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Zur Abschiebung mit Rammbock ins Privatzimmer? Entscheidung aus Karlsruhe am Donnerstag erwartet

18. November 2025, Berlin/Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat angekündigt, Donnerstag, 20. November 2025, über die Verfassungsbeschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und PRO ASYL zum grundrechtlichen Schutz der Wohnung für geflüchtete Menschen zu entscheiden. Die Beschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts und greift eine Regelung im Aufenthaltsgesetz an. Die Regelung erlaubt der Polizei, die Wohnung von Geflüchteten ohne Durchsuchungsbeschluss für die Abschiebung zu betreten. Das höhlt den Schutz der Wohnung aus und verletzt die Betroffenen in ihrem Recht auf Privatsphäre. Ziel ist es, dass das Gericht die Regelung für verfassungswidrig erklärt und die grundrechtswidrige Praxis der Polizei stoppt.

2019 drangen Polizeibeamt*innen mit einem Rammbock morgens in das Zimmer des Beschwerdeführers in einem Berliner Übergangswohnheim ein, um ihn abzuschieben. Eine richterliche Anordnung hatten die Beamt*innen nicht. Mit der 2019 eingeführten Regelung aus § 58 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz ist dafür kein Durchsuchungsbeschluss notwendig, wenn Tatsachen vorliegen, dass sich die Person in der Wohnung aufhält und die Polizeibeamt*innen die Wohnung nur „betreten“.

Verfassung schützt auch Zimmer in Geflüchtetenunterkünften

Das Recht auf einen privaten Rückzugsraum steht allen Menschen zu und auch die Zimmer in Geflüchtetenunterkünften sind grundrechtlich geschützt. Artikel 13 des Grundgesetzes (GG) stellt für das staatliche Eindringen hohe Voraussetzungen auf, die nicht zu migrationspolitischen Zwecken ausgehebelt werden dürfen. Die Regelung im Aufenthaltsgesetz verstößt in zweierlei Hinsicht gegen die grundrechtlichen Vorgaben zum Schutz der Wohnung: Das Eindringen in eine Wohnung mit einem Rammbock ist kein bloßes Betreten, sondern eine Durchsuchung. Dafür fordert das Grundgesetz in Artikel 13 Absatz 2 eine richterliche Anordnung. Selbst wenn das polizeiliche Vorgehen nur ein Betreten darstellen würde, so muss nach Artikel 13 Absatz 7 GG eine dringende Gefahr vorliegen. Eine geplante Abschiebung begründet keine dringende Gefahr und kann auch ohne gewaltvolles Eindringen in das Schlafzimmer durchgeführt werden.

Die GFF und PRO ASYL greifen die verfassungswidrige Regelung gemeinsam mit Rechtsanwalt Christoph Tometten und dem Beschwerdeführer an. Mit der grundrechtswidrigen Rechtsgrundlage und der Abschiebepraxis wird die Unverletzlichkeit der Wohnung systematisch verletzt.

Eine weitere Verfassungsbeschwerde der GFF und PRO ASYL gegen eine Abschiebung aus der Landeserstaufnahme Ellwangen noch vor Einführung der verfassungswidrigen Regelung liegt ebenfalls in Karlsruhe.

Mehr Informationen zum Verfahren:
https://freiheitsrechte.org/schutz-wohnung-gefluechtete

Die Verfassungsbeschwerde finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/uploads/documents/Soziale-Teilhabe/2025-02-17-Verfassungsbeschwerde-Schutz-Wohnung.pdf

Zur Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Aktuelles/TermineWochenausblick/termine-Wochenausblick_node.html


Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF)
Dr. Maria Scharlau
presse@freiheitsrechte.org
Tel. 030/549 08 10 55 – 01579/2493108

PRO ASYL
presse@proasyl.de
Tel. 069/24231430

Grundrechte verteidigen.