Gegen rechtswidrige Kontrollen an deutschen EU-Grenzen
Kontrollen an deutschen Grenzen sind rechtswidrig, aber inzwischen wieder üblich. Dagegen geht die GFF in mehreren Verfahren vor.
Bei jedem Grenzübertritt müssen Sie mit einer polizeilichen Kontrolle rechnen. Vor oder nach einer Urlaubsreise ist das vielleicht nur lästig. Aber was, wenn Sie beruflich bedingt mehrmals wöchentlich zum Beispiel die deutsch-österreichische Grenze überqueren müssen? Wenn Sie im Zug wegen Ihrer Hautfarbe als Einzige*r kontrolliert werden? Wenn Sie bei den Kontrollen so schlechte Erfahrungen mit Polizist*innen gemacht haben, dass Sie Angst vor weiteren Grenzquerungen haben?
Die seit September 2024 an allen deutschen Grenzen geltenden Binnengrenzkontrollen betreffen viele Menschen. Und: Sie sind rechtswidrig, wie der Europäische Gerichtshof und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden haben. Dennoch ist es gelebte Praxis, dass Autos sich wegen der Kontrollen an Grenzen stauen und dass Beamt*innen Pendler*innen in Zügen – teils sehr forsch – nach Ausweisen fragen. Die GFF geht in mehreren Verfahren gerichtlich dagegen vor, dass der Rechtsstaat missachtet wird. Ziel ist, die rechtswidrigen Kontrollen an allen deutschen Landesgrenzen zu beenden. Die GFF will gemeinsam mit einem starken Bündnis auf dem Klageweg den Druck auf das Bundesinnenministerium erhöhen, die Verstöße gegen das Europarecht zu beenden.
Die einzelnen Sachverhalte zeigen deutlich, wie unterschiedlich sich die Binnengrenzkontrollen auf das Leben von Menschen auswirken.
Zeitverzug
Die GFF unterstützt Menschen wie dem Innsbrucker Rechts-Professor Werner Schroeder, der in München wohnt. Auf einer seiner Zugfahrten über die Grenze wies er Beamt*innen der Bundespolizei darauf hin, dass die Binnengrenzkontrollen rechtswidrig seien. Die Beamt*innen zwangen ihn trotzdem, sich auszuweisen. Wir klagen vor dem Verwaltungsgericht München.
Übergriffe
Die GFF unterstützt Reisende wie Sandra Alloush, eine in Frankreich lebende Syrerin. Auf dem Weg zu einem beruflichen Termin in Berlin unterstellten Polizeibeamt*innen der Journalistin und Dokumentarfilmerin, ihre Papiere seien unzureichend. Sie wurde gegen ihren Willen auf Revier gebracht, dort durchsucht und ihre Fingerabdrücke genommen. Anschließend wurde sie zu Fuß zurück über die französische Grenze geschickt. Ihre Erfahrungen dabei machen ihr Angst, weshalb sie seither weitere Grenzübergänge meidet.
Wir klagen gemeinsam mit den Menschenrechtsorganisationen „European Center for Constitutional and Human Rights“ (ECCHR) und dem „European Network against Racism“ (ENAR) vor dem Verwaltungsgericht Freiburg/Breisgau.
Institutioneller Rassismus
Die GFF setzt sich für Zugfahrende ein, die während einer grenzüberquerenden Fahrt als einzige Reisende und möglicherweise rassistisch motiviert kontrolliert werden. „Racial Profiling“ bedeutet, dass Beamt*innen Menschen aufgrund ihres Erscheinungsbildes oder der von ihnen gesprochen Sprache verdachtsunabhängig kontrollieren. Wir klagen vor dem Verwaltungsgericht München und gemeinsam mit dem Verein „Equal Rights Beyond Borders“.
Dass Deutschland Binnengrenzkontrollen wiedereingeführt hat, bedroht eine der wichtigsten Errungenschaften Europas: Bürger*innen dürfen sich im Schengenraum (Europa ohne Irland, Zypern plus Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein) frei bewegen. Das vereinfacht den Wirtschaftsverkehr, das private Reisen und trägt dazu bei, den persönlichen Kontakt von Menschen grenzübergreifend zu erleichtern. Auf diese Freiheit sind Menschen aus verschiedenen familiären oder beruflichen Gründen angewiesen.
Die deutsche Bundesregierung begründet die Kontrollen pauschal mit einer Bedrohungslage. Sie nennt keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass die Kontrollen Deutschland sicherer machen. Stattdessen bergen die stichprobenartigen Prüfungen das Risiko, Menschen zu diskriminieren, ihnen unnötig Angst vor freiem Reisen zu machen. Die Grenzkontrollen gefährden zudem das Vertrauen in den Rechtsstaat, wenn das Bundesinnenministerium Urteile ignoriert.