dringlichkeit bestehe. Auch das Oberlandesgericht sah die Dringlichkeit in der Sache nicht gegeben, weshalb dem Eilantrag auch hier nicht stattgegeben wurde.

Plattformen dürfen Beiträge ihrer Nutzer*innen nicht willkürlich löschen

Mit diesem Verfahren sollte gerichtlich klargestellt werden, dass Plattformen bei der Moderation von Beiträgen gegenüber ihren Nutzer*innen grundrechtliche Maßstäbe einhalten müssen: Während digitale Gewalt wie strafbare Beleidigungen oder rassistische Posts gelöscht werden dürfen und müssen, sind Beiträge jenseits dieser Schwelle von der Meinungsfreiheit gedeckt. Nur so ist ein freier und pluralistischer Austausch im Netz möglich.

„Wir müssen auch in sozialen Medien präzise benennen können, wo Gefahren für unsere Demokratie lauern und von wem sie ausgehen. Wer sich mit klaren Worten gegen Hass stellt, macht sich dadurch nicht selbst zum Hetzer, sondern zeigt Verantwortung“, betont Mesarosch: „Meine Klage ist für die Meinungsfreiheit und alle, die ihre Stimme für unsere Demokratie erheben.“

Dass das Verfahren nun an der Frage der Dringlichkeit gescheitert ist, geht an dem eigentlichen Problem vorbei. "Wenn Nutzer*innen nicht im Eilverfahren dagegen vorgehen könne, dass Posts gesperrt oder gar gelöscht werden, untergräbt das ihre Meinungsfreiheit. Was bringt es, wenn ein Post zu einer aktuellen Diskussion erst nach Jahren wieder freigeschaltet wird?", kommentiert Verfahrenskoordinator Jürgen Bering. Da eine Verfassungsbeschwerde in diesem Fall aufgrund der hohen Hürden im Eilrechtsschutz nur sehr geringe Erfolgschancen, lohnt sich ein Gang nach Karlsruhe nicht.

Schutz vor Diskriminierung ist ein Menschenrecht

Die sachliche Auseinandersetzung mit einer Partei, ungeachtet der politischen Ausrichtung, ist nicht nur von der Meinungsfreiheit gedeckt, sondern integraler Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Besonders bei Parteien wie der AfD ist die öffentliche Auseinandersetzung ein wichtiges Instrument, da ihr Parteiprogramm wie auch regelmäßig Aussagen führender Politiker*innen nachgewiesenermaßen an vielen Stellen unter anderem rassistische und misogyne Diskriminierung enthalten.

Der Schutz vor Diskriminierung und Rassismus ist ein Menschenrecht, das Deutschland sich aufgrund von Art. 3 des Grundgesetzes und der UN-Antirassismus-Konvention verpflichtet hat, zu schützen. Aufklärung über Rassismus und seine Benennung sind dabei genauso wichtig wie der aktive Schutz. Die Benennung von Rassismus, so wie Robin Mesarosch es in seinem Beitrag getan hat, muss also möglich sein.

BGH stellt klare Vorgaben für das Löschen von Posts

Der Bundesgerichtshof (BGH) entwickelte für die Löschung von Facebook-Posts klare Kriterien, die auf LinkedIn übertragbar sind. Wenn Plattformen sich eigene Richtlinien geben und das Löschen von „hasserfüllten“ Posts auch jenseits der Strafbarkeit erlauben, muss der jeweilige Tatbestand auch erfüllt sein. Im Beitrag von Mesarosch ist keine Herabwürdigung erkennbar, jegliche Begründung für die Löschung fehlt.

Die GFF hatte in der Vergangenheit bereits zweimal gegen willkürliche Löschungen durch Plattformen geklagt: Facebook hatte die gesamten Seiten der konzernkritischen NGO Goliathwatch und der Filmwerkstatt Düsseldorf grundlos gesperrt. Gleichzeitig setzt sich die GFF unter anderem mit einem eigenen Gesetzentwurf zu einem Digitalen Gewaltschutzgesetz dafür ein, dass tatsächliche Hassrede und digitale Gewalt effektiv bekämpft werden.

Grundrechte verteidigen.
Fördermitglied werden!