GFF-Klage gegen Uni Mainz: Intransparenz über Drittmittel gefährdet Wissenschaftsfreiheit
Mainz, 19. Januar 2021 - Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstützt eine gestern beim Verwaltungsgericht Mainz erhobene Klage gegen die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die Universität verweigert die Herausgabe von Informationen über Forschungskooperationen mit chinesischen Unternehmen, zu der sie nach dem Landestransparenzgesetz verpflichtet ist. „Es eine Gefahr für die freie und unabhängige Wissenschaft, dass die Universität Mainz nicht einmal die Namen ihrer Drittmittelgeber zu nennen bereit ist“, sagt Felix Reda, Leitung des Projekts control © bei der GFF.
Die GFF klagt gemeinsam mit dem Sinologen und freien Journalisten David Missal, der das Informationsportal „Chinas Geld an deutschen Unis“ betreibt. Missal hat aufgedeckt, dass jährlich über 2 Millionen Euro aus China an deutsche Universitäten fließen. „Hochschulen in Deutschland lassen sich ganze Studiengänge vom chinesischen Staat finanzieren und nehmen Geld von chinesischen Firmen an, die massiv in Menschenrechts-Verbrechen involviert sind“, sagt Missal. „Das gesamte Ausmaß der Einflussnahme können wir nur erfahren, wenn die Universitäten ihren Informationspflichten nachkommen.“
Geschäftsgeheimnisse: Fadenscheiniger Grund für Geheimhaltung
Anders als andere Hochschulen weigert sich die Universität Mainz, Informationen über ihre Drittmittelgeber herauszugeben – und verweist dabei auf den Schutz von deren Geschäftsgeheimnissen. „Geschäftsgeheimnisse sollen Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb schützen, nicht die öffentliche Kontrolle von Verwaltungshandeln verhindern“, erklärt Joschka Selinger, Jurist bei der GFF und Koordinator der Klage. Staatliche Universitäten sind zum Schutz einer freien und unabhängigen Wissenschaft verpflichtet, deshalb unterliegen sie besonderen Transparenzanforderungen. „Hochschulen können sich ihren Pflichten nicht entziehen, indem sie Kooperationen mit privaten Unternehmen eingehen“, sagt Selinger.
GFF-Gutachten: Industriekooperationen gefährden Wissenschaftsfreiheit
Es ist nicht das erste Mal, dass die Universität Mainz mit Intransparenz über ihre Industriekooperationen auffällt. Im Jahre 2016 wurde die Universität dazu verurteilt, dem inzwischen verstorbenen SWR-Reporter Thomas Leif Einsicht in ihre Fördervereinbarung mit der pharmaindustrie-nahen Boehringer Ingelheim Stiftung zu gewähren. Ein von der GFF in Auftrag gegebenes wissenschaftliches Gutachten von Prof. Dr. Klaus F. Gärditz kam zu dem Ergebnis, dass diese Fördervereinbarung das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit verletzte und dass Kooperationsvereinbarungen in ähnlichen Fällen der Informationsfreiheit unterliegen.
Die GFF-Projektleitung Felix Reda und der Kläger David Missal stehen für Gespräche zur Verfügung.
Weitere Informationen zur Klage finden Sie hier.
Weitere O-Töne des Klägers David Missal finden Sie hier.
Das GFF-Gutachten „Universitäre Industriekooperation, Informationszugang und Freiheit der Wissenschaft“ von Prof. Dr. Klaus F. Gärditz finden Sie hier.
Mit dem Projekt control © setzt sich die GFF dafür ein, die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit im Spannungsfeld mit dem Urheberrecht oder Geschäftsgeheimnisschutz gerichtlich durchzusetzen. Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.
Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Daniela Turß, ,
Tel. 030/549 08 10 55 oder 0175/610 2896