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Handyauslesung bei Asylsuchenden

5. February 2021 by GFF Team

Die GFF geht gegen die Auslesung der Handys von Asylsuchenden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor. Wenn geflüchtete Personen bei ihrer Ankunft in Deutschland keinen gültigen Pass vorzeigen können, liest das BAMF routinemäßig und ohne konkrete Verdachtsmomente Daten von ihren Handys und anderen Datenträgern aus, um anhand dieser Identitäts- und Herkunftsangaben zu überprüfen.

Cover der GFF-Studie "Das Smartphone, bitte! Digitalisierung von Migrationskontrolle in Deutschland und Europa"

Über diesen beispiellosen staatlichen Zugriff auf sensible Daten war lange wenig bekannt. Das haben wir geändert: Gemeinsam mit der Journalistin und Informatikerin Anna Biselli veröffentlichten wir Ende Dezember 2019 die Studie “Das Smartphone, bitte! Digitalisierung von Migrationskontrolle in Deutschland und Europa”. Im Anschluss daran werden wir die Handydatenauswertung gerichtlich überprüfen lassen und haben im Mai 2020 Klagen eingereicht. Im Februar 2021 reichten wir zudem Beschwerde beim Bundesdatenschutzbeauftragten ein. Der Digital Freedom Fund unterstützt dieses Projekt.

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Klagen in Hannover, Berlin und Stuttgart

Gegen die Handydatenauswertung klagt die GFF gemeinsam mit drei Kläger*innen und deren Anwälten, Dr. Matthias Lehnert und Roland Meister seit Mai 2020. Die Kläger*innen sind nach Deutschland geflohen und mussten dem BAMF ihre Mobiltelefone zur Auswertung überlassen. Einer von ihnen ist der 29-jährige Mohammad A. Er kommt aus Syrien und wurde 2015 als Flüchtling in Deutschland anerkannt. Im Jahr 2019 überprüfte das BAMF ohne Anlass alte Asylentscheidungen – einschließlich der, mit der Mohammed A. anerkannt wurde. Bei dieser Überprüfung hat das BAMF routinemäßig auch sein Smartphone ausgewertet.

Auf einmal hat der BAMF-Mitarbeiter zu mir gesagt, ich soll mein Handy rausgeben und entsperren. Ich wusste überhaupt nicht, was da genau passiert, man hat mir nichts erklärt. Aber ich hatte Angst, abgeschoben zu werden. Also habe ich ihm das Handy gegeben. Das war, als würde ich mein ganzes Leben über den Tisch reichen.

– Mohammad A., Kläger

Die ursprüngliche, positive Entscheidung im Asylverfahren wurde aufrechterhalten.

Das Verfahren von Mohammad A. ist beim Verwaltungsgericht Hannover anhängig. Zudem klagte die GFF mit einer etwa 37-jährigen Frau aus Afghanistan vor dem Verwaltungsgericht Berlin sowie mit einer 25-jährigen Frau aus Kamerun vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Ziel ist, die gesetzliche Grundlage für die Handydatenauswertung vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen.

Beschwerde beim Bundesdatenschutzbeauftragten

Zusätzlich zu den drei verwaltungsgerichtlichen Klagen hat die GFF gemeinsam mit Mohhammad A. im Februar 2021 eine Beschwerde beim Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber eingereicht. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit übt die Aufsicht über die Einhaltung des Datenschutzrechts beim BAMF aus, kann Zugang zu Diensträumen und Akten verlangen und festgestellte Verstöße beim übergeordneten Bundesinnenministerium beanstanden. Die Vorgängerin des jetzigen Bundesdatenschutzbeauftragten, Andrea Voßhoff, hatte im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung der Rechtsgrundlage für die Handydatenauswertungen in einer Stellungnahme bereits erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken geäußert.

