Paukenschlag für Equal Pay – Bundesarbeitsgericht fällt Grundsatzurteil nach GFF-Verfahren: Gleiche Bezahlung ist keine Verhandlungssache
Berlin/Erfurt, 16. Februar 2023 – Das Bundesarbeitsgericht entschied heute nach einer von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützten Klage, dass Arbeitgeber*innen vom Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nicht abweichen dürfen, nur weil ein Mann höhere Gehaltsforderungen stellt als seine Kollegin. Damit gab das Gericht der ehemaligen Mitarbeiterin eines sächsischen Metallunternehmens recht, und sprach ihr knapp 15.000 € entgangenen Lohn und eine Entschädigung in Höhe von 2000 € zu.
„Dieses Urteil ist ein Meilenstein auf dem Weg zur gleichen Bezahlung von Frauen und Männern. Gleiche Bezahlung kann nicht wegverhandelt werden – diese Klarstellung war überfällig“, betont Sarah Lincoln, Prozessbevollmächtigte und Verfahrenskoordinatorin der GFF. In der Praxis heißt das: Arbeitgeber*innen können zwar auf Lohnforderungen eines Arbeitnehmers oder Bewerbers eingehen. Einer gleichermaßen qualifizierten und erfahrenen Mitarbeiterin müssen sie dann aber auch den Lohn erhöhen.
Die Klägerin Susanne Dumas hatte zwischen 2017 und 2021 bei der Photon Meissener Technologies GmbH gearbeitet. Das Unternehmen hatte die ungleiche Bezahlung damit gerechtfertigt, dass der Mann bei seiner Einstellung mehr Lohn gefordert habe. Dieser Argumentation waren das Arbeitsgericht Leipzig und das Landesarbeitsgericht Sachsen gefolgt und hatten die Gehaltsverhandlungen als objektiven arbeitsbezogenen Grund für bessere Bezahlung gewertet. Das wollte die Klägerin nicht hinnehmen – ihre Ausdauer zahlte sich jetzt aus.
"Seit 1949 steht es im Grundgesetz, heute ist es endlich in der Arbeitswelt angekommen: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Ich widme diesen Erfolg meinen beiden Töchtern und stellvertretend allen Frauen in Deutschland. Seid mutig, seid laut und lasst euch niemals die Butter vom Brot nehmen!“, sagte Susanne Dumas.
Seit 1957 gilt die europarechtliche Equal Pay-Vorgabe direkt für alle Arbeitgeber*innen, Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen müssen durch arbeitsbezogene, objektive Gründe gerechtfertigt sein. Deutschland gehört in Sachen gleicher Bezahlung zu den Schlusslichtern in Europa und enthielt sich erst kürzlich bei der Abstimmung über eine neue EU-Richtlinie zu Equal Pay.
„Auf Fortschritte durch den Gesetzgeber oder Arbeitgeber*innen warten wir leider seit Jahren vergeblich. Der heutige Durchbruch ist einmal mehr der Ausdauer einer mutigen Frau zu verdanken, die den Rechtsweg nicht gescheut hat“, sagt die Rechtsanwältin Susette Jörk, die die Klägerin gemeinsam mit Sarah Lincoln vertreten hat.
Weitere Informationen zum Equal-Pay-Verfahren finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/themen/gleichbehandlung/equal-pay-photon-meissener
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