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Erfolgreiches Eilverfahren gegen Verfügung zum Mitführen angeblich gefährlicher Werkzeuge in Berliner Bahnhöfen und Zügen

Berlin, 18. Januar 2019 – Ein von der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) unterstütztes Eilverfahren gegen eine Verfügung der Bundespolizeidirektion Berlin hatte Erfolg. Die Bundespolizei möchte das Mitführen angeblich gefährlicher Werkzeuge in Berliner Bahnhöfen und Zügen verbieten. Tatsächlich schießt ihre Verfügung aber weit über das Ziel hinaus und richtet sich auch gegen alltägliches und ungefährliches Verhalten, für deren Verbot es keine Grundlage gibt. „Dieser Argumentation ist das Verwaltungsgericht Berlin gefolgt“, sagt Bijan Moini, Syndikusrechtsanwalt der GFF. „Nachdem die Bundespolizei gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt hat, begleiten wir den Antragsteller zum Oberverwaltungsgericht.“ Die GFF kooperiert dabei mit der Humanistischen Union (HU).

Die Verfügung der Bundespolizei verbietet seit dem 1. November 2018 bis zum 31. Januar 2019 an Wochenenden zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens das Mitführen von, wie es wörtlich heißt, „gefährlichen Werkzeugen“ in allen S-Bahnen sowie Regional- und Fernverkehrszügen und an allen Bahnhöfen zwischen „Zoologischer Garten“ und „Lichtenberg“. Die Polizei kann zur Durchsetzung des Verbots jede Person anlasslos und ohne besonderen Grund durchsuchen und bei Verstößen bis zu 250 Euro Zwangsgeld verhängen.

Weil es zu unbestimmt formuliert ist, erfasst das Verbot neben objektiv gefährlichen Gegenständen wie Schlagringen auch fast jeden denkbaren Alltagsgegenstand wie etwa Laptops oder Spazierstöcke, denn auch sie können theoretisch zum Schaden anderer eingesetzt werden. „Neben der mangelnden Bestimmtheit hat das Verwaltungsgericht auch beanstandet, dass das Mitführen der betroffenen Werkzeuge allein keine Gefahr begründet und deshalb nicht verboten werden kann“, ergänzt Moini. Zudem ist das Verwaltungsgericht wie die GFF der Meinung, dass sich die Verfügung an den falschen Personenkreis richtet, nämlich auch an all jene Menschen, von denen keine Gefahr ausgeht. „Dass die Bundespolizei trotz des Verwaltungsgerichts-Beschlusses angekündigt hat, das Verbot weiter vollstrecken zu wollen, ist völlig inakzeptabel“, so Rechtsanwalt Moini.

Dadurch verletzt die Bundespolizei zahlreiche Nutzer*innen des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs in ihren Rechten. Auch fünf von der GFF unterstützte Personen sind betroffen, die auf der S-Bahn-Strecke zu den Verbotszeiten für private Zwecke Gegenstände wie Korkenzieher, Stifte, Anglerwerkzeug oder Schweizer Taschenmesser mit sich führen. Unter ihnen ist Igor D., dessen Eilantrag das Verwaltungsgericht nun stattgegeben hat. „Ich freue mich sehr über die klare Entscheidung, auch wenn die Bundespolizei sie nicht akzeptieren will“, sagt D. „Ich gehe davon aus, dass auch das Oberverwaltungsgericht in der Verfügung eine Verletzung der Rechte aller Betroffenen erkennen wird.“ Rechtsanwältin Anja Heinrich vertritt den Antragsteller in der zweiten Instanz. Über ein weiteres von der GFF und HU unterstütztes Eilverfahren will das Verwaltungsgericht erst nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts in D.s Sache entscheiden.

Zur Finanzierung ihres Einsatzes für die Grundrechte ruft die GFF zu Spenden auf: Hier spenden.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. koordiniert und finanziert gerichtliche Verfahren, um die Grund- und Menschenrechte gegen staatliche Verletzungen zu verteidigen. Die GFF setzt sich mit ihren ersten Verfahren beispielsweise für die informationelle Selbstbestimmung, die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit ein. Zudem streitet sie für die Freiheit von Diskriminierung. Sie bringt dafür geeignete Kläger und Klägerinnen mit exzellenten Juristen und Juristinnen zusammen, um gemeinsam gerichtlich gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Zu den aktuellen Projekten zählen Verfassungsbeschwerden gegen den massenhaften Einsatz von Staatstrojanern und das Bayerische Polizeiaufgabengesetz.

Mehr Informationen finden Sie unter freiheitsrechte.org.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter oder telefonisch unter +49 30 549 08 10 55 zur Verfügung.

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