Die Handydatenauswertung soll “Asylmissbrauch” verhindern, deckt aber praktisch nie falsche Angaben auf

Menschen, deren Identität nicht festgestellt werden kann, dürfen nicht abgeschoben werden. Zugleich spielen Herkunftsländer eine wichtige Rolle in der Entscheidung über einen Asylantrag. Viele der Menschen, die nach einer Flucht aus ihren Heimatländern in Deutschland ankommen, können aber keinen gültigen Pass vorlegen. In der Annahme, nur so Asylmissbrauch verhindern und Ausreisepflicht durchsetzen zu können hat der Bundestag 2017 die gesetzliche Grundlage für die Handyauslesungen geschaffen.

Tatsächlich zeigt die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, dass die Durchführung tausender solcher Handydurchsuchungen nur in sehr seltenen Fällen einen Widerspruch den Identitätsangaben aufzeigte, die die Asylsuchenden selbst machten: Im Zeitraum von Januar bis Oktober 2018 wurden nur etwa 30 % der durchgeführten Handydatenauswertungen anschließend überhaupt im Asylverfahren zu Rate gezogen. Das Ergebnis dieser dann verwendeten Berichte wich in nur 2 % der Fälle von den gemachten Angaben ab.

Tiefer Eingriff in die Privatsphäre

Angesichts der umfangreichen, oft sehr intimen Daten, die auf Smartphones gespeichert sind, stellt die Handyauslesung einen besonders tiefen Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen dar. Wegen ihrer Trennung von Heimat, Familie oder Freund*innen spielen Mobiltelefone im Leben geflüchteter Menschen oft eine besonders zentrale Rolle.

Diese Daten werden durch das BAMF in zwei Schritten ausgewertet: Die Daten werden zunächst extrahiert, computergestützt analysiert und das Ergebnis der Auswertung in einem Bericht abgespeichert. Dieser Bericht kann in einem zweiten Schritt durch eine*n Volljurist*in des BAMF freigegeben und im jeweiligen Asylverfahren genutzt werden. Der Bericht umfasst eine Vielzahl persönlicher Daten, dazu zählen Informationen zu den Ländervorwahlen ein- und ausgehender Anrufe, Nachrichten, Kontaktdaten und besuchte Webseiten. Auch wertet das vom BAMF genutzte Programm Lokationsdaten aus und zeigt diese auf einer Landkarte an. Ebenso werden Login-Namen, welche die betroffene Person für verschiedene Apps nutzt, gelistet. Schließlich werden SMS- und Messenger-Nachrichten einer Sprachanalyse unterzogen, welche die verwendete Sprache bzw. den arabischen Dialekt bestimmen soll.

Das BAMF stellt dabei nicht sicher, dass der Kernbereich ihrer Persönlichkeitsrechte geschützt wird, also beispielsweise ein Zugriff auf besonders persönliche Daten unterbleibt. Zwar ist das BAMF rechtlich verpflichtet ist, die Handyauslesung nur als letztes Mittel einzusetzen. So können etwa gezielte Fragen zum Herkunftsland und -ort in der Asylanhörung Zweifel an der Identität mit größerer Gewissheit aufklären. Die Handyauslesung wird aber in aller Regel schon lange vor der Anhörung durchgeführt. Weniger einschneidende Mittel, die das BAMF vor der Handyauslesung einsetzt, sind nicht bekannt.

Große Fehleranfälligkeit der Untersuchungen

Die Handyauslesung ist extrem fehleranfällig. Nur etwa 35 Prozent der Ergebnisse sind brauchbar. So ist etwa bei neuen Handys der Datensatz zu klein, alte Handymodelle werden von dem BAMF-Programm nicht unterstützt und es kommt zu widersprüchlichen Ergebnissen, wenn ein Handy von mehreren Personen genutzt wurde. Die Handyauslesung birgt auch darüber hinaus ein Missbrauchsrisiko. Für Mitarbeiter*innen des BAMF ist es schwierig, die Brauchbarkeit der Ergebnisse einzuschätzen. Auch unbrauchbare Testergebnisse können sie bei der Entscheidung im Asylverfahren beeinflussen und fälschlicherweise Misstrauen wecken.

