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Art. 5

Gefahr für die Pressefreiheit: Investigativ-Journalist wegen Zitaten aus Gerichtsbeschluss verurteilt

Die Strafnorm § 353 d Nr. 3 StGB verbietet es aus Dokumenten zu laufenden Strafverfahren zu zitieren und verletzt damit die Pressefreiheit. Der Investigativjournalist Carsten Janz wurde auf Grundlage der Norm verurteilt – jetzt geht die GFF mit ihm vor das Bundesverfassungsgericht.

Die GFF geht mit dem Investigativ-Journalisten Carsten Janz vor das Bundesverfassungsgericht. Janz hatte 2023 zwei kurze Passagen aus einem Gerichtsbeschluss in einem Artikel veröffentlicht. In zwei Instanzen wurde er daraufhin wegen verbotener Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen nach § 353d Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. Der Fall macht deutlich, wie die Strafnorm die Pressefreiheit gefährdet und journalistische Arbeit unter Druck setzt.

Benjamin Lück

Jurist und Verfahrenskoordinator

„Carsten Janz hat nur seinen Job als Journalist gemacht. Es kann nicht sein, dass er allein für das Zitieren aus Gerichtsbeschlüssen bestraft wird. Diese Vorschrift bedroht die kritische Berichterstattung und die Pressefreiheit – und genau das klären wir jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht“

Im Dezember 2023 berichtete Carsten Janz auf dem Nachrichtenportal t-online über ein laufendes Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg im Zusammenhang mit einem Amoklauf. In seinem Artikel zitierte er zwei kurze Passagen aus einem Beschluss des Landgerichts Hamburg, der eine durchgeführte Hausdurchsuchung für rechtswidrig erklärte. Zunächst das Amtsgericht Hamburg und dann das Landgericht Hamburg verurteilten ihn dafür nach § 353d Nr. 3 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen.

Bundesverfassungsgericht muss grundlegende Frage klären

Im September 2025 hat das Oberlandesgericht Hamburg die Revision auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft ohne Begründung verworfen. Zur Verfassungsmäßigkeit der Norm äußerte sich das Gericht gar nicht. Deshalb zieht die GFF im Oktober 2025 mit Carsten Janz vor das Bundesverfassungsgericht, um diese grundlegende Frage zu klären.

Zitate aus Dokumenten zu laufenden Verfahren sind verboten

Die Strafnorm verbietet es „die Anklageschrift oder andere amtliche Dokumente eines Strafverfahrens […] ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut“ öffentlich mitzuteilen, wenn diese zu einem laufenden Verfahren gehören. Praktisch bedeutet das, dass es verboten ist, wörtlich aus solchen Dokumenten zu zitieren – Carsten Janz‘ Fall zeigt, dass dies sogar für sehr kurze Zitate gilt. Paraphrasen sind zwar grundsätzlich möglich. Um sich mit gerichtlichen Argumenten auseinanderzusetzen, kommt es aber häufig auf deren Wortlaut an. Die Norm macht Zitate im Wortlaut unmöglich und schränkt damit die Pressefreiheit ungerechtfertigt ein.

Norm sieht keine Ausnahmen vor

Die Vorschrift soll dazu dienen, Persönlichkeitsrechte von Verfahrensbeteiligten zu schützen, und außerdem verhindern, dass Laienrichter*innen oder Zeug*innen in einer späteren Hauptverhandlung beeinflusst werden. Dass sie dabei keine Ausnahmen für journalistische Berichterstattung vorsieht, ist grundrechtlich problematisch. Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Bundesgerichtshof (BGH) betonen in ihrer Rechtsprechung, solche Erwägungen müssten stets gegen die Pressefreiheit abgewogen werden. Der BGH hat sogar schon konkret angezweifelt, dass § 353d Nr. 3 StGB verfassungsmäßig ist.

GFF vertritt auch Arne Semsrott

Die GFF ist auch im Strafverfahren des FragDenStaat-Chefredakteurs Arne Semsrott aktiv, den das Landgericht Berlin im Oktober 2024 ebenfalls wegen eines Verstoßes gegen die Norm schuldig gesprochen hatte. Wir haben mit ihm gegen dieses Urteil Revision eingelegt und ziehen gemeinsam vor den BGH.

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