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Erfolgreiche Transparenzklage: Bundesfinanzministerium muss Protokolle des wissenschaftlichen Beirats herausgeben

Eine von der Gesellschaft für Freiheitsrecht finanzierte Transparenzklage führte zu einem Erfolg für die Informationsfreiheit! Das Verwaltungsgericht Berlin entschied am 4. Juli, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Sitzungsprotokolle des Wissenschaftlichen Beirats des BMF der vergangenen zwanzig Jahre herausgeben muss. Damit gaben die Richter*innen der von Moritz Neujeffski und FragdenStaat.de initiierten Klage in den wesentlichen Punkten statt.

Bisher hat das Gericht nur den Urteilstenor veröffentlicht. Soviel ist aber schon sicher: Der Versuch des BMF, die Satzung des wissenschaftlichen Beirats um eine Vertraulichkeitsklausel zu ergänzen und so die Herausgabe der Protokolle zu verhindern, ist gescheitert. Mit anderen Worten: Es reicht nicht aus, sich per eigener Satzung für geheim zu erklären.

Der wissenschaftliche Beirat berät das BMF regelmäßig zu Themen wie der Einkommens- oder Unternehmensbesteuerung. Zudem wird es aus Steuergeldern finanziert. Das Gremium, das aus Wirtschafts- und Rechtsprofessoren besteht, wird auch als das „wissenschaftliche Gewissen“ des Finanzministeriums bezeichnet. Der Beirat tagt hinter verschlossenen Türen, so dass der tatsächliche Einfluss des Gremiums auf die politischen Entscheidungsprozesse im BMF für die Bürger*innen bisher kaum nachvollziehbar war.

Im Zentrum des Verfahrens stand die Frage, ob der Herausgabe der Protokolle berechtigte öffentliche Interessen entgegenstehen. Das BMF berief sich u.a. darauf, dass der Herausgabe aller Protokolle ein besonderes Amtsgeheimnis entgegenstehe. In der mündlichen Verhandlung beharrten die Vertreter des BMF darauf, dass die per Handschlag zugesicherte Verschwiegenheit ausreiche, um Anfragen nach dem IFG abzulehnen.

Davon ließ sich das Gericht jedoch nicht überzeugen. Es erkannte im Vortrag der Beklagten keine gewichtigen Gründe, die den allgemeinen Informationszugangsanspruch des IFG ausschließen würden.

Nach dem Urteil hat das BMF nun alle Sitzungsprotokolle an den privaten Kläger herauszugeben. Noch abzuwarten ist, in welchem Umfang auch die Teilnehmerlisten der Sitzungen ausgehändigt werden müssen. Diesbezüglich muss das BMF noch prüfen, inwieweit Persönlichkeitsrechte der Wissenschaftler*innen dem entgegenstehen könnten.

Über den Einzelfall hinaus könnte das Urteil die Transparenz der Politik und Verwaltung in Deutschland wesentlich vorantreiben: Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts dürften nicht nur die Protokolle des Beirats beim Finanzministerium, sondern auch die Sitzungsprotokolle aus den über 100 weiteren Beiräten der Bundesregierung – sofern nicht im Einzelfall übergeordnete Interessen entgegenstehen – zukünftig anfragbar sein.

Das letzte Wort ist allerdings nicht gesprochen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und das BMF hat bereits in der Verhandlung angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Es ist daher gut möglich, dass der Fall als nächstes das Berliner Oberverwaltungsgericht beschäftigen wird.

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