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Wenn Europa seine Freizügigkeit verliert: GFF und Partner klagen gegen rechtswidrige Kontrollen an deutschen EU-Grenzen

Berlin, 26. November 2025 – Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) klagt in drei Verfahren gegen die 2024 beschlossenen Kontrollen an deutschen Grenzen vor dem Verwaltungsgericht München und dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Das Bundesinnenministerium hatte im September 2024 Kontrollen an allen deutschen Landesgrenzen eingeführt und seitdem mehrfach verlängert. Die GFF klagt vor dem Verwaltungsgericht München mit dem Innsbrucker Professor Werner Schroeder. Eine weitere Klage reicht die GFF mit Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Sandra Alloush, dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) sowie dem European Network against Racism (ENAR) in Stuttgart ein. Gemeinsam mit Equal Rights Beyond Borders greift die GFF eine diskriminierende Kontrolle (Racial Profiling) an der deutsch-österreichischen Grenze vor dem Verwaltungsgericht München an. Alle Klagen reicht die GFF mit Unterstützung von Rechtsanwalt Christoph Tometten ein.

Die Kontrollen verletzen das europäische Recht, sich frei im Schengenraum zu bewegen. Ziel der Verfahren ist es, die rechtswidrigen Kontrollen an allen deutschen Landesgrenzen zügig zu beenden. Damit sollen die Freiheit der Person, die Reisefreiheit und der Schutz vor Diskriminierung gestärkt werden.

„Diese Kontrollen hebeln das EU-Grundrecht der Reisefreiheit aus! Menschen verzichten aus Angst vor der Polizei auf das Überqueren von Grenzen. Wir wollen einen Stopp der rechtswidrigen Praxis an allen deutschen Landesgrenzen erreichen“, sagt Laura Kuttler, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. Die GFF und ihre Partnerorganisationen helfen deshalb verschiedenen Personen, die Rechtswidrigkeit der Kontrollen gerichtlich feststellen zu lassen.

Zu den einzelnen Verfahren:

  • Die GFF klagt vor dem Verwaltungsgericht München mit dem Innsbrucker Professor Werner Schroeder. Er überquert – als einer von vielen Werktätigen – aus beruflichen Gründen fast täglich die deutsch-österreichische Grenze. Trotz seines Hinweises auf die Europarechtswidrigkeit war er von Polizeibeamt*innen gezwungen worden, sich auszuweisen.
  • Die GFF klagt mit der Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Sandra Alloush gegen eine Kontrolle vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Sie führt das Verfahren mit Unterstützung des ECCHR und ENAR. Auch Alloush überquert die deutsch-französische Grenze regelmäßig aus beruflichen Gründen. Auf einer der Dienstreisen 2025 wurde sie gegen ihren Willen zur Kontrolle ihrer Papiere auf ein Polizeirevier gebracht. Die Polizei wandte dabei unnötige Gewalt an, inhaftierte sie und schickte sie schließlich zu Fuß zurück über die Grenze nach Frankreich. Die in Frankreich lebende Syrerin fürchtet weitere Erfahrungen dieser Art und meidet deshalb nun Grenzübergänge. Ihre Arbeit musste sie aus diesem Grund von Deutschland nach Frankreich verlegen.
  • Equal rights beyond borders und die GFF setzen sich mit einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht München für Zugfahrende ein, die aufgrund ihres Äußeren rassistisch motiviert kontrolliert werden (Racial Profiling). Im konkreten Fall hatte eine schwarze Person im Juli 2025 auf Höhe Freilassing als einziger Fahrgast des Abteils ihre Papiere vorzeigen müssen.
Alle Reisenden können an den deutschen EU-Grenzen kontrolliert werden. Aktuell ist bei jeder Grenzüberquerung mit polizeilichen Maßnahmen zu rechnen. Das widerspricht dem europarechtlichen Grundprinzip der Freizügigkeit im Schengen-Raum. Kontrolliert wird mit pauschalem Verweis auf eine Bedrohungslage. Dabei fehlen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Kontrollen Deutschland sicherer machen. Stattdessen bergen stichprobenartige Kontrollen immer die Gefahr von Diskriminierung. Dadurch halten sie insbesondere die Menschen davon ab sich frei zu bewegen, die äußerlich als einer Minderheit angehörig gelesen werden.
Die Wiedereinführung solcher Überprüfungen bedroht eine der wichtigsten Errungenschaften Europas. Die Freizügigkeit im Schengenraum vereinfacht nicht nur den Wirtschaftsverkehr und privates Reisen. Sie hat auch dazu beigetragen, dass sich Menschen über Grenzen hinweg besser verstehen und enger zusammenleben. Der Europäische Gerichtshof und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof haben die Europarechtswidrigkeit der Kontrollen bereits festgestellt. Indem das Bundesinnenministerium diese Gerichtsentscheidungen ignoriert, gefährdet es das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Weitere Informationen finden Sie hier:
https://freiheitsrechte.org/grenzkontrollen

Für Presseanfragen wenden Sie sich bitte an:
Janina Zillekens-McFadden
presse@freiheitsrechte.org
030/549 08 10 55

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