GFF unterstützt Ärztin Hänel im § 219a-Verfahren
Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützt Ärztin Kristina Hänel in ihrem § 219a-Verfahren
Berlin, 22. Februar 2018 – Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstützt die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die am 24.11.2017 wegen Verstoßes gegen § 219a StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von 6.000 Euro verurteilt wurde. Hänel wurde dafür bestraft, dass sie auf ihrer Praxis-Website über ihr Tätigkeitsspektrum informierte, das auch legale Schwangerschaftsabbrüche umfasst.
Der Gesetzgeber hat sich nach langen und heftigen Diskussionen entschieden, mit § 218a StGB bestimmte Schwangerschaftsabbrüche straflos zu lassen. Dennoch ist es Ärzt*innen unter Strafandrohung verboten, schwangere Frauen darüber zu informieren, dass sie solche Abbrüche durchführen.
219a StGB verbietet die „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche. Die Norm ist jedoch so umfassend formuliert, dass auch die reine Information über die Bereitschaft zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs erfasst ist. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe u.a. bestraft, wer öffentlich (also etwa im Internet) „seines Vermögensvorteils wegen“ (also etwa im Rahmen der Erwerbsarbeit als Ärztin) eigene Dienste zur Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs „anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt“.
Die GFF hält diese Regelung für verfassungswidrig und unterstützt daher Kristina Hänel in ihrem Rechtsmittelverfahren gegen das Urteil vom 24.11.2017. GFF-Vorstandsmitglied Nora Markard erläutert: „§ 219a StGB verletzt nicht nur Ärzt*innen in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Er verletzt auch schwangere Frauen in ihrer Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sowie ihr Recht auf freie Arztwahl. Sie können sich aufgrund des Verbots nicht erkundigen, ob die Ärztin ihres Vertrauens Schwangerschaftsabbrüche nach § 218a StGB durchführt – obwohl sie erlaubt sind.“ Stattdessen müssten sie sich an Dritte wenden, etwa nicht-kommerzielle Beratungseinrichtungen, deren Informationen unvollständig oder veraltet sein können.
Der Bundestag berät am 22. Februar 2018 über eine Reform oder Abschaffung des § 219a StGB. Die GFF hält eine vollständige Abschaffung für geboten und sinnvoll. Denn bereits nach Standesrecht, in diesem Fall der Berufsordnung für Ärzt*innen, ist ein reißerisches oder gar irreführendes Anpreisen medizinischer Leistungen oder das Herunterspielen ihrer Risiken verboten. Nach § 27 Abs. 1 der (Muster-)Berufsordnung der deutschen Ärzte sowie nach dem Gesetz über unlauteren Wettbewerb (UWG) ist nur die sachlich berufsbezogene Information erlaubt.
Hierzu erklärt GFF-Vorsitzender Ulf Buermeyer: „Das ärztliche Standesrecht enthält ausreichende Regelungen für problematische medizinische Werbung. Darüber hinaus die sachliche Information über legal erbrachte Leistungen zu verbieten und dafür überdies das Strafrecht als schärfste Waffe des Rechtsstaats zu nutzen, hält die GFF für verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Ganz zu schweigen von den Konsequenzen für Frauen, die sich in einer ohnehin schwierigen Situation nicht umfassend bei Ärzt*innen ihrer Wahl informieren können."
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