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Nach GFF-Beschwerde: Landesdatenschutzbeauftragte beanstandet Rechtsverstöße bei der Berliner Polizei

Berliner Polizei erhebt rechtswidrig Daten zu ethnischer Zugehörigkeit, diskriminiert Sinti*zze und Rom*nja

Berlin, 18. Januar 2021 – Nach Beschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) und des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma hat die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Maja Smoltczyk eine Beanstandung gegenüber der Berliner Polizei ausgesprochen. Die Polizei habe rechtswidrig Daten zur Zugehörigkeit von Tatverdächtigen zur Volksgruppe der Sinti*zze und Rom*nja erfasst. Zudem habe sie notwendige Informationen nicht herausgegeben und damit ihre Kooperationspflichten gegenüber der Datenschutzbeauftragten verletzt.

„Es ist alarmierend: Die Berliner Polizei kennzeichnet in ihren Datenbanken ethnische Minderheiten, zeigt keinerlei Unrechtsbewusstsein – und verweigert die Zusammenarbeit mit der Landesdatenschutzbeauftragten bei der Aufklärung“, sagt Lea Beckmann, GFF-Juristin.

Die Erhebung von Daten über ethnische Zugehörigkeit unterliegt hohen Voraussetzungen und ist im Normalfall verboten. Derartige Daten bergen zudem immer die Gefahr rechtswidrigen ‚Racial Profilings‘. Darunter versteht man gezielte polizeiliche Maßnahmen gegen Personen, die vermeintlich einer bestimmten Minderheit angehören. „Ich bin sehr besorgt über die bisherigen Ergebnisse der Datenschutzbeauftragten, die bereits schwerwiegende Regelverstöße seitens der Polizei aufzeigen“ sagt Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. „Innerhalb der Polizei dürfen sich keine Strukturen fortsetzen, die auf eine ethnisch gefasste, gesonderte Erfassung unserer nationalen Minderheit zielen. Das verstößt gegen die grundlegenden Prinzipien unserer rechtsstaatlichen Verfasstheit. Wir kritisieren das nachdrücklich.“

Anlass der Beschwerden bei der Landesdatenschutzbeauftragten war, dass die Berliner Polizei 2017 in der Kriminalstatistik den Hinweis veröffentlichte, dass die Tatverdächtigen für die Begehung von Trickdiebstahl in Wohnungen überwiegend Angehörige der Volksgruppe der Sinti*zze und Rom*nja seien. Daten zur ethnischen Zugehörigkeit darf die Polizei nur dann erheben, wenn sie zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr erforderlich sind (§ 33 Abs. 1 BlnDSG). Der Landesdatenschutzbeauftragten zufolge ist das im Rahmen laufender Ermittlungen nur denkbar, wenn das Merkmal konkret ermittlungs- oder fahndungsfördernde Anhaltspunkte liefert. Für die Zuordnung bedürfe es dann aber verbindlicher Kriterien und Anleitungen. Zusätzlich dürfe diese Erhebung nur von geschulten Beamt*innen vorgenommen werden.

Die Polizei bestreitet, Daten zur ethnischen Zugehörigkeit zu erheben. Die Prüfung der Datenschutzbeauftragten ergab jedoch, dass in 31 Vorgängen mit der Bezeichnung „Trickdiebstahl“ in Wohnungen aus dem Jahr 2017 Bezeichnungen für Angehörige der Volksgruppe der Sinti*zze und Rom*nja verwendet wurden. Die Landesdatenschutzbeauftragte hat nun gleich zwei Rechtsverstöße beanstandet: Zum einen verstößt die Erhebung von Daten der ethnischen Zugehörigkeit gegen geltendes Recht (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BlnDSG). Zum anderen hat die Polizei eine genauere Überprüfung verhindert und durch die Verweigerung der Herausgabe von Informationen gegen ihre Rechtspflichten verstoßen (§§ 13 Abs. 4 Nr. 2, 54 BlnDSG).

Die Landesdatenschutzbeauftragte kann die Polizei nicht unmittelbar anweisen, Informationen herauszugeben oder Datenerhebungen zu unterlassen. Eine Beanstandung nach § 13 Abs. 2 BlnDSG ist die schärfste Maßnahme, die ihr zur Verfügung steht. Die Polizei kann nun Stellung hierzu nehmen und die Landesdatenschutzbeauftragte kann anschließend dem zuständigen Innenausschuss des Abgeordnetenhauses von den Rechtsverstößen berichten.

„Neben fortlaufenden Rechtsverstößen bei der Datenerhebung steht der klare Verdacht im Raum, dass die Polizei auf dieser Grundlage rechtswidrig ‚Racial Profiling‘ betreibt und gegen Menschen vorgeht, weil sie vermeintlich zur Volksgruppe der Sinti*zze und Rom*nja gehören“, sagt Beckmann. „Zugleich wird die erforderliche Aufklärung des Sachverhalts verhindert. Das können wir nicht auf sich beruhen lassen und werden weitere Klage- und Beschwerdemöglichkeiten prüfen.“

Die GFF-Verfahrenskoordinatorin Lea Beckmann steht für Gespräche zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Beschwerde finden Sie hier.

Bei Rückfragen wenden Sie sich an:
Daniela Turß, ,
Tel. 030/549 08 10 55 oder 0175/610 2896

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