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Hauptsacheverfahren von Quad9 gegen Sony Music beginnt vor Landgericht Leipzig – GFF unterstützt den gemeinnützigen DNS-Resolver

Berlin, 3. August 2022 – Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstützt den gemeinnützigen DNS-Resolver Quad9 im Hauptsacheverfahren gegen Sony Music Germany vor dem Landgericht Leipzig. Quad9 beantragte gemeinsam mit der GFF die Einleitung des Hauptsacheverfahrens für eine schnelle gerichtliche Klärung, ob die Musikindustrie DNS-Resolver zur Sperrung von Webseiten verpflichten kann. Der heute veröffentlichte Schriftsatz legt dar, warum es unverhältnismäßig ist, Quad9 zur Sperrung einer angeblich urheberrechtsverletzenden Webseite zu verpflichten. Für den kleinen, spendenfinanzierten Dienst verursacht die Sperrung hohe Kosten und ist dabei noch nicht einmal effektiv, weil sie leicht umgangen werden kann. Die GFF will mit dem Verfahren verhindern, dass die Musikindustrie unter dem Deckmantel des Urheberrechts gemeinnützige Dienste wie Quad9 verdrängt und die Informationsfreiheit im Netz einschränkt.

„Wenn neutrale Internetdienste wie Quad9 zu Netzsperren verpflichtet werden dürfen, leidet darunter nicht nur die Informationsfreiheit. Kleinere, datenschutzfreundliche Dienste werden so aus Europa verdrängt, zum Nachteil der IT-Sicherheit“, sagt Felix Reda, Leiter des Projekts control copyright der GFF.

Alle Internet-Nutzer*innen sind beim Aufruf einer Webseite auf DNS-Resolver wie Quad9 angewiesen. Diese Dienste funktionieren wie Wegweiser durch das Internet, indem sie den Namen einer Webseite in eine IP-Adresse auflösen. Sony Music erwirkte 2021 vor dem Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung, wonach Quad9 für seine deutschen Nutzer*innen den Zugang zu einer Webseite mit angeblichen Urheberrechtsverletzungen sperren muss.

Diese Sperrpflicht bedeutet eine übermäßige Belastung für den kleinen, gemeinnützigen DNS-Resolver Quad9. Weil DNS-Resolver als neutrale Anbieter von Infrastruktur nicht unterscheiden, aus welchem Land die jeweilige Anfrage kommt, musste Quad9 zur Umsetzung der Sperrpflicht diese Unterscheidungsmöglichkeit kostenintensiv nachrüsten. „Diese Belastung ist unzumutbar: Quad9 hat mit der angegebenen Urheberrechtsverletzung nichts zu tun“, so Reda. „Die Vermutung liegt nahe, dass die Musikindustrie gezielt gegen einen besonders kleinen, spendenfinanzierten Dienst klagt, um einen Präzedenzfall für weitreichende Sperrverpflichtungen zu schaffen. Das ist eine Gefahr für ein freies und faires Internet.“

Durch die Sperrung wird außerdem die Informationsfreiheit der Internetnutzer*innen unverhältnismäßig eingeschränkt, weil ihnen keine Rechtsmittel zur Verfügung stehen, wenn legale Inhalte von einer Sperrung betroffen sind. Nach den Maßstäben des Europäischen Gerichtshofs von 2014 zu Netzsperren verletzt eine derartige unverhältnismäßige Sperrung die Informationsfreiheit der Internetnutzer*innen.

Das Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Leipzig soll eine Klärung gegen die Musikindustrie herbeiführen, damit gemeinnützige DNS-Resolver wie Quad9 auch in Zukunft noch Bestandteil einer datensparsamen Internet-Umgebung sind, in der die Informationsfreiheit nicht unverhältnismäßig eingeschränkt wird.

Weitere Informationen zur Klage finden Sie unter:
https://freiheitsrechte.org/themen/demokratie/quad9

Ein Video auf YouTube zu unserem Fall finden Sie hier:
https://youtu.be/HdC7Dy7xLzU

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Janina Zillekens, presse@freiheitsrechte.org
Tel. 030/549 08 10 55

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