Intransparentes Verfahren ohne Ergebnisse

ProAsyl, der Deutsche Anwaltverein (DAV) und auch die GFF kritisieren die Intransparenz, mit welcher das BAMF vorgeht. So ist auch nach etlichen Anfragen des Bundestags aber auch von Bürger*innen wenig über die Funktionsweise der Software bekannt, mit der die Datenträger ausgelesen werden. Das Gleiche gilt für die Algorithmen, die zur Auslesung angewandt werden.

Schutz von Grundrechten – auch für Asylsuchende

Die Auslesung der Datenträger von Asylsuchenden durch das BAMF ist in der jetzigen Form verfassungsrechtlich stark zu kritisieren. Das BAMF greift bereits ohne konkrete Verdachtsmomente tief in die Rechte tausender Menschen ein. Den betroffenen Personen bleibt faktisch keine Möglichkeit, diese Maßnahme abzuwehren und den Schutz ihrer persönlichen Daten sicherzustellen. Das steht in keinem Verhältnis dazu, dass das BAMF durch diese Maßnahme nur in sehr wenigen Fällen überhaupt Anhaltspunkte für eine falsch angegebene Identität findet. Im Ergebnis liegt es nahe, dass das BAMF durch sein Vorgehen die Persönlichkeitsrechte einer besonders vulnerablen Personengruppe in eklatanter Weise verletzt.

Die GFF lässt die Auslesung der Handys von Asylsuchenden deshalb gerichtlich überprüfen. Unsere prozessvorbereitende Studie, für die wir gemeinsam mit der Informatikerin und Datenschutzexpertin Anna Biselli recherchierten, wurde maßgeblich vom Digital Freedom Fund unterstützt.

Die GFF reichte die Studie zudem am 15. Mai 2020 beim Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte ein. Dazu hatte die Berichterstatterin über moderne Formen von rassistischer Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz aufgerufen. Die Studienergebnisse fließen in ihren Bericht zu digitalen Technologien und Diskriminierung im Grenzschutz ein, welcher der Generalversammlung der Vereinten Nationen vorgelegt wird.

Studie

  • „Das Smartphone, bitte! Digitalisierung von Migrationskontrolle in Deutschland und Europa“

Pressemitteilungen

  • 8.2.2021 – GFF reicht Beschwerde gegen BAMF-Handydatenauswertung beim Bundesdatenschutzbeauftragten ein
  • 5.5.2020 – GFF klagt gegen Handydatenauswertung bei Geflüchteten
  • 27.12.2019 – Studie: Handydatenauswertung bei Geflüchteten ist teuer, unzuverlässig und gefährlich

Hintergrundinformationen

  • Beschwerde an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit gegen die Datenverarbeitung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 4.2.2021 (PDF, 32 S., 412 KB)
  • Anonymisierter Musterschriftsatz unserer Klagen gegen die Handydatenauswertung des BAMF (PDF, 38 S., 421 KB)
  • Aufzeichnung des Vortrags zu digitalisierter Migrationskontrolle und Handyauslesung von Lea Beckmann und Anna Biselli auf dem 36C3 (27.12.2019)
  • Vorlage der Studie an den Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (Englisch, 15.05.2020)
  • “Kritik an der Auswertung von Datenträgern durch das BAMF hält an”, Pressemitteilung der Neuen Richtervereinigung vom 18.05.2020
  • Website von Anna Biselli mit weiterführenden Informationen zur Handyauslesung durch das BAMF

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Photo credit: Close-up usb cable connect phone and laptop computer by Marco Verch (2017), Flickr (CC BY-SA 2.0)

Filed Under: Fälle, Flüchtlingshandy

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