Weiterer Erfolg im Equal Pay-Verfahren: Schlechterbezahlung belegt, Klägerin setzt nun auf Bundesverfassungsgericht
Berlin, 17. Juni 2021 – Die jüngst vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) vorgelegte Gehaltsauskunft bestätigt, dass vergleichbare Männer im Mittel erheblich mehr verdienen als die Klägerin: Im Jahr 2017, für das die ZDF-Journalistin nach dem Inkrafttreten des Entgelttransparenzgesetzes Auskunft eingeklagt hatte, erhielten die Männer im Median rund 800 Euro im Monat mehr als sie. Obendrein gab es für Männer Leistungszulagen – nicht aber für die mehrfach für ihre journalistische Arbeit ausgezeichnete Redakteurin. Aufgrund ihrer ungleichen Einordnung in das tarifliche Stufensystem steigen die Männer zudem immer vor ihr auf; daher dürften sie im Median 2018 sogar 1.200 Euro und 2019 über 1.500 Euro pro Monat mehr verdient haben.
„Die Auskunft erhärtet nicht nur den Diskriminierungsverdacht, sondern zeigt auch, dass der Klägerin jährlich bis zu 18.000 Euro entgehen – das sind ganz erhebliche Summen. Das erklärt, warum der Sender sich bisher mit Händen und Füßen gegen die Auskunftspflicht gewehrt hat,“ sagt Prof. Nora Markard von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die das Verfahren seit 2017 begleitet.
Die Klägerin, eine beim ZDF als „Fest-Freie“ beschäftigte Investigativ-Journalistin, hatte ihr Auskunftsrecht bis zum Bundesarbeitsgericht durchfechten müssen. Die Existenz von Leistungszulagen, die bis zu rund 1.450 Euro im Jahr betragen, hatte der Personalchef der Klägerin im ersten Auskunftsschreiben noch verschwiegen.
Ihre Klage auf gleiche Bezahlung ist inzwischen beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Dieses hat die Verfassungsbeschwerde Ende März 2021 an das ZDF, das Bundesarbeitsministerium und das Bundesarbeitsgericht zugestellt. Prof. Nora Markard: „Die Klägerin hat nun schwarz auf weiß, dass die Männer mehr verdienen als sie, aber zu ihrem Recht auf gleiche Bezahlung ist sie damit noch immer nicht gekommen. Das Bundesverfassungsgericht könnte nun erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Präzedenzurteil in Sachen Equal Pay fällen. Davon würde nicht nur die Klägerin profitieren, sondern alle berufstätigen Frauen in Deutschland.“
Zum Hintergrund
Das Bundesarbeitsgericht (BAG), das sich in zwei Senaten mit der Sache beschäftigt hat, hatte zwar der Entgelttransparenz-Klage stattgegeben, die Revision in Sachen gleicher Bezahlung aber zurückgewiesen. Das Abweisungs-Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg ist nach Auffassung der Klägerin und der GFF jedoch weder mit Artikel 3 Absatz 2 und 3 Grundgesetz noch mit dem Unionsrecht vereinbar. Spätestens das BAG hätte entweder das Unionsrecht anwenden oder die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorlegen müssen. Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde der Klägerin.
Inzwischen hat das Bundesarbeitsgericht in einem anderen Verfahren die Auffassung der Klägerin und der GFF bestätigt und den höheren Median als Indiz für Diskriminierung gelten lassen.
Sachliche Gründe, warum die Männer mehr verdienen, konnte das ZDF bislang nicht überzeugend vortragen. Stattdessen legte es immer wieder neue, zum Teil widersprüchliche Begründungen nach. Während des laufenden Verfahrens beim BAG wurde die Klägerin durch die Chefredaktion nach 13 erfolgreichen Jahren beim Politikmagazin Frontal21 von Berlin an den Einsatzort Mainz versetzt.
Mit der Auskunft über den mittleren Verdienst der männlichen Redakteure ist die Transparenzklage erledigt. Die Prozesskosten des Revisionsverfahrens muss das ZDF tragen.
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Bei An- und Rückfragen wenden Sie sich an:
Nina Tesenfitz, presse-equalpay@freiheitsrechte.org, 0170 5763 663
Nora Markard, nora.markard@freiheitsrechte